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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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bewaldeten Hänge lagen in dunklen Schatten. Tiefe Einschnitte durchzogen die schroffen Felsmassive wie ein Netz aus schwarzen Adern.
    Yaren ließ seine Augen suchend über den wolkenlosen Himmel wandern. Links von ihm zog ein Schwarm Kara-Karas seine Kreise. Doch nirgendwo war ein Amanori zu entdecken. Frustriert stieß er die Luft aus. Es schien so, als hätte er den Drachen, den er seit zwei Tagen verfolgte, endgültig verloren. Ein Erdrutsch hatte ihm den Weg abgeschnitten und er war gezwungen gewesen, eine Schlucht zu umgehen, die kein Ende nehmen wollte. Der Umweg hatte ihn viel zu weit nach Süden geführt. Wenn er die Spur des Amanori wiederfinden wollte, musste er sich mehr nördlich halten. Falls er Glück hatte, fand er vielleicht dessen Höhle. Allzu lange durfte sich die Suche jedoch nicht mehr hinziehen. Seine Vorräte neigten sich ihrem Ende zu. Von dem Higiro , dessen Fleisch er im vergangenen Mond geräuchert hatte, war nicht mehr viel übrig. Auch sein Asagi war beinahe aufgebraucht und zudem sehnte er sich nach frischem Gemüse. Langsam konnte er die Knollen und Wurzeln der wenigen essbaren Bergpflanzen nicht mehr sehen und für Früchte oder Nüsse war nicht die richtige Jahreszeit. Vielleicht sollte er seine Schritte lieber zu einer der Bergwerkssiedlungen lenken. Nach einiger Überlegung entschied er, dass er es noch drei oder vier Tage aushalten konnte. Wenn er den Drachen bis dahin nicht gefunden hatte, würde er die Jagd für diesmal aufgeben.
    Mit zusammengekniffenen Augen musterte Yaren seine Umgebung. Er hoffte, dass es hier irgendwo eine Stelle gab, an der er den Abstieg wagen konnte. Er nahm sein Tragegestell von den Schultern und stellte es auf den unebenen Boden. Der daran befestigte Ledersack enthielt seine Vorräte, Kleidung und einige Werkzeuge. Obenauf hatte er seine Decke und seinen Kochtopf gebunden. Er trat an den Rand des Abhangs und lies sich auf ein Knie nieder. Vorsichtig beugte er sich vor und spähte über die Kante. Unter ihm erstreckte sich ein lang gezogener Hang. Der Boden war übersät mit Geröll und scharfkantigen Felsen. Vereinzelt kämpften verkrüppelte, vom Wind gebeugte Kaori-Fichten ums Überleben, ansonsten wuchs hier oben nur struppiges, anspruchsloses Buschwerk. Ein Stück rechts von ihm fielen die Felsen etwas weniger steil ab. Dort schien es möglich, sich einen Weg bergab zu bahnen. Allerdings würde er seine ganze Konzentration aufbieten müssen, um nicht den Halt zu verlieren. Ein falscher Schritt konnte ihn ernsthaft verletzen – leicht ein Todesurteil in dieser Einöde. Doch es war einen Versuch wert. Er richtete sich auf und ging zu der Stelle zurück, an der er sein Gepäck zurückgelassen hatte. Langsam machte er sich an den Abstieg, immer darauf bedacht, auf den losen Steinen nicht ins Rutschen zu geraten.

    * * *

    »Verdammt, du hast mich schon wieder geschlagen!« Missmutig sah Tasuke auf das Brett.
    »Aber nur äußerst knapp«, tröstete Kanhiro seinen Freund.
    »Einerlei, verloren ist verloren.« Über den Rand der Schale hinweg sah Tasuke ihn forschend an. »Wie kommst du eigentlich zurecht, Hiro? Ehrlich gesagt, siehst du ziemlich erledigt aus.«
    Kanhiro rang sich ein Lächeln ab. »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, aber es geht mir gut, wirklich.« Doch wie um seine Worte zu widerlegen, begannen seine Augen verräterisch zu brennen. Sobald jemand ihm gegenüber sein Mitgefühl zum Ausdruck brachte, geriet seine Selbstbeherrschung ins Wanken. Er atmete tief durch. Die Beisetzung seines Vaters war vor mehr als sieben Tagen gewesen. Er musste sich endlich zusammenreißen. »Wollen wir noch eine Partie spielen?« fragte er betont heiter.
    Unerwartet beugte Tasuke sich vor und legte seine Hand auf Kanhiros Knie. »Auch wenn meine Schwester mich für einen gefühllosen Klotz hält: ich weiß, dass er dir fehlt. Im Übrigen bist du ein lausiger Lügner.« Er zog seine Hand zurück. »Natürlich will ich Revanche! Diesmal fege ich dich vom Feld, bevor du überhaupt merkst, was los ist!«
    Kanhiro war dankbar, dass sein Freund ihn verstand und zugleich von seiner Trauer abzulenken versuchte. Er stellte die Figuren neu auf. »Dann lass sehen, was du drauf hast!«
    Tatsächlich gelang es Tasuke diesmal, ihn zu schlagen. Zufrieden lehnte sein Freund sich zurück. »Hast du etwas gelernt?«
    »Ich sollte dir in Zukunft keine Revanche mehr anbieten?«
    Tasuke schnaubte. »Idiot.«
    Kanhiro grinste, wurde jedoch rasch wieder ernst. Abwesend

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