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In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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Ein rundes, mit Hexenfeuer gemaltes Gesicht schwebte vor seinen Augen.
    Veilleur lächelte spöttisch auf ihn herunter. »Ich habe Ihnen doch gesagt, es gibt noch andere Mittel«, sagte er. »Nie nimmt mich jemand ernst, das ist mein Problem.«
    Er hob die Aktentasche hoch.
    »Los«, sagte Veilleur zu den anderen. »Ich habe, was wir wollten.«
    Dann verschwand er.

    Die Zeit war ein flackerndes graues Feuer, das ständig alles verzehrte, so daß das, was Bewegung zu sein schien, in Wirklichkeit die permanente Oxidation und Reduktion von Möglichkeiten war, der Übergang des Potentiellen vom Zustand der Gnade ins Nichts. Der Bürokrat schaute der völligen Vernichtung des Universums lange Zeit zu. Vielleicht war er bewußtlos, vielleicht auch nicht. Was immer er war, er hatte diesen Bewußtseinszustand noch nie erlebt. Es gab nichts, womit er ihn hätte vergleichen können. Hatte man ihn vielleicht unter Drogen gesetzt, und er schlief einen Drogenschlaf? Woher sollte er das wissen? Der Boden unter ihm war hart, kalt und feucht. Sein Mantel war zerrissen. Ein Teil der Feuchtigkeit stammte wohl von seinem eigenen Blut. Das alles war zuviel für ihn. Dennoch wußte er, daß er sich wegen des Bluts eigentlich hätte Sorgen machen sollen. An dieser winzigen Gewißheit klammerte er sich fest, während sich seine Gedanken träge im Kreis drehten und ihn weit in die Höhe hoben, um ihm die Welt zu zeigen, bloß um ihn abermals an den Ausgangspunkt seiner Reise zurückzuversetzen.
    Er träumte, ein Wesen nähere sich auf der Straße. Es hatte den Körper eines Menschen und den Kopf eines Fuchses. Es trug zerlumpte Arbeitshosen.
    Der Fuchs, wenn es denn der Fuchs war, blieb vor dem Bürokraten stehen und hockte sich neben ihn. Das scharfnasige Gesicht schnüffelte an seinem Schritt, seiner Brust, seinem Kopf. »Ich blute«, sagte der Bürokrat zuvorkommend. Der Fuchs blickte mit gerunzelter Stirn auf ihn herunter. Dann schwenkte sein Kopf wieder weg und löste sich in Luft auf.
    Er wurde hoch in den uralten Himmel emporgewirbelt, der Schwung trug ihn bis in die alte Nacht der Planeten und der Leere.

7 - Wer ist das Schwarze Tier?
    Im Gemeinschaftsraum war es dunkel und stickig. Dicke Brokatvorhänge mit silbergewirkten Walen und Rosen erstickten die Abendsonne. Angenähte Parfümkugeln vermochten den Modergeruch nicht zu überdecken; Fäulnis und Verwesung waren hier so allgegenwärtig, daß sie kein Verfall, sondern ein natürlicher Fortschritt zu sein schienen, so als wechsele das Hotel allmählich vom Reich des Künstlichen in das des Lebendigen hinüber.
    »Ich will ihn nicht sehen«, beharrte der Bürokrat. »Schicken Sie ihn weg. Wo sind meine Sachen?«
    Mutter Le Marie legte weiche, kühle, braungesprenkelte Hände auf seine Brust und zwang ihn auf den Diwan zurück, aufgrund der Peinlichkeit der Situation wie durch den Einsatz körperlicher Gewalt. »Er wird jeden Moment hier sein. Sie können nichts daran ändern. Seien Sie still.«
    »Ich werde ihn nicht bezahlen.«
    Der Bürokrat fühlte sich schwach und gereizt und eigentümlich schuldig, so als hätte er in der Nacht zuvor irgend etwas Beschämendes getan. Die mit Wasserflecken übersäte Gipsdecke verflüssigte sich, die Risse und Unregelmäßigkeiten darin wogten wie Tangsträhnen. Einen Moment lang kniff er die Augen zu. Die Übelkeit kam und ging in langen, langsamen Wellen. Seine Eingeweide waren in Aufruhr.
    »Das brauchen Sie auch nicht.« Le Marie straffte den Mund, eine Schildkröte, die zu lächeln versuchte. »Dr. Orphelin wird mir zuliebe nichts nehmen.«
    Auf dem Gang summte der sargförmige Coroner leise vor sich hin. Eine Ecke fing irgendwoher Licht und leuchtete in reinem und heiligem Weiß. Der Bürokrat zwang sich, wegzusehen, aber sein Blick kehrte dennoch wieder zurück. Zwei gelangweilte Polizisten lehnten mit verschränkten Armen an der Wand und blickten ins Fernsehzimmer hinüber. Wer war der Vater? brüllte der alte Ahab. Ich glaube, ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren.
    »Ich glaube, so einfältig bin ich noch nicht, daß ich einen Arzt konsultieren würde«, sagte der Bürokrat würdevoll. »Wenn ich medizinische Behandlung bräuchte, würde ich eine geeignete Maschine oder im Extremfall einen Menschen mit biomedizinischer Ausrüstung hinzuziehen. Aber ich schlucke doch keine gegorene Sumpfbrühe auf Anraten irgendeines unbedarften, ungebildeten Scharlatans.«
    »Seien Sie doch vernünftig. Der nächste Diagnostiker befindet sich

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