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Indigo (German Edition)

Indigo (German Edition)

Titel: Indigo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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machte einen Schritt auf die Tür zu. Robert bemerkte, dass sie gleich mit der Hüfte gegen die Kommode stoßen würde, und hielt sie an der Schulter zurück.
    – Vorsicht, sagte er.
    – Danke, sagte sie und tat so, als würde sie niesen.
    Im selben Moment ging die Tür des Arbeitszimmers auf, und der Lehrer stand vor ihm. Er hielt einige Mappen in der Hand.
    – So, sagte er. Danke fürs Warten. Sie können dann reinkommen. Es ist alles fertig.
    Robert schaute die Frau an, dann den Lehrer, die Wohnungstür.
    – Bitte, sagte der Lehrer und wies den Weg in einen anderen Raum, der etwas weiter hinten, im lichtärmeren Inneren der Wohnung lag.
    – Es ist eine eigentümliche Einrichtung, sagte der Mathelehrer, und seine Stimme war brüchig und verlangte nach einem Räuspern, aber er räusperte sich nicht. Es scheint ganz egal zu sein, wer dieser Mensch eigentlich ist. Der Name bleibt gleich, nur dasRaumschiff, in dem der Name sitzt, ist immer ein anderes. Oder nein, Raumschiff ist eigentlich ein falsches Bild. Ja, was wollte ich noch sagen … Wissen Sie, meine Konzentration ist nicht die beste. Jedenfalls, ja es ist …
    Das akustische Äquivalent einer alten Baumrinde. Robert wusste nicht, wovon der andere sprach, aber er war so damit beschäftigt, auf diese nach einem Räuspern verlangende Stimme zu hören, dass es ihm nicht viel ausmachte.
    – Eine eigentümliche Einrichtung jedenfalls. Man weiß nicht, wie lange sie schon besteht. Das Komische daran ist, dass sich der Name nicht zu ändern scheint, nur der Mann, der ihn trägt. Er ist wie ein neues Körpermodul für dieselbe Idee. Ah, das hab ich nicht gut ausgedrückt. M-Rhm!
    Endlich!, dachte Robert. Das Räuspern, die Erlösung. Die Stimme des Lehrers war wieder klar.
    – Ich hab ihn getroffen, wissen Sie.
    Robert wollte schon fragen, wen? Und was zum Teufel soll das alles?, aber der Lehrer redete weiter:
    – Und ich möchte … Na ja, also, da …
    Er übergab Robert eine grüne und eine rotkarierte Mappe.
    – Fußgängerampelsystem, sagte Setz. Grün: Go. Rot: No-Go.
    In den Mappen waren Kopien, Ausdrucke und eine Menge von Hand beschriebener Zettel. Robert blinzelte, die Schrift war winzig klein, lauter Großbuchstaben, eng aneinandergedrückt. Wie ein minimalistisches Tapetenmuster. Aus einer gewissen Entfernung hätten es genauso gut Nullen und Einsen sein können.
    – Es gibt Leute, sagte der Lehrer, die beschriften eine Münze und geben sie aus, was weiß ich, zum Beispiel in einer Bar, irgendwo, und schauen dann jede Münze, die ihnen unterkommt, ganz genau an, ob sie vielleicht zu ihnen zurückgekommen ist. Wie Sie sehen, habe ich auf jedes Blatt hier meine Unterschrift gesetzt. Da (er blätterte) … da … Sehen Sie?
    – Ja.
    – Und, na ja …
    Die Frau kam ins Zimmer und berührte ihren Mann am Kopf. Der Kopf war um einiges runder geworden, fand Robert, seit damals. Aber gut, im Hörsaal der Helianau hatte er ihn eigentlich immer nur von oben gesehen.
    – Für mich?, fragte er.
    Ihm war nicht ganz klar, was er mit dem Zettelwerk anfangen sollte.
    – In der grünen Mappe, begann der Mathelehrer.
    – Clemens?
    Er drehte sich zu seiner Frau um.
    – Schau, ich hab da was für dich, sagte sie.
    Sie gab es ihm in die Hand, und er blickte es an, lächelte dankbar und steckte es sich in den Mund. Mit seiner Hand machte er eine Greifbewegung und blickte sich um. Die Frau gab ihm ein Glas Wasser. Er trank es in einem Zug leer. Dann zwinkerte er ihr zu, deutete auf Robert, als wollte er sagen, den haben wir drangekriegt, und stieß Robert sogar mit dem Ellbogen an und lachte.
    – So ein kleiner Schelm, sagte die Frau.
    Robert nickte höflich.
    – Sieht er nicht aus wie ein Kauz?, sagte die Frau und strich ihm mit beiden Händen übers Gesicht. Hier, diese Partie hier, die wird immer runder, und hier diese Haare, da hat er einen Haarwirbel, die stehen immer ab. Und im Auge des Haartornados … erscheint die Glatze. Mögen Sie Glatzen?
    – Äh, machte Robert und zuckte mit den Achseln. Keine Ahnung.
    – Ich mag sie, sagte der Lehrer und formte wieder eine greifende Klauenhand.
    – Okay, sagte Robert. Dann, danke für das hier …
    Bloß raus hier.
    – Warum schreiben Sie das auf Ihr T-Shirt?, fragte der Lehrer plötzlich.
    – Hm?
    Robert blickte an sich herunter.
    – Ach das, sagte er, na ja, ich weiß nicht.
    – Aha.
    – Ein Statement, nehme ich an.
    – Was steht denn drauf?, fragte die Frau und beugte

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