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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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Yaren zum Fort zurück. So viel zu seinem Versprechen, dass sie ihre ‚Brüder‘ nach der Arbeit noch einmal treffen durfte. Dabei war sie froh gewesen, dass er Kanhiro ebenfalls für ihren Bruder gehalten hatte. Mit jemandem außerhalb ihrer Familie hätte er sie vermutlich überhaupt nicht sprechen lassen. Doch jetzt war ihm offenbar selbst das zu riskant. Galt seine Vorsichtsmaßnahme nur für heute Abend? Oder auch für die folgenden Tage? Was, wenn die Gohari es so einrichteten, dass sie Kanhiro und Kenjin überhaupt nicht mehr sah?
    Sie rieb sich mit dem Handrücken über die Lider, um das Brennen in ihren Augen zu lindern. Im Grunde war das ohne Belang. Was nützte es, ihren Freund und ihren Bruder nur zu sehen oder einige wenige Worte mit ihnen zu wechseln? Danach würde sie sich höchstens noch schlechter fühlen – und vor allem konnte sie Kanhiro auf diese Weise die Landkarte nicht geben. Sie brauchte Zeit mit ihm allein.
    Neben dem Lagertor besserten einige Gohari die Palisaden aus. Sie mussten schon eine Weile damit beschäftigt sein, denn Ishira zählte fünf helle Stämme. Im Moment waren die Kireshi dabei, die letzte Lücke zu schließen. Den Pfahl, den sie einsetzen wollten, lag außerhalb des Forts im Gras. Einer der Männer kniete neben dem angespitzten Ende und knotete zwei lange Seile darum fest. Gerade als Ishira und ihr Begleiter das Tor passiert hatten, reichten die beiden Kireshi die losen Enden durch die Lücke an ihre Helfer auf dieser Seite des Forts weiter. Je zwei Gohari packten eines der Seile und begannen in schrägem Winkel daran zu ziehen, bis sich die Stricke spannten.
    Unwillkürlich blieb Ishira stehen. Durch die Lücke sah sie, dass die Kireshi draußen das stumpfe Ende des Stammes festhielten und so ausrichteten, dass er in das Erdloch rutschte, in dem zuvor der alte Pfahl gesteckt hatte. Während sie beobachtete, wie die Kireshi den Stamm Stück für Stück aufrichteten, kam ihr auf einmal eine, zugegeben ziemlich gewagte, Idee. Sie könnte in der Nacht mit Hilfe eines langen Seils, wie die Gohari vor ihr es verwendeten, über die Palisaden klettern und sich hinüber ins Dorf schleichen. Das Seil zu beschaffen, sollte nicht so schwierig sein. Sie wusste, wo sich die Lagerhäuser befanden, und wenn sie sich richtig erinnerte, waren sie in der Regel nicht abgeschlossen. Wozu auch? Wer sollte etwas daraus entwenden?
    Nachdenklich kaute sie auf der Innenseite ihrer Wange, während sie zu den Wachtürmen hinaufschaute. Die Kireshi dort oben sorgten sich hauptsächlich um einen Angriff der Amanori und würden in der Nacht hoffentlich weniger wachsam sein als am Tage, da die Drachen ihres Wissens nach noch kein einziges Mal im Dunkeln angegriffen hatten. Die Soldaten, die das Tor zur Siedlung bewachten, sollten hingegen sicherstellen, dass die Sklaven sich nicht in der Nacht aus dem Dorf hin aus stahlen. Sie würden nicht damit rechnen, dass jemand versuchen könnte, auf diese Weise in die Siedlung hin ein zu gelangen. Allerdings taten nachts vier Kireshi Dienst und zwei von ihnen patrouillierten ständig um die Umfriedung. Sie müsste sich beeilen, wenn sie ihnen nicht in die Arme laufen wollte.
    Ishira seufzte mutlos. Je mehr sie darüber nachdachte, desto waghalsiger erschien ihr das Unterfangen. Kanhiro würden die Haare zu Berge stehen, wenn er ahnte, was ihr durch den Kopf ging. Sie riss ihren Blick von den Palisaden los und beeilte sich, zu Kiresh Yaren aufzuschließen, der sich bereits ungeduldig nach ihr umdrehte. Bevor sie um die nächste Ecke bogen, warf sie einen letzten Blick zurück. Sollte sie es trotzdem wagen? Sie dachte wieder daran, wie sie in Inuyara die Landkarte aus Rondars Zimmer entwendet hatte. Gegen das, was sie diesmal vorhatte, war das der reinste Spaziergang gewesen und dennoch wäre es um ein Haar schiefgegangen. Aber gab es eine andere Möglichkeit? Vielleicht sollte sie abwarten, ob ihr in den nächsten zwei oder drei Tagen der Zufall zu Hilfe kam oder ihr noch etwas Besseres einfiel. Wenn nicht, konnte sie ihren Plan immer noch in die Tat umsetzen.
    Am vierten Tag beschloss Ishira, dass sie lange genug gewartet hatte. Wie sie es sich gleich hätte denken können, hatte der Zufall ihr seine Hilfe versagt und auch eine alternative Idee hatte sich nicht einstellen wollen. In der ganzen Zeit hatte sie Kenjin und Kanhiro nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, weil Kiresh Yaren mit ihr jeden Morgen erst nach den übrigen Bergleuten zur Mine aufbrach

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