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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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Eingang lag ein dunkler Haufen auf der Erde. Er kniff die Augen zusammen, um besser zu sehen. Ihre Satteltaschen. Jetzt fiel ihm wieder ein, dass die Pferde zurückgekommen waren.
    Als er sich aufsetzte, drehte sich einen Moment lang alles um ihn und sein Magen revoltierte, doch dann ließ der Schwindel nach und sein Blick wurde wieder klar. Neben dem Feuer lagen seine zum Trocknen ausgebreiteten Kleider. Yaren erstarrte. Erst jetzt merkte er, dass er nur seinen Lendenschurz trug. Während er schlief, musste ihm das Mädchen die nassen Sachen ausgezogen haben. Er presste die Lippen zusammen, gedemütigt, dass sie ihn in diesem jämmerlichen Zustand gesehen hatte. Wütend langte er nach seinem Hemd. Es war so gut wie trocken. Als er es überstreifte, vernahm er ein langgezogenes Seufzen, das in einem überraschten kleinen Laut gipfelte, als hätte die Sklavin nicht damit gerechnet einzuschlafen. »Fühlt Ihr Euch besser, Deiro?« fragte sie einen Augenblick später schüchtern.
    »Sehe ich so aus?« fuhr er sie an. Als sie zusammenzuckte, verwünschte er sich für seine mangelnde Selbstbeherrschung. Sie hatte es sicher nur gut gemeint. Er wusste selbst nicht, weshalb er so versessen darauf war, ihr wehzutun.
    Wortlos hielt sie ihm eine Schale mit Wasser hin. Beschämt nahm Yaren das Gefäß aus ihrer Hand, wobei er es vermied, ihr in die Augen zu sehen. »Danke«, murmelte er und trank einen Schluck. Das Wasser rann angenehm kühl durch seine Kehle.
    »Es tut mir Leid, wenn ich Euch in Verlegenheit gebracht habe«, entschuldigte die Sklavin sich. »Das war gewiss nicht meine Absicht. Ich hatte nur Angst, Ihr könntet Euch in den nassen Sachen erkälten.«
    Er räusperte sich. »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen«, sagte er widerwillig.
    »Wenn Ihr Euch anziehen möchtet, kann ich so lange vor der Höhle warten«, bot sie unsicher an.
    »Nicht nötig«, brummte er. Was gab es schon zu sehen, das sie nicht ohnehin bereits gesehen hatte? Dennoch wandte sie sich höflich ab.
    Als Yaren nach seinen Beinkleidern griff, stellte er fest, dass sie weniger schlammverkrustet aussahen, als zu erwarten gewesen war. Auch Rüstung und Weste waren halbwegs vorzeigbar. Die Sklavin musste seine Sachen gereinigt haben. Es überraschte ihn, dass sie sich diese Mühe gemacht hatte. War es einfach die Macht der Gewohnheit gewesen oder versuchte sie, sich mit ihm gutzustellen?
    Sobald er angekleidet war, fühlte er sich wohler. Doch dann fiel sein Blick auf sein Kesh, das offen neben der Schwertscheide auf dem Boden lag. Als er die harzverschmierte Klinge sah, regte sich neuer Ärger in ihm. »Komm her und setz dich«, befahl er der Inagiri barsch. »Ich habe mit dir zu reden.« Er beobachtete, wie sie sich schweigend vor ihn hinkniete und schuldbewusst auf die Waffe in seiner Hand schielte. Seine Augen wurden schmal. »Welcher Dämon hat dich geritten, mein Kesh zu nehmen und zu dem Drachen zu gehen?« verlangte er zu wissen. Sie senkte den Kopf, antwortete jedoch nicht. Er hob die Brauen. »Ich warte.«
    Ihre Hände kneteten nervös den Saum ihres Kleides. Es war ein anderes als das, welches sie zuvor getragen hatte. »Ich wollte ihn befreien«, gestand sie leise. »Ich… habe seinen Schmerz gespürt. Er war verletzt und verängstigt.« Sie stockte und sah hinunter auf ihre Hände. »Er hat mir leid getan.«
    Yaren glaubte, nicht recht zu hören. Wie konnte jemand, der bei Verstand war, Mitleid mit einer solchen Kreatur haben? »Er hat dir leid getan?« wiederholte er beißend. »Der Drache hat dir leid getan? Bist du töricht?«
    Die Sklavin schwieg. Finster blickte er auf ihr gesenktes Haupt. Auf einmal musste er an Larika denken. Sie hatte ihn mit ähnlichen Anwandlungen zur Verzweiflung getrieben. Einmal hatte er sie zu den Heilern bringen müssen, weil ein Tamonagi, den sie aus einer Sandgrube erretten wollte, sie in die Hand gebissen hatte. Wenn sie an Stelle dieser Sklavin gewesen wäre – hätte sie dann auch versucht, dem Drachen zu helfen?
    Sein Zorn verrauchte und machte der vertrauten Leere Platz. Eine andere Frage waberte am Rande seines Verstandes, doch sobald er ihr seine Aufmerksamkeit widmete, entzog sie sich ihm wie eine schüchterne Jungfrau und verbarg sich in den Wellen aus Schmerz, die seinen Geist verdunkelten. Seine Schläfen stachen, als würde ein Ringi seine Krallen hineinbohren.
    »Vielleicht solltet Ihr Euch wieder hinlegen, Deiro«, hörte er die Sklavin sagen. »Wir können weiterreden, wenn Ihr Euch

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