Ina: Der Konflikt (German Edition)
verdient. „Das dort ist Sebiha“, er deutete auf einen Botschafter in weisser Robe. „Sein politischer Einfluss ist kaum abzuschätzen. Irgendwie schafft er es, mit allen Parteien ein gutes Verhältnis zu pflegen. Er stammt aus einer sehr guten Familie, schon sein Vater war Botschafter. – Er hat die Verträge mit den Tuma ausgehandelt und im Moment steht er im Gespräch, die Verträge mit der neutralen Vereinigung zu erweitern.“ Sebiha sah zu ihnen, als wüsste er, dass sie über ihn sprachen. Kadir hob kaum merkbar seine Hand leicht an, darauf nickte Sebiha ihm zu. „Da ist Sefo“, er deutete auf einen alten Mann der am Stock ging und dessen Rücken gekrümmt war. Ina hatte schon viel von Sefo gehört, ihn aber noch nie zu Gesicht bekommen. Natürlich hatte sie sich ihn anders vorgestellt. „Er ist ein exzentrischer Narr. Stellt sich gegen jede Veränderung und natürlich gegen alle Einflüsse von aussen. Sie sollten sich von ihm fern halten. Er wirft Botschafter Sebiha noch immer vor einen Fehler gemacht zu haben, als er die Verträge mit den Tuma abgeschlossen hat.“ Dabei ging es bei diesen Verträgen nur um den Waffenstillstand. Wie konnte das ein Politiker nicht gutheissen? „Eigentlich hasst er alle Botschafter. Sefo ist zu alt um noch bei der Politik mitzureden, aber bedauerlicherweise ist sein Einflussgebiet noch sehr gross.“ Es ging eine Zeitlang so weiter. Kadir gab ihr nützliche Informationen über jeden Senator und Offizier den er sah. Manche Dinge waren ihr bereits bekannt, andere noch nicht. Ina sog alle Informationen auf und hoffte, sich alles merken zu können. – Ein Notizbuch wäre jetzt praktisch gewesen. Die Flut der Informationen war gewaltig. Unmöglich sich alles einzuprägen. Ab und zu schweifte Kadir’s Blick auf ihren Hals. „Das mit ihrem Hals tut mir leid.“ Es dauerte einige Sekunden bis Ina reagieren konnte, sie rechnete mit weiteren Informationen zu einem Offizier, aber nicht mit so etwas. Unbeabsichtigt griff sie mit ihrer Hand an den Hals. Sie hatte es beinahe vergessen. „Es war ja ihre Pflicht“, antwortete sie in selbstgefälligem Ton. „Das war es.“ Ina reagierte nicht darauf. „Sie sind eine gute Kämpferin“, fügte Kadir weiter an. „Nicht gut genug. - Ich habe verloren.“
„Sie hätten vielleicht gewonnen, wenn ich nicht die Regeln verletzt hätte“, Kadir achtete auf ihre Reaktion als er das sagte. Ina lächelte, sagte aber nichts dazu. Es war unwahrscheinlich dass sie gewonnen hätte. Gegen ihn hatte noch nie ein Rekrut gewonnen und vielleicht auch sonst niemand. Er drückte seine Augen etwas zusammen: „Sie wussten, dass dieser Griff nicht erlaubt ist.“
„Ich kenne die Regeln.“ Doch immer wenn sich ein Rekrut auf die Regeln berief, wurde ihm gesagt, dass es im Krieg keine Regeln gäbe. „Wieso haben sie es nicht eingewendet?“ Ina biss sich auf die Zunge, damit nichts Dummes ihren Mund verliess: „Uns wurde beigebracht es hinzunehmen. Sie waren nicht der einzige der gegen die Regeln verstossen hat. Und abgesehen davon spielte es keine Rolle mehr, es war die letzte Woche.“ Kadir betrachtete sie lange: „Wollen sie Revanche? – Ohne Regelverstoss.“ Ina sah ihn von der Seite an. Revanche. Noch einmal verlieren. Darauf konnte sie durchaus verzichten. „Weshalb bieten sie mir das an?“ Kadir lehnte sich näher zu ihr: „Ich nutze gern jede Gelegenheit zum üben.“ Sicher doch. Eher nutzte er eine weitere Gelegenheit sie zu quälen. „Sie Unterrichten an der Rekrutenschule – können sie dort nicht genug üben?“
„Ich kehre zurück in den Dienst.“ Sie dachte einen Augenblick nach. Ina wollte auch nicht aus der Form kommen. Natürlich konnte sie mit Kilven trainieren – aber sie kannten einander zu gut, es war nicht dasselbe. Doch mit Kadir? Darauf hatte sie keineswegs Lust. Nur, wie würde er reagieren, wenn sie ablehnte? Vielleicht würden dann keine weiteren Informationen seinen Mund verlassen. Eine Stunde und sie hatte soviel erfahren wie selten zuvor. – War es das nicht Wert? Wohlmöglich würde sie bei einem Kampf weitere Dinge in Erfahrung bringen. „Wann und wo?“ Seine Gesichtszüge wurden zunehmend zufriedener: „Morgen.“
„Nein. Sie werden mir doch etwas Vorbereitungszeit zugestehen?“ Dabei schenkte sie ihm ein überzeugendes Lächeln. „Dann entscheiden sie.“
„In einigen Tagen.“ Irgendwie hoffte sie jetzt doch diesem Kampf zu entgehen und ihm nicht mehr zu begegnen. „Sebiha“, Kadir erhob
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