Indigo - Das Erwachen
dunklere Färbung an und vibrierte.
âErinnerst du dich noch an die Freude darüber, endlich mit jemandem verbunden zu sein? Meine Stimme zu hören und zu wissen, dass sie für deine Ohren bestimmt ist?â, fragte sie. Nachdem er genickt hatte, fuhr sie fort: âUnd nun stell dir vor, wie sehr es wehtut, wenn dir diese Stimmen wieder weggenommen werden, eine nach der anderen.â
In ihren Augen glitzerten Tränen.
âIch muss die anderen nicht kennen oder ihnen persönlich begegnen, um zu spüren, dass sie ein Teil von mir sind.â Sie stand auf und wandte sich ihm zu, dabei streifte sie die Arbeitshandschuhe ab und warf sie auf ein Regal. âDu bittest mich um Zeit, während ich mitansehen muss, wie die Leben anderer für immer zerstört werden. Wir haben keine Zeit. Wir befinden uns mitten in einem Krieg, in dem es um unser Ãberleben und unsere Zukunft geht. Ich brauche dich an meiner Seite.â
Als sie näher kam und ihre Hand auf seine Brust legte, hörte er die Musik seiner Kindheit leise in seinem Kopf spielen, als wäre sie niemals fort gewesen. Wenn er Kendra in die Augen sah, empfand er ein seltsames Gefühl der Vollkommenheit, als würde sich ein Kreis schlieÃen. Er atmete den Duft nach Lavendel und Kräutern ein und Kendras ganz eigenen Geruch. Die Wichtigkeit ihrer Sache hielt sich die Waage mit der Verletzlichkeit ihrer Geheimnisse. Sie war ein Mysterium, das er verstehen wollte. Als sie seine Wange berührte, sog er ihren Duft ein und umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen. Dann küsste er sie.
SüÃ. Rein. Vollkommen.
Er verweilte mit ihr in diesem Augenblick, spürte ihre Wärme und ihren Körper direkt an seinem. Jetzt strahlte sie wieder ein pulsierendes, leuchtend blaues Licht ab, so wie beim ersten Mal, als er sie gesehen hatte. Hier in ihrem Garten mit seinem feinen Nebel und den Blumen und dem Summen der Bienen, das perfekt mit der Musik harmonierte, die nur er hören konnte, begriff er, was sie von ihm wollte. Er musste das Leben loslassen, das er zuvor geführt hatte. Sie hatte ihn mit einem bestimmten Ziel zu sich gerufen, und sie hoffte, dass er dieses Ziel eines Tages auch zu seinem erklären würde. Er fühlte sich dem Glauben, den sie in ihn setzte, nicht würdig, aber vielleicht würde er ihm eines Tages gerecht werden.
Nachdem sie sich geküsst hatten, hielt er sie fest.
Mit geschlossenen Augen erinnerte er sich, was sie gesagt hatte. Ihr Glaube an ihn war so unerschütterlich â vielleicht zu unerschütterlich. Wie konnte sie ihn besser kennen als er selbst? Seit ihre Seelen eine Verbindung miteinander eingegangen waren, hatte er dasGefühl, auf sie angewiesen zu sein. Sie hatte ihm die Augen geöffnet für eine Welt, die er ohne sie vielleicht niemals kennengelernt hätte. Aber sie wollte ihre eigene Sache zu seiner machen, und das verängstigte ihn.
Jedoch nicht genug, um von Kendra fortzugehen. Sie hatte ein Ziel, für das sie gestorben wäre. Wie gerne hätte er mit derselben Ãberzeugung an ihre Sache geglaubt wie sie! Und vielleicht würde er das eines Tages auch. Aber im Augenblick â hatte er nur sie.
Haven Hills Treatment Facility â L.A .
Früher Morgen
Dr. Fiona Haugstad hatte in der vergangenen Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Ihre Gedanken lieÃen es nicht zu. Selbst jetzt, als sie einen Krankenhausgang von Haven Hills entlanglief, spielte sie im Kopf immer wieder die Befragung von Mia Darby durch. Die junge Frau war Zeugin von etwas Wunderbarem gewesen, doch natürlich hatte sie das nicht begriffen. Mia Darby war gewöhnlich. Obwohl sie Angestellte der Kirche war und offiziell an der Suche nach ihrem verschwundenen Bruder beteiligt, würde sie niemals so weit aufsteigen wie Fiona. Sie hatte weder die Fähigkeiten noch den nötigen Antrieb. Sie war schwach.
Sie hatte nur ihren Bruder. Lucas war alles, was zählte.
Während Fiona mit ihrer Keycard den Personaleingang zu Station 8 öffnete, ging sie in Gedanken durch, was sie in Erfahrung gebracht hatte. Nachdem sie mithilfe ihrer Männer Zugang zu den Aufnahmen der Verkehrskameras und der Sicherheitsanlage im Museum erhalten hatte, hatte sie alle Unterlagen durchgesehen und eines der Bilder vergröÃern lassen. Als das Digitalfoto zurückkam, hatte sie es wieder und wieder angesehen, es mehrfach mit dem Bild in der Akte über Lucas Darby verglichen.
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