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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Blau. Wenn ich meine Fingerkuppen darauflegen könnte, vielleicht würden sie mir dann sein Geheimnis verraten?
    »Und diese Typen, mit denen du zusammen bist«, Conrad nickte hinüber zum Strand, wo unsere Zelte standen, »wissen die, dass du ein Mädchen bist?«
    »Was?« Nur langsam wurde mir klar, dass er mich die ganze Zeit für einen Jungen gehalten hatte, bis...naja, bis zum Augenblick der nackten Tatsachen sozusagen. Ich suchte nach Spott in seinen Augen und sah nichts als blanke Neugier. »Natürlich«, sagte ich säuerlich. »Was dachtest du denn?«
    Conrad zuckte mit den Achseln. »Und wie bist du an die gekommen?« Täuschte ich mich oder hatte seine Stimme ihren feindseligen Unterton verloren?
    »Zwei von ihnen sind meine Gastgeschwister. Sie haben mich auf ihren Surftrip mitgenommen, damit ich nicht drei Wochen lang zu Hause herumhänge und ihren Eltern auf den Wecker falle.«
    »Dann bist du also gar keine von diesen SurferTussis«, stellte er fest.
    SurferTussis? Es gluckste in meiner Kehle. »Keine Ahnung, vermutlich bin ich eine.« Hicks. »Ich will es lernen, auch wenn ich ziemlichen Schiss davor habe.«
    »Aber mit einem Kartoffelchip auf den Pazifik paddeln, davor hattest du keinen Schiss?«
    Sobald ich Conrad ins Gesicht sah, wandte er sich ab. Aber ich hatte den versöhnlichen Spott in seinen Augen gesehen und entspannte mich ein wenig. »Ich habe nicht nachgedacht. Das Meer wirkte so friedlich.«
    Er blickte wieder auf den Ozean, der jetzt keineswegs mehr friedlich war. Silbrig weißer Schaum spritzte meterhoch gegen die Felstürme und selbst in dieser kleinen Bucht schlugen die Wellen mit großer Macht gegen das Ufer und überspülten den Sand.
    »Wenn das Meer diese spiegelglatte Oberfläche hat, dann läuft darunter eine gefährliche Tiefenströmung auf die Küste zu. Diese Unterströmungen sieht man nicht. Du schwimmst und plötzlich bist du ganz woanders.«
    Ich biss mir auf die Lippen. »Ja, das habe ich gemerkt.« Ich versuchte ein zaghaftes Lächeln, aber er sah mich gar nicht an.
    »Wer sind die beiden, ich meine, deine Gastgeschwister?«
    Verwundert über sein anhaltendes Interesse, beeilte ich mich mit der Antwort. »Das blonde Mädchen mit dem Zopf und der große Blonde mit den Dreads.«
    »Der Wikingertyp«, sagte er verächtlich. »The man with the plan.«
    Ich riss die Augen auf. »Du kennst Alec?«
    »Nein, ich kenne keinen von denen. Aber ich habe Augen im Kopf.« Conrads Stimme bebte, die Wut schien zurückzukehren.
    Ich musterte ihn. »Hast du die Scheibe von Alecs Wagen eingeschmissen und Joshs Van beschmiert?«
    »Und wenn?«, fragte er. »Wäre es dir dann lieber, ich hätte dich nicht aus dem Meer gefischt?«
    »Blödsinn.« Ich wollte noch etwas sagen, doch plötzlich schoss der große hellgraue Hund aus dem Wald und kam direkt auf uns zu. Er schien zu fliegen wie ein Pfeil, so schnell war er. Ich erstarrte vor Schreck. Er blieb einen Meter vor mir stehen, das Fell gesträubt, seine Fangzähne leuchteten in der Sonne und er knurrte mich drohend an. Meine Nackenhaare richteten sich auf. Ich verkrampfte mich, machte mich klein.
    »Keine Angst, Boone ist völlig harmlos«, sagte Conrad. Er befahl dem Hund, still zu sein und sich zu setzen. Gehorsam warf sich das Tier in den Sand und legte die Schnauze auf die Pfoten.
    »Schöner Hund«, sagte ich. Rotz lief mir aus der Nase und ich wischte ihn mit dem Handrücken weg. »Sieht aus wie ein Wolf.«
    »Boone ist ein halber Wolf.«
    »Und du bist dir sicher, dass er nichts tut?«
    »Ja, bin ich.«
    »Dein Freund mit der Punkfrisur hat gesagt, Boone mag unseren weißen Geruch nicht.«
    Conrad runzelte die Stirn. »Du hast mit Milo gesprochen?«
    »Nicht wirklich. Er hat es vor dem Supermarkt zu den beiden Mädchen gesagt, aber wir sollten es hören.«
    »Milo erzählt manchmal Stuss. Streichle ihn.«
    »Was?«
    »Na los, fass ihn an.«
    Ich zögerte einen Moment, dann streckte ich mutig die Hand nach dem Wolfshund aus und strich vorsichtig über seine Flanke, jederzeit darauf gefasst, dass er seine Fangzähne in meinen Handrücken graben würde. Aber nichts passierte. Unter meinen Fingerkuppen spürte ich das leichte Beben seines Körpers. Sein Fell war seidig weich.
    »Na siehst du«, sagte Conrad sachlich. Er stand auf. »Wir müssen durch den Wald zum First Beach zurücklaufen. Einen anderen Weg gibt es nicht.« Er drehte sich um, ging zu einem kleinen Felsvorsprung und kam mit seinen Sachen zurück. Mit nassen Unterhosen

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