Indigo - Das Erwachen
bestelltâ, erklärte ihm der Fahrer. âDie Zentrale hat mich hergeschickt.â
âVielleicht haben sie die Adresse falsch durchgegeben.â OâDell zuckte mit den Achseln. âAber wenn du willst, kannst du mich mitnehmen. Ich brauche ein Taxi, du brauchst das Geld ⦠Was sagst du?â
âIch sage: Klar doch! Steigen Sie ein.â
Als Adresse nannte OâDell eine QuerstraÃe in der Nähe seiner Wohnung. Taxifahrer zeichneten ihre Routen auf, und er wollte nicht, dass sein Wohnort in ihrem Fahrtenbuch auftauchte. Die paar Blocks würde er laufen, kein Problem. Der Fahrer rief die Zentrale an und wendete.
Während das Taxi zum nächsten Freeway fuhr, lieà OâDell seine Gedanken zu Boelens, Mia und diesem Freak Darby schweifen. Doch als der Fahrer am Zubringer vorbeifuhr, pochte OâDell gegen die Plexiglasscheibe, die ihn von der Fahrerkabine trennte.
âHey, Mannâ, sagte er laut. âWarum sind wir nicht auf den Freeway gefahren?â
Der Fahrer warf nur einen kurzen Blick in den Rückspiegel, dann drückte er auf einen Knopf am Armaturenbrett. Alle Türen wurden gleichzeitig verriegelt, und vor der Plexiglasscheibe glitt ein Sichtschutz hoch â die Art von Trennfenster, die OâDell aus Luxuslimousinen kannte. Gleich würde er den Fahrer weder sehen noch hören können. OâDell rüttelte an den Türen, doch sie waren fest verschlossen.
âHey, was soll das? Das kannst du nicht mit mir machen!â OâDell hämmerte gegen den Sichtschutz, während die Fenster im Fahrzeugfond ebenfalls schwarz wurden. Die Lichter der Stadt verschwanden. Noch ein paar Sekunden, dann würde er im Stockdunkeln sitzen.
Was zur Hölle?
âEntspannen Sie sich, Sir.â Die Stimme des Fahrers kam aus einer Gegensprechanlage. âUnd versuchen Sie nicht, die Luft anzuhalten. Sie werden es sowieso nicht ändern können. Und Stress ist ungesund.â
Ãber das Surren des Motors hinweg hörte OâDell ein leises Zischen. Dann stiegen Feuchtigkeit und ein leichter Krankenhausgeruch in der Luft auf. Trotz der Warnung des Fahrers hielt er den Atem an, bis seine Lungen brannten. Doch irgendwann blieb ihm nichts anderes übrig, als doch Luft zu holen. In gierigen Zügen sog er die Luft tief in seine Brust, in der sich ein heftiges Brennen ausbreitete. OâDell war übel und schwindelig, und als er das Kinn nicht mehr hochhalten konnte, beugte er sich vor, um erneut gegen den Sichtschutz zu klopfen. Doch er konnte seinen Arm nicht mehr heben.
âHeyâ, lallte er noch. Dann sackte er in dem dichter werdenden Nebel, der sich jetzt kühl auf seiner Haut anfühlte, in sich zusammen. Er lauschte dem Fahrgeräusch und kämpfte verzweifelt gegen die Bewusstlosigkeit an â doch er verlor.
8. KAPITEL
Zentrum von L.A .
Morgens
Kendra war vor Erschöpfung eingeschlafen und bekam nicht mit, wie Lucas kränker wurde. Ãber Nacht hatte sich sein Zustand stark verschlechtert. Als sie aus einem unruhigen Schlaf erwachte, den sie zusammengerollt auf dem Betonboden und mit einer Jacke als Kissen verbracht hatte, bemerkte sie, wie er sich im Delirium unter den feuchten Laken auf ihrem Bett hin und her warf. Sie eilte zu ihm und legte ihre Hand auf seine Stirn. Die Hitze war schon zu spüren, bevor sie seine Haut berührte.
âOh, Gott, du verglühst ja!â, keuchte sie.
Sie hatte niemanden gebeten, bei ihnen zu bleiben, weil sie sich so schuldig fühlte für das, was sie getan hatte. Jetzt hatte sie den Eindruck, für Lucas und die einzige wirkliche Familie, die sie jemals gehabt hatte, alles nur noch verschlimmert zu haben. Sie tauchte einen Lappen in einen Eimer mit kühlem Wasser, der neben dem Bett stand, und tupfte Lucas damit ab. Wasser perlte über sein Gesicht und seine nackte Brust. Er war gespenstisch blass. So schlecht, wie er aussah, wusste sie nicht mehr, was sie sonst noch für ihn tun sollte. Sie hatte ihm ihre beste Kräutermedizin verabreicht und ihm vier Stunden zuvor, als es ihm noch gut genug ging, um Tabletten zu schlucken, sogar Aspirin gegeben. Manchmal wurde das Fieber noch einmal stärker, ehe es sich legte. Das hatte sie schon öfter beobachtet, aber was, wenn es diesmal anders lief?
Lucas? Kannst du mich hören? flehte sie ihn an, doch zurück kam nur beängstigende Stille.
Sie konnte ihn in ein Krankenhaus schleppen und eine
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