Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
verbringen. Sie beide waren von Rajiv Singh und Kamala so in Anspruch genommen worden, daß sie sich seit Tagen kaum gesehen hatten.
    In dieser späten Jahreszeit kam die Nacht früh, und es war bereits dunkel, als Ian zurückkehrte. Laura blickte von dem Tagebuch, das sie überflogen hatte, auf. »Du siehst noch staubiger aus, als ich vorhin.«
    »Nach der Hauptparade sind wir auf Pferde umgestiegen und durch die Dharjistani-Regimenter geritten«, erklärte Ian. »Ich erzähle dir später davon.« Dann ging er baden, und Laura bestellte das Essen.
    Als sie sich setzten, bemerkte Laura, daß er auf eine bestimmte Art wachsam war, so, als läge irgend etwas in der Luft. Dennoch sprachen sie während des Essens wenig. Als Laura schließlich den Tee einschenkte, sagte er: »Rajiv Singh hat mir eine Stellung angeboten.«
    »Welcher Art?« Mit der Teetasse in der Hand kuschelte sie sich mit untergezogenen Beinen auf den Diwan.
    Ian lehnte sich auf dem Sofa zurück. Ein gestiefel-ter Fuß ruhte auf dem anderen Knie, aber als Laura ihn genauer betrachtete, sah sie, daß er weniger entspannt war, als seine Haltung vermuten ließ. »Er möchte, daß ich Oberbefehlshaber seiner Armee werde.«
    »Lieber Himmel! Das ist aber ein Angebot!« Doch dann fielen ihr die möglichen Konsequenzen ein. »Hast du ihm bereits eine Antwort gegeben?«
    »Ich sagte, ich hätte genug vom Soldatenleben, aber Rajiv Singh will noch nicht aufgeben. Er wies darauf hin, wie sehr du diesen Besuch hier genießt, so habe ich ihm versprochen, die Sache mit dir zu bereden.« Er nahm einen Schluck Tee. »Würde es dir gefallen, als eine der wichtigsten Frauen des Landes in Dharjistan zu bleiben?«
    Laura zögerte und fragte sich, ob Ian das Angebot annehmen wollte. Sie zweifelte nicht daran, daß er seine Sache mehr als gut machen würde. Hatte er abgelehnt, weil er glaubte, sie würde sich weigern? Nach einigen vergeblichen Versuchen, in seinem Gesicht zu lesen, zuckte sie im Geist die Achseln: Sie konnte sich schließlich nur ihrer eigenen Gefühle sicher sein.
    »Kamala ist eine wunderbare Frau, und unser Besuch bisher war wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, aber ich würde nicht unbedingt am Hof leben wollen«, antwortete sie. »Ich spüre die Eifersucht der anderen Frauen, weil ich in der Gunst der Maharani stehe. Es ist nicht besonders schlimm, weil ich ja nur ein Gast bin, aber wenn wir bleiben sollten, wird es sicher stärker. Ich wäre wie isoliert.« Ihre Stimme sank zu einem Flüstern. »Und was ist mit der Möglichkeit, daß Rajiv Singh gegen den Sirkar Pläne schmiedet?«
    Er wollte antworten, doch sein Blick glitt plötzlich durch den ganzen Raum, als suchte er ihn nach lauschenden Ohren ab. »Es war ein langer Tag. Gehen wir ins Bett.«
    Als sie ihm einen verdutzten Blick zuwarf, schüttelte er ganz leicht den Kopf, um ihr zu bedeuten, daß seine Worte nicht waren, was sie schienen. Sie trank ihren Tee aus, ließ die Tasse auf dem Tisch stehen, stand dann auf und ging voraus zu ihrem Schlafzimmer.
    Ian suchte den Raum gründlich ab und winkte sie dann zu der Wand zwischen ihren beiden Schlafzimmern. Hier war es am wenigsten wahrscheinlich, daß sie belauscht wurden.
    Ian kam auf Armeslänge an sie heran, damit sie leise sprechen konnten. Nach so langen Wochen der Distanz empfand sie seine Nähe als verwirrend. Sie zwang sich zur Ruhe und fragte: »Da du Rajiv Singh nun ein bißchen kennst, weißt du, wem seine Loyalität gehört?«
    Ian runzelte die Stirn. »Bei der Parade hat er ein paar Dinge gesagt, die ich ziemlich alarmierend fand. Ich denke, daß er seine exzellente Armee durchaus gegen die Briten führen könnte, wenn seine Chancen auf Sieg stünden. Allerdings gibt es keinen echten Hinweis darauf, daß er so etwas je im Sinn gehabt hätte.«
    »Heute hat Kamala etwas erwähnt, was durchaus mit Pjotrs Plan Zusammenhängen könnte«, sagte Laura. »Vor zwei Jahren machte ein General, ein Vetter von Rajiv Singh, den Versuch, den Thron zu übernehmen. Die Verschwörung wurde aufgedeckt, bevor etwas passierte, die Beteiligten wurden exekutiert. Janak, der General, war als anti-britisch bekannt.«
    Ian begriff sofort: »Das heißt, dein Onkel wollte vielleicht diesem Janak auf den Thron helfen. Der Maharadja hat ihm aber einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
    Lauras Brauen zogen sich zusammen. »Ein weiterer Beweis, daß Rajiv Singh auf der Seite der Briten ist, ist doch sein Angebot an dich. Er wird wohl kaum erwarten, daß

Weitere Kostenlose Bücher