INAGI - Kristalladern
vorsichtig.
Etan grinste entwaffnend. »Nun ja. Ich bin eigentlich hergekommen, um den Jungen dort drüben zu sagen, dass ihr Seresh erkrankt ist und sie heute nicht unterrichten kann. Aber vielleicht muss der Unterricht gar nicht ausfallen. Du könntest die Rolle des Schwertmeisters übernehmen.«
Yaren wusste nicht, ob er lachen oder auffahren sollte. Wieso glaubte eigentlich jeder, aus ihm einen Lehrer machen zu müssen? Aber auf den zweiten Blick war die Idee gar nicht so schlecht. Zumindest würde die Zeit schneller vergehen, wenn er beschäftigt war. »Meinetwegen«, stimmte er zu, nachdem er sich den Vorschlag hinreichend hatte durch den Kopf gehen lassen. »Aber nur dieses eine Mal.«
Der andere schlug ihm auf die Schulter. »Das ist die richtige Einstellung! Dann werde ich die Jungen mal von ihrem Glück in Kenntnis setzen.«
Sobald diese erfuhren, dass sie heute Unterricht bei Yaren bel Helerash erhalten würden, erhob sich begeistertes Gemurmel. Keine Minute später war Yaren von seinen neuen Schülern umringt. Ihre eifrigen Gesichter glühten vor Erwartung und beinahe sofort stürmten die ersten Fragen auf ihn ein. Er fühlte sich an jenen Tag in Noroko erinnert, als er gemeinsam mit Rondar im Kreise junger Krieger gestanden hatte. War das wirklich erst drei Monde her?
Ich werde mich bemühen, dir keine Schande zu bereiten, Rondar.
»Zuerst der Unterricht«, sagte er bestimmt. »Ihr werdet mir zeigen, was ihr bereits gelernt habt. Danach werde ich einige eurer Fragen beantworten.«
Die Zeit flog förmlich dahin. Yaren korrigierte hier eine Haltung und gab dort einen Ratschlag. Er focht auch selbst eine Runde mit jedem Schüler, um ihnen Techniken zu demonstrieren. Ehe es ihm recht bewusst wurde, war es Mittag geworden. Er beendete den Unterricht für diesen Tag und stellte sich, wie er es versprochen hatte, den Fragen der jungen Kireshi.
»Werdet Ihr uns morgen wieder unterrichten, Kiresh Yaren?« fragte einer der Jungen am Ende hoffnungsvoll. »Kiresh Etan hat gesagt, unser Seresh könne gewiss einige Tage nicht kommen.«
Yaren antwortete nicht gleich. Er gestand sich ein, dass es für ihn mehr gewesen war als nur eine Ablenkung. Es hatte ihm echtes Vergnügen bereitet, diese Jungen zu unterrichten. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so entspannt gewesen war, und er begann zu ahnen, welche Erfüllung Rondar aus seiner Tätigkeit gezogen haben musste. Wenn die Dinge anders gelegen hätten, wäre er irgendwann vielleicht wirklich in die Fußstapfen seines Meisters getreten. Doch wenigstens konnte er auf diese Weise seine leeren Tage in den Forts sinnvoll füllen.
»Oh, ja, bitte unterrichtet uns morgen wieder, Kojor!« riefen die Jungen im Chor.
»Ich werde darüber nachdenken.« Yaren blickte ihnen nach, wie sie lachend und schwatzend vom Platz schlenderten.
»Und, wie ging es?«
Er fuhr ungewollt zusammen. »Etan! Warst du etwa die ganze Zeit über hier?«
Sein Gegenüber schnalzte mit der Zunge. »Wo denkst du hin? Ich habe auch noch andere Pflichten. Ich wollte nur sehen, wie du zurechtgekommen bist. Aber da dir die Jungen ja förmlich aus der Hand gefressen haben, bin ich beruhigt.« Er legte den Kopf ein wenig schräg. »Würdest du sie noch zwei oder drei Tage länger unterrichten, wenn ich dich darum bäte?«
»Wenn es sein muss«, brummte Yaren. »Aber ich wette, damit hast du sowieso schon gerechnet.«
Etan lachte. »Nun, sagen wir, ich habe es gehofft. Essen wir zusammen? Ich habe Neuigkeiten, die dich interessieren dürften.«
Yaren erklärte sich einverstanden. Es war weniger anstrengend, dem anderen seinen Willen zu lassen, als sich eine überzeugende Ausrede einfallen zu lassen, und außerdem war sein Interesse geweckt. Etan steuerte das nächstgelegene Gasthaus an. Um diese Zeit war es nicht schwer, einen Tisch zu finden. Erst gegen Abend würde sich der Raum füllen.
»Was sind das für Neuigkeiten, von denen du mir erzählen wolltest?« fragte Yaren, nachdem die Bedienung ihnen das Essen gebracht hatte.
»Heute Vormittag sind zwei Kireshi aus Inuyara angekommen«, antwortete sein alter Mitschüler mit vollem Mund. »Sie haben berichtet, dass der Marenash für das nächste Frühjahr einen Feldzug gegen die Drachen plant. Er hat einige Dutzend dieser neuen Sprengrohre in Auftrag gegeben, die in aller Munde sind, und er will damit nicht nur die Forts ausrüsten.« Yarens Herz machte vor Aufregung einen Satz. Wollte der Marenash wirklich eine Armee ins
Weitere Kostenlose Bücher