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Individuum und Massenschicksal

Individuum und Massenschicksal

Titel: Individuum und Massenschicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Roberts
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gewöhnlich ab, weil wir uns ab 21.00 Uhr den Anfang eines Fernsehfilms anschauten, der über einen der Hauptsender ausgestrahlt wurde. Wir hatten heute -
    gerade zur rechten Zeit - den Brief einer jungen Dame erhalten, die in diesem Film eine Nebenrolle spielte. Wir sahen sie in mehreren Szenen, und Jane wird ihr schreiben - 21.49 Uhr.)
    (Flüsternd:) Guten Abend.
    (»Guten Abend, Seth.«)
    Diktat.
    (»Prima.«)
    Geduldet euch einen Moment... Betrachten wir einmal die vielfältigen Formen, die der Idealismus annehmen kann. Idealisten zu identifizieren fällt nicht immer leicht, denn sie kommen oft in so pessimistischem Gewand daher, daß man nichts weiter erkennt als Züge der Ironie oder einer sardonischen Natur. Andererseits verbergen sich unter der Oberfläche eines glühenden Idealismus oft die dunkelsten Aspekte des Pessimismus und der Verzweiflung.
    Wenn ihr Idealisten seid und euch gleichzeitig relativ machtlos fühlt, wenn euer Idealismus unbestimmt und grandios und ohne Bezug auf irgendwelche praktischen Pläne ist, durch die er zum Ausdruck gebracht werden könnte, dann befindet ihr euch in einer schwierigen Lage. Ich will das an ein paar Beispielen deutlich machen.
    Neulich abends hatten sich hier in diesem Wohnzimmer mehrere Menschen eingefunden. Einer der Besucher, ein Mann aus einer anderen Gegend des Landes, begann über den Zustand der Nation zu sprechen, wobei er seine Landsleute wegen ihrer Dummheit und Raffgier in Bausch und Bogen verurteilte. Es gebe nichts, was Menschen für Geld nicht tun würden, sagte er, und im Verlauf seines Monologs gab er der Meinung Ausdruck, die Menschheit selbst werde unausweichlich ihre eigene Vernichtung herbeiführen.
    Er zählte eine ganze Reihe von Schandtaten auf, die um des Geldes willen begangen worden waren. Es folgte eine lebhafte Diskussion, doch blieb der Mann jedem gegenteiligen Argument gegenüber verschlossen.

    Roger, so wollen wir ihn nennen, ist im Grunde ein Idealist, aber er glaubt, daß der einzelne Mensch nur wenig in der Welt ausrichten kann, und so hat er es unterlassen, seinen, persönlichen Idealismus in seinem eigenen Lebenszusammenhang zu verwirklichen. »Jeder ist ein Sklave des Systems.« Das ist der Tenor seines Glaubens. Er arbeitete in einem Routinejob und blieb dabei seit zwanzig Jahren, obwohl er, wie er sagte, die Arbeit haßte. Nie nahm er die Gelegenheit wahr, in andere, ihm offenstehende Tätigkeitsbereiche überzuwechseln - weil ihm der Mut dazu fehlte.
    Er fühlt, daß er sich selbst verraten hat, und diesen Verrat projiziert er auf die Außenwelt, bis er in der gesellschaftlich-politischen Welt nichts anderes mehr sieht als Verrat. Hätte er die Mühe auf sich genommen, in seinem eigenen Leben an der Verwirklichung seiner Ideale zu arbeiten, so befände er sich nicht in einer solchen Situation. Es liegt Befriedigung darin, seinen Idealen zu praktischem Ausdruck zu verhelfen, und dieser Befriedigung entspringt ganz natürlich weiteres Handeln im Sinne eines praktizierten Idealismus.
    Roger spricht stets in dieser Weise, wenn er in Gesellschaft ist, und so verbreitet er eine negative Ausstrahlung der Verzweiflung, wo immer er auftritt. Doch ist sein Leben nicht nur durch diese Haltungen gekennzeichnet, denn immer wenn er die tiefe Kluft zwischen seinem Idealismus und dem praktischen Leben vergißt und über andere Belange spricht, beweist er bestechende Energie. Mit dieser Energie hätte er es jedoch viel weiter bringen können, wäre er seinen natürlichen Neigungen und Interessen gefolgt und hätte er eine davon zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Er hätte ein großartiger Lehrer werden können. Aber er ist so sehr von seiner Ohnmacht überzeugt, daß er nicht wagte, eine berufliche Veränderung herbeizuführen. Immerhin gibt es auch Annehmlichkeiten in seinem Leben, die ihn davor bewahren, daß sich sein Blickwinkel noch weiter verengt.
    Wenn ihr die Welt verbessern wollt, dann seid ihr Idealisten. Wenn ihr die Welt verbessern wollt, andererseits aber glaubt, daß sich an ihr nicht das Geringste ändern läßt, dann seid ihr Pessimisten, und euer Idealismus wird euch nur zermürben. Wenn ihr die Welt verbessern wollt, aber glaubt, daß sich ungeachtet sämtlicher Bemühungen alles nur weiter verschlimmert, dann seid ihr wahrhaft kleinmütige, vielleicht irregeleitete Idealisten. Wenn ihr die Welt verbessern wollt, und zwar um jeden Preis, gleich, auf welche Gefahr hin, und gleich, was es euch und andere kosten wird, und wenn ihr

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