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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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Nacht lang getobt und sich dann so plötzlich gelegt, dass Finn mit einem Schlag von der Stille geweckt worden war. Nach dem Wüten zuvor war die Ruhe gespenstisch, gab ihnen aber immerhin die Möglichkeit weiterzuziehen, ehe das Gefängnis noch einmal seine Meinung änderte. Keiro war nach draußen gekrochen, hatte sich gestreckt und gestöhnt, weil seine Glieder so steif waren. Erst nach einer Weile hatte er seine Stimme wiedergefunden, die es ihm ganz untypischerweise verschlagen hatte. »Schaut euch das an.«

    Als Finn sich zu ihm gesellt hatte, hatte er gesehen, dass der Wald ganz kahl war. Das gesamte Laub, jedes zusammengerollte Metallblättchen, war in riesigen Verwehungen aufeinandergehäuft gewesen. Stattdessen hatten die Bäume neu ausgeschlagen. Kupferfarbene Knospen, rot und golden, prangten überall auf den Hügeln bis hinab in die Täler, so weit das Auge reichte.
    Hinter ihm hatte Attia sich gefreut: »Das ist ja wunderschön.«
    Finn hatte sich erstaunt zu ihr umgedreht und gemerkt, dass er selber die abgeworfenen Blätter nur als Hindernisse betrachtet hatte. »Findest du?«
    Â»Oh, natürlich. Aber du bist ja an Farben gewöhnt. Du kommst schließlich von außerhalb .«
    Â»Du glaubst mir also?«
    Langsam nickte sie. »Ja. Irgendetwas an dir ist anders. Du passt nicht hierher. Und dann ist da dieser Name, den du im Schlaf gerufen hast: diese Claudia. Dann erinnerst du dich also an sie?«
    Das war es, was er ihnen erzählt hatte. Er nickte und sah sie an. »Hör zu, Attia, ich brauche deine Hilfe. Das bedeutet … ich muss manchmal allein sein. Dieser Schlüssel … hilft mir bei meinen Visionen. Ab und an brauche ich Abstand zu Keiro und Gildas. Das verstehst du doch, oder?«
    Sie hatte feierlich genickt und ihm einen entschlossenen Blick aus ihren hellwachen Augen zugeworfen. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich deine Dienerin bin. Sag mir einfach, wenn es so weit ist, Finn.«
    Diese Antwort hatte ihn beschämt. Attia hatte ihm offen ins Gesicht geblickt und nichts mehr gesagt.
    Danach waren sie durch die Landschaft in der Farbe von Edelsteinen entlang abwärtsführenden Baumreihen marschiert. Der Waldboden war aufgesprungen und von Rissen durchzogen gewesen und von eigenartig verstreuten Bächen, die durch tiefe
Spalten auseinandergerissen schienen. Insekten, die Finn sich nicht einmal in seinen Träumen hatte vorstellen können, waren in den Blätterhaufen herumgekrochen, die ihnen das Vorankommen erschwerten. Diese riesigen Haufen zu umgehen hatte sie Stunden gekostet. Jetzt hüpften hoch oben in den kahlen Zweigen ganze Schwärme von Dohlen herum und krächzten, und mit ihren Knopfaugen verfolgten sie voller Neugierde die Reisenden, bis Gildas wilde Flüche ausstieß und die Faust in ihre Richtung schüttelte. Daraufhin flatterten sie allesamt schweigend davon, und Keiro bemerkte mit einem Nicken: »Dann verfügen die Sapienti also tatsächlich noch immer über Magie.«
    Schwer atmend bedachte ihn der alte Mann mit einem finsteren Blick. »Ich wünschte, sie würde auch dir gegenüber Wirkung zeigen.«
    Keiro grinste Finn an.
    Finn lächelte zurück. Aus unerfindlichen Gründen war ihm nun leichter ums Herz, und als er hinter Gildas durch den Wald stapfte, stieg in ihm ein Gefühl auf, das wohl so etwas wie Freude war.
    Die Flucht hatte tatsächlich begonnen. Die Comitatus lagen weit hinter ihnen. Die Zeit der brutalen Machtkämpfe, der Morde, Lügen und der ständigen Angst war nun vorbei. Von jetzt ab würde alles anders werden. Sapphique würde ihnen den Weg hinaus zeigen.
    Als er über eine Wurzel stolperte, hätte er beinahe laut aufgelacht, doch dann schob er seine Finger unter sein Hemd und berührte den Schlüssel.
    Seine Hand zuckte zurück.
    Der Kristall war warm.
    Â 
    Er schaute zu Keiro hin, der vorneweg lief. Dann drehte er sich um. Attia befand sich dort, wo sie immer war: direkt auf seinen Fersen.

    Verärgert blieb er stehen. »Ich will keine Sklavin.«
    Auch sie hielt an. »Wie du meinst.« Ihre Augen ruhten auf ihm, und in ihnen sah Finn einen verletzten Ausdruck.
    Finn sagte: »Hier muss ein Bach in der Nähe sein. Ich kann ihn hören. Sag den anderen, dass ich Wasser hole.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er den Weg und kämpfte sich durch ein Dickicht mit Platinum-Dornen. Dann

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