Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
gestiegen.
Die „sonstigen Krankheiten des Magens und Dünndarms“ sind zwischen 2000 und 2011 um 80 Prozent angestiegen. Bei den „sonstigen funktionellen Darmstörungen“, dazu gehören z.B. Verstopfung und Durchfall, hat sich die Zahl der Fälle verdoppelt. Die Zahl der Fälle mit Blähungen (Kategorie „Flatulenz und verwandte Zustände“) sind um 152 Prozent angestiegen. Bei diesen Ergebnissen ist es naheliegend (wenn auch nicht bewiesen), die Ursachen in den steigenden Mengen der aufgenommenen Ballaststoffe zu suchen.
Falls Sie selbst betroffen sind, schafft ein kleiner Ernährungsversuch Abhilfe: Schreiben Sie zwei Wochen lang auf, was Sie wann essen und notieren Sie, wann Beschwerden auftauchen. Vielleicht erkennen Sie bereits einen Zusammenhang, welches Lebensmittel Ihnen nicht bekommt. Steigen Sie dann für zwei Wochen auf bekömmliche und vermeintlich ungesunde Kost um: Helles Brot, normale Spaghetti, kleinere Mengen Obst und Gemüse. Danach können Sie abschätzen, wie Ihr Darm mit Ballaststoffen zurechtkommt. In diesen zwei Wochen werden Sie keine Vitaminmangelkrankheit bekommen.
Der Mensch hat einen kürzeren Darm als seine nächsten Verwandten, die Menschenaffen. Der Lebensmittelchemiker und Ernährungsexperte Udo Pollmer geht soweit, den Menschen als „Coctivor“ zu bezeichnen, da er seine Nahrung durch Kochen bekömmlicher macht. Das menschliche Gebiss kann harte Fasern und Fleisch nicht reißen. Menschen zerkleinern, kochen, schälen, mahlen, entkernen und lösen Knochen aus. Wenn man verschiedene Affenarten miteinander vergleicht, stellt man fest: Je mehr Laub und Früchte verzehrt werden (statt Insekten, Vogeleier und Kleingetier), desto länger ist der Verdauungstrakt und desto kleiner das Gehirn. Das Kochen entgiftet die pflanzliche Nahrung und erleichtert den Aufschluss, Schälen und Entkernen vermindert die Zahl der Ballaststoffe. Selbst Naturvölker bearbeiten und kochen ihre Lebensmittel auf vielfältige Weise, um sie bekömmlicher zu machen.
Helfer im Darm?
Als die ersten Joghurts und sauer vergorenen Milchprodukte Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt kamen, waren einige Ärzte noch der Ansicht, dass die darin enthaltenen Bakterien schädlich sein könnten. Heute sind probiotische Joghurts eine lukrative Einnahmequelle. Joghurt enthält lebende Milchsäurekulturen, wovon die meisten im sauren Magenbrei sterben, ein natürlicher Schutzmechanismus gegen unerwünschte Eindringlinge. Einige wenige Bakterien überleben und können sich im Darm des Menschen ansiedeln. Probiotische Joghurts enthalten besondere Joghurtkulturen, denen von der Industrie positive Wirkungen nachgesagt werden. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften werden intensiv beworben, die wissenschaftlichen Nachweise sind schwierig. Viele dieser Joghurts weisen einen sehr hohen Zuckeranteil auf.
Sollten diese Produkte tatsächlich positive Wirkungen haben, dann stellt sich auch die Frage nach möglichen Nebenwirkungen. Probiotische Bakterien enthalten verschiedene Gene mit Antibiotikaresistenzen. Bakterien können diese Gene prinzipiell untereinander weitergeben. Es gibt bisher keine Hinweise, dass probiotischer Joghurt die Wirksamkeit von Antibiotika herabsetzt, aber es wäre zumindest denkbar. Mit eventuellen Risiken eines Produktes wird natürlich nicht geworben.
Trotzdem sollten probiotische Produkte nur von gesunden Personen verzehrt werden. Bei Patienten mit gestörter Immunabwehr oder schweren Grunderkrankungen könnte es zu Problemen kommen: Eine holländische Studie prüfte den Nutzen der Probiotika bei Patienten mit einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse, dies ist eine sehr schwere Erkrankung mit hoher Sterblichkeitsrate. In der Gruppe der Probiotika-Patienten kam es häufig zu einer Minderdurchblutung des Darms, an der acht von neun der betroffenen Patienten verstorben sind. Insgesamt wurden 298 Patienten in der Studie untersucht. Die Autoren kommen in ihrer Publikation zu dem Schluss, dass Probiotika bei kritisch kranken Patienten grundsätzlich vermieden werden sollten.
Rätsel Jod
Jod ist gut für die Schilddrüse, diesen Satz würden die meisten Menschen in Deutschland abnicken. Genau wie die Erkenntnis, dass Deutschland ein Jodmangelgebiet ist. Dabei ist die Lage genau umgekehrt: Man kann in Deutschland der Zwangsjodierung über aufgenommene Nahrung kaum ausweichen. Viele Hersteller, Kantinen und Restaurants benutzen Jodsalz, genau wie die Haushalte. Jod wird dem Tierfutter in
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