Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
Vom Netzwerk:
sich die Finger des Gardisten abzeichneten. Rondar runzelte die Stirn. Als er ihre blutige Lippe musterte, verfinsterte sich seine Miene noch mehr. »Gewalt wäre in keinem Fall nötig gewesen«, wies er die Kireshi kühl zurecht.
    Die beiden Männer blickten unbehaglich beiseite.
    Rondar legte Ishira leicht eine Hand ins Kreuz. »Komm.« Er ließ die Soldaten der Stadtwache stehen, ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, und bog in eine der Seitengassen ein, in denen es etwas ruhiger zuging als auf dem Marktplatz. In einem Hauseingang blieb er stehen und holte ein Taschentuch aus seinem Hemd. Er legte eine Hand unter Ishiras Kinn und tupfte mit der anderen vorsichtig ihre Lippe ab. Sie zuckte zusammen, allerdings eher vor Überraschung als vor Schmerz. »Tut es sehr weh?« fragte er besorgt.
    Sie schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Kiresh Rondar«, entschuldigte sie sich betreten. »Ich scheine mich und Euch laufend in unangenehme Situationen zu bringen.«
    »Hm, dafür hast du ein Talent«, brummte er, doch er klang nicht verärgert. »Ab jetzt werde ich dich nicht mehr aus den Augen lassen.« Auf seinem Gesicht erschien ein wehmütiges Lächeln. »Ich gebe allerdings zu, dass man sich in der Unterstadt schnell verlieren kann. Meine Tochter ist als Kind auch einmal auf dem Marktplatz verschwunden. Meine Frau ist vor Sorge fast verrückt geworden, bis wir Larika schließlich bei einem Stand mit bunten Ketten gefunden haben. Sie war so versunken, dass sie uns noch nicht einmal vermisst hatte.« Es war das erste Mal, dass er von seiner Tochter sprach.
    »Wo lebt Eure Tochter heute?« fragte Ishira neugierig.
    Seine Stirn bewölkte sich. »Larika und ihr Bruder sind beide vor sechs Jahren ums Leben gekommen.«
    Ishira schwieg betroffen. Erst jetzt erinnerte sie sich daran, dass in der Unterhaltung zwischen Rondar und Kiresh Yaren, die sie in Mebilors Garten belauscht hatte, auch von Larika die Rede gewesen war. Also war sie nicht die Schwester des jungen Kiresh gewesen, sondern – ja, was? Das Mädchen, das er geliebt hatte? »Was ist passiert?« fragte sie behutsam.
    Der Blick ihres Begleiters kehrte sich nach innen. »Es waren die Drachen. Ich lebte mit meiner Familie zu dieser Zeit in Hakkon und unterrichtete die angehenden Kireshi im Schwertkampf. Auch mein Sohn Peron und Yaren gehörten zu meinen Schülern. Yaren und Larika waren ineinander verliebt und sie kam oft zum Kampfplatz, um bei den Übungskämpfen zuzusehen. So auch an dem Tag, als die Amanori angriffen.« Er geriet einen Moment ins Stocken. »Wir kämpften mit allem, was wir hatten, aber wir waren den Drachen hoffnungslos unterlegen. So viele Menschen verloren an jenem Tag ihr Leben. Es war einer der schlimmsten Drachenangriffe, die ich je erlebt habe.«
    Ishira schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. »Es muss sehr schwer für Euch gewesen sein, mit diesem Verlust fertig zu werden«, flüsterte sie.
    Rondar nickte langsam. »Ja, das war es.«
    Sie betrachtete sein gedankenverlorenes Gesicht, die Falten zwischen den Brauen – Spuren des Kummers, die keinen Zweifel daran ließen, wie viel ihm seine Kinder bedeutet hatten. Er musste sie auch jetzt noch vermissen und bestimmt fühlte er sich einsam, wenn er an sie dachte.
    »Hast du Hunger?« wechselte er unvermittelt das Thema.
    Ishira dachte über die Frage nach. Übermäßig hungrig war sie nicht, aber eine Kleinigkeit konnte sie nach dem Schrecken ihrer Begegnung mit der Stadtgarde und Rondars trauriger Familiengeschichte schon vertragen. »Ein bisschen.«
    »Dann lass uns zum Hafen gehen und bei einer der kleinen Garküchen essen«, schlug er vor. »Dort gibt es Fisch in allen Variationen und wenn sich die Dinge seit damals nicht geändert haben, ist es um diese Zeit noch nicht so voll.« Er bemühte sich um einen leichten Ton.
    Sie nickte zustimmend. Erst nach einigen Schritten fiel ihr ein, dass sie nicht dazu gekommen war, auf dem Markt Stoff zu kaufen. Eigentlich wollte sie Rondar damit jetzt nicht behelligen, aber je früher sie alles bereit hatte, desto besser. »Könnten wir unterwegs einen Stoffladen suchen, wenn es nicht zu viel Mühe macht, Deiro? Ich würde meinem Bruder und meinem Freund gern etwas aus Inuyara mitbringen.«
    Er nickte lächelnd. »Sicher.«
    Sie spazierten durch die Gassen stadtabwärts. Kurz darauf entdeckte Ishira einen Laden, der genau das anbot, wonach sie suchte. Zu ihrer Bestürzung musste sie allerdings feststellen, dass die Preise in Inuyara noch

Weitere Kostenlose Bücher