Individuum und Massenschicksal
Gene« - ein Thema, über das Jane und ich heute gesprochen hatten.
Eine Reihe von Wissenschaftlern (Biologen, Zoologen und Psychologen) hat in letzter Zeit mit großem Beifall aufgenommene Bücher veröffentlicht, in denen aufgezeigt wird, wie unser individuelles Verhalten angeblich manipuliert wird durch unsere Gene, denen nur an ihrem eigenen genetischen Überleben gelegen sei, auch wenn wir meinen, in unserem Leben Qualitäten wie zum Beispiel Nächstenliebe zum Ausdruck zu bringen. Jane und ich denken, daß die Idee eines solchen egozentrischen genetischen Verhaltens viel zu beschränkt, zu simpel und »mechanistisch« ist. Die Vorstellung von selbstsüchtigen Genen setzt auch Planung seitens dieser Entitäten voraus und gerät so gefährlich in Widerspruch zu Grundsätzen der Wissenschaft selbst, etwa dem, daß das Leben durch Zufall entstanden sei, daß es sich selbst durch zufällige Mutationen und den Existenzkampf (oder die natürliche Auslese) in Gang halte und daß das Leben ohne tieferen Sinn sei.
Und ferner: Wenn die Wissenschaft beispielsweise das Funktionieren eines DNA-Moleküls, des »Meister-Moleküls« des Lebens, wie es oft genannt wird, zu verstehen meint und damit vorzugeben scheint, daß sie die DNA ihres Geheimnisses beraubt und unsere Lebensfunktionen auf leichtverständliche mechanistische Vorgänge reduziert habe, so halten Jane und ich dagegen, daß das Begreifen des wunderbaren Funktionierens der DNA vielmehr unser Staunen vor dem Wunder und Geheimnis des Lebens vergrößern sollte. Das DNA-Molekül liegt in all seinen Teilen offen vor uns, aber die Fragen nach dem Leben in ihm bleiben unbeantwortet. Warum will die Wissenschaft, daß wir mit dem Gedanken leben, Geschöpfe zu sein, die nur auf das Überleben ihrer selbstsüchtigen Gene programmiert sind? Sogar die Biologen (und andere Wissenschaftler), die auf unsere mechanistischen Grundlagen pochen, tun es mit viel Gefühl!
So muß es den Anschein haben, daß die Gattung selbst keine andere Rechtfertigung hätte als die der geistlosen Entschlossenheit zu existieren. Die Religionen betonen mit Nachdruck, daß der Mensch einen Lebenszweck habe; doch sprechen sie oft so, als müsse das Lebensziel erreicht werden, indem man den Körper, in dem der Mensch seine Lebensgrundlage hat, verneint oder indem man sich über die »Roheit und Niedrigkeit« alles Irdischen »erhebt«. Punkt. In beiden Fällen wird der Natur des Menschen und der Natur selbst kurzer Prozeß gemacht.
Wir haben es da mit Mythen wahrhaft mächtiger Wirkung zu tun.
Sie stellen allerdings die dunklere Seite eines Gesamtmythos dar - in dessen Schatten ihr gegenwärtig eure Welt erblickt. Ihr werdet die Geschehnisse eures privaten Lebens und die Dramatik der historischen Abläufe im Lichte jener vorgefaßten Sicht der Wirklichkeit interpretieren.
Sie färbt nicht nur eure Erfahrung, sondern ihr selber schafft auch die Ereignisse, durch die dann eure Annahmen mehr oder minder bestätigt werden.
(Nach langer Pause:) Diejenigen, die ihr Leben durch Naturkatastrophen »verlieren«, werden zu »Opfern« der Natur. Ihr seht in solchen Geschichten Beispiele für sinnloses Sterben und weitere Beweise für die Gleichgültigkeit der Natur gegenüber dem Menschen. Oder aber ihr seht in solchen Ereignissen die rächende Hand eines zürnenden Gottes, und wiederum dient die Natur dazu, den Menschen zu züchtigen.
Es ist die Natur des Menschen, zu leben und zu sterben. Der Tod ist keine dem Leben zugefügte Schmach, sondern er bedeutet die Fortsetzung des Lebens - nicht nur innerhalb des Bezugssystems der Natur, wie ihr sie versteht, sondern im Sinne des schöpferischen Ursprungs der Natur.
Dann allerdings erscheint Sterben als natürlich.
In ihrer natürlichen Verflechtung nimmt eure Psyche den inneren Elan und Fluß eures Lebens und seine Beziehung zu jedem anderen Lebewesen durchaus wahr. Jeder Mensch wird mit dem intuitiven Wissen nicht nur um seinen Selbstwert geboren, sondern auch darum, daß er in der denkbar genauesten und schönsten Weise in den Zusammenhang des Universums eingefügt ist. Bei Geburt und Tod eines jeden Individuums ist das eleganteste Timing im Spiel. Das exquisite Spiel eurer eigenen inneren Natur gibt euch die Möglichkeit, euch mit allen Aspekten der Natur im allgemeinen zu identifizieren - und diese Identifikation führt euch zu dem tieferen Wissen um eure eigene Teilhaberschaft am schöpferischen Ursprung der Natur.
(22.19 Uhr.) Die Mythen, die ihr
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