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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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trotzdem nicht. Jeder in der Clique weiß, dass ihr zusammen seid.«
    »Na ja, solange es sich nur um ein paar Küsse und Händchenhalten dreht, ist das in Ordnung für Alec.«
    »Und Sex nicht? Er ist doch auch mit Brandee zusammen. Dein Bruder hat Josh ins Gepäckzelt verbannt.«
    Janice lachte. »Das ist was anderes.«
    »Wieso?«
    »Na ja, ich bin eben seine kleine Schwester.«
    Ich nickte, aber ich verstand die Logik nicht. Warum machten Janice und Mark so ein Geheimnis darum, dass sie miteinander schliefen? Was war Verwerfliches daran? Ich fand die Geheimniskrämerei ziemlich kindisch für ihr Alter. Aber andererseits ging es mich auch nichts an, wer zu wem ins Zelt kroch und warum er es vor den anderen verbergen wollte. Ich stellte es mir anstrengend vor, wenn sie versuchten, beim Sex im Zelt möglichst leise zu sein, und der Gedanke amüsierte mich.
    Als die Wäsche fertig war, steckten wir sie in die beiden Trockner, fütterten sie mit Vierteldollarstücken und machten einen Abstecher in den Supermarkt, um uns ein paar Sandwichs und etwas zu trinken zu kaufen.
    Ich sah Tamra gleich, als wir den Laden betraten. Sie stand an der Kasse, mit einem Windelpaket unter dem Arm, Babynahrung und Cola im Korb. Ihr Haar hatte sie zu zwei glänzenden Zöpfen geflochten.
    Brandee hatte also recht. Tamra war bestimmt nicht älter als Janice und hatte schon ein Kind. Sie sah uns an und ich wusste, dass sie uns erkannte, aber sie grüßte nicht. Ich ging zum Kühlregal und da sah ich ihn. Conrad stand halb verdeckt hinter dem Postkartenständer und drehte ihn. Er hatte ein dunkelhäutiges Baby auf der Hüfte, das freudig jauchzte und mit den Ärmchen ruderte, als die bunten Karten sich bewegten.
    Es dauerte ein bisschen, aber dann begriff ich und die Erkenntnis versetzte mir einen schmerzhaften Stich: Das war Tamras Kind und Conrad war der Vater. Die Erkenntnis war so verblüffend einfach und doch schwankte ich einen Moment. Es war, als würde mir von einer unsichtbaren Hand die Luft genommen. Warum erschütterte mich das so? Hatte ich tatsäch lich angenommen, ein Junge wie er könnte irgendetwas Anziehendes an mir finden? Und doch – auf der Insel hatte ich das Gefühl gehabt, er würde unser Zusammensein genauso genießen wie ich.
    Als Conrad mich erblickte, erwachte ich aus meiner Erstarrung. Ich sah in seine schwarzen Augen und unter seinem Blick fühlte ich mich nackt, so wie damals, als er mich aus dem Wasser gezogen hatte.
    Erst sah es so aus, als wollte er auf mich zugehen, aber dann hielt er inne in seiner Bewegung und nickte nur. Es war ein unauffälliger Gruß, fast bedauernd. Ich drehte mich um, schnappte mir ein Sandwich und eilte zur Kasse.
    »Was ist denn los mit dir?«, fragte Janice, als wir die Wäsche aus den Trocknern holten.
    »Nichts, wieso?«
    »Du bist so still, seit wir . . .«, sie verstummte und starrte mich ungläubig an. »Es ist wegen diesem Typen im Supermarkt, nicht wahr? Der Indianer, den du im ›Timber Saloon‹ getroffen hast. Du magst ihn.«
    Ich schwieg, aber mir stiegen Tränen in die Augen.
    »Menschenskind, Smilla, wie konntest du dich nur in so etwas verrennen?«, fragte Janice mitleidig. »Ach herrje, das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Du wirkst immer ein bisschen reserviert und bleibst für dich. Ich hätte nie gedacht, dass du so romantisch sein kannst. Es liegt an diesem Buch, nicht wahr?«
    Ich dachte an meinen Abstecher in die Bibliothek in Forks, wo ich über die Sitten und Bräuche der Quileute-Indianer gelesen hatte, und begriff nicht, was sie meinte. Aber ich sollte es gleich erfahren.
    »In dieser Geschichte ist doch alles bloß ausgedacht, Smilla. Die Indianer sind nicht so, wie sie darin beschrieben sind, das musst du doch inzwischen begriffen haben.«
    Jetzt wusste ich, was sie meinte. Das Vampirbuch. Janice dachte, ich hätte mich in romantische Gefühle für eine Gestalt aus »Twilight« verstrickt. Beinahe hätte ich laut gelacht, aber weil ich das zu unterdrücken versuchte, flossen noch mehr Tränen. Janice war nicht mehr zu bremsen. Sie umarmte mich. »Armes Schätzchen. Dein Märchenprinz hat ein Kind, das hat dich aus deinen Träumen geholt.«
    Nun ja, damit hatte sie leider recht.
    »Hey«, sie tätschelte meine Schulter, »ich verstehe dich ja, er ist wirklich süß. Aber das geht vorbei. Glaub mir.«
    Ich schniefte und fuhr mir mit dem Handrücken über das Gesicht.
    Als wir uns mit der frischen Wäsche bepackt auf den Weg zum Camp machten, sagte ich:

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