Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
lag.
    Doch nun nahm der Traum eine neue Richtung an. Zum ersten Mal verglühte das Entsetzen in einem Aufflammen von Zorn, der sie wie ein Flächenbrand verzehrte. Die nur allzu vertraute Szene flackerte und veränderte sich. Zu ihrer Überraschung setzte ihr Vater sich auf, sein Körper war wundersamerweise ganz und unbeschädigt. Er sah sie an, dann erhob er sich, kam zu ihr und kniete sich neben sie. Er nahm ihre Hände. »Es tut mir leid, Larischka«, flüsterte er gequält. »Verzeih mir.«
    Laura begann zu weinen, und sie wachte auf, als die Tränen ihre Wangen herunterliefen. Dann legten sich Ians Arme um sie, und sie empfand Trost und Sicherheit. Sie klammerte sich an ihn und weinte an seiner Brust.
    Als die Tränen versiegten, fragte Ian ruhig: »Der alte russische Alptraum, den du einmal erwähnt
    hast?«
    »Ja, aber diesmal war es anders.« Und nun erzählte sie ihm, was sie in ihrem Unterbewußtsein gespeichert hatte, wie die Szene vorher gewesen war und wie sie sich nun verändert hatte.
    Als sie endete, sah Ian sie nachdenklich an. »Seit fünfzehn Jahren bist du in diesem entsetzlichen Augenblick gefangen gewesen. Vielleicht hat dein Zorn dich befreit, so daß du dich nun auch wieder an die guten Seiten deines Vaters erinnern kannst.« Seine
    Hand strich über ihren Rücken und löste ihre Verspannung. »Es würde mich nicht überraschen, wenn du den Traum nie wieder hast.«
    »Wenn es so ist, beschwere ich mich bestimmt nicht!« rief sie leidenschaftlich. Dann fügte sie reumütig zu: »Ich glaube, ich habe die letzten zwei Tage damit verbracht, an deiner Schulter zu heulen. Wenn ich nicht aufpasse, löst du dich noch auf.«
    »Es ist schwer, eine Vogelscheuche aufzulösen«, erwiderte er amüsiert. »Im übrigen haben wir ja in etwa den gleichen Punktestand. Überleg mal, wie mühsam es wäre, wenn einer von uns gesund und normal wäre, der andere aber nicht. Noch einmal: Wir sind wirklich füreinander gemacht.«
    Obwohl er es so leicht dahingesagt hatte, erkannte Laura, wie recht er hatte. Gleich und gleich gesellt sich gern. Sie lachte ein bißchen unsicher. »Es gibt ja immer ein Licht am Ende des Tunnels, aber du mußt verflucht angestrengt danach Ausschau gehalten haben.«
    »Ich mußte ein wenig graben.« Er massierte ihre Schläfen mit seinen gefühlvollen Fingern. »Meinst du, du kannst jetzt wieder einschlafen?«
    »Ich glaube ja. Ich fühle mich, als wäre ein Fels von mir abgefallen, den ich seit Jahren mit mir herumschleppe.« Doch obwohl Laura entspannter war und sogar Zufriedenheit empfand, brauchte sie lange, um wieder einzuschlafen.
    Die Wut und der Haß, die sie seit Jahren verleugnet hatte, hatten einen Teil ihrer Wucht verloren, und nun, da sie sich diesen Gefühlen gestellt hatte, konnte sie an ihren Vater wieder mit Zärtlichkeit denken, und mehr noch - mit Liebe. Ja, es war schlimm gewesen, daß er sich selbst umgebracht hatte, aber er und
    Tatjana waren Opfer ihrer Leidenschaft gewesen und hatten mit Kräften kämpfen müssen, die kaum kontrolliert werden konnten. Schließlich hatte sie doch auch diese gefährliche Neigung zur Unbeherrschtheit geerbt. Zumindest hatte das niederschmetternde Beispiel ihres Vaters ihr deutlich gemacht, wie gefährlich eine solche Leidenschaft sein konnte. Und dafür, fand sie, konnte sie zumindest dankbar sein.
    Als sie endlich wieder in den Schlaf sank, hatte sie einen anderen Traum. Und dieser war in gewisser Hinsicht genauso alarmierend wie der alte, wenn auch weitaus angenehmer. Sie war in der kleinen Kapelle des verborgenen Tempels, wo die Männer und Frauen in vielen Spielarten die Vereinigung vollzogen.
    Doch dieses Mal war Laura selbst eine der geschmeidigen Frauen, die sich rückhaltlos hingaben, und der Mann, dessen starker Körper zu ihr kam, war Ian. Die sinnlichen Empfindungen, die sie so fürchtete und herbeisehnte, wallten in ihr auf. Es war ein unwiderstehliches Wüten von Emotionen, sowohl schrecklich als auch herrlich, und es band sie an den Geist und den Körper des Mannes in ihren Armen.
    Wieder erwachte sie mit Tränen in den Augen, und diesmal konnte sie nicht mehr einschlafen.

Kapitel 13
    Als ihre Pferde den Abstieg nach Cambay begannen, glitt Lauras Blick über die Straßen und Gebäude, die sich in der Ferne erstreckten. »Die Menge der Unterkünfte ist ja gewaltig. Allerdings ist aber auch jedes Armeelager riesig, verglichen mit einer normalen Zivilstation. Warst du immer hier stationiert?«
    »Nein. Die ersten neun

Weitere Kostenlose Bücher