Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
vertauschen. Pedro deutete ihr an, sie solle sich Rat bei anderen Frauen holen, aber über diese Angelegenheit konnte sie unmöglich mit jemandem reden. Weil sie ihren Mann nicht zufriedenzustellen vermochte, kniete sie nach jeder ihrer Begegnungen stundenlang reglos und gedemütigt auf dem Steinboden des zugigen Hauses und betete. Doch insgeheim gefiel sie sich in ihrer Pein, durch die sie anders war als gewöhnliche Frauen und sich der Heiligkeit näherte. Pedro hatte ihr erklärt, zwischen Eheleuten gebe es keine Unzucht, da aus der Vereinigung ja Kinder erwachsen sollten, aber sie gefror dennoch bis in Mark, sobald er sie anfaßte. Nicht umsonst hatte ihr Beichtvater ihr die Furcht vor der Hölle und die Scham vor dem Körper gepredigt. Von seiner Frau hatte Pedro bisher nicht mehr als das Gesicht, die Hände und zuweilen die Füße gesehen. Mehr als einmal war er drauf und dran, ihr das verfluchte Nachthemd vom Leib zu reißen, doch das Entsetzen, das in ihren Augen stand, sobald er sich ihr näherte, hielt ihn zurück, ein blankes Entsetzen, bar all der Zärtlichkeit, die bei Tag aus ihrem Blick sprach, wenn sie beide bekleidet waren. Marina übernahm nie die Initiative, nicht in der Liebe noch sonst in ihrem gemeinsamen Leben, nie wechselten ihr Ausdruck oder ihre Stimmung, sie war ein stummes Schaf. Diese Unterwürfigkeit brachte Pedro in Rage, obwohl er sie für einen weiblichen Wesenszug hielt. Er verstand sich selbst nicht mehr. Als er sie geheiratet hatte und Marina noch ein Kind gewesen war, hatte er sie in diesem Zustand der Unschuld und Reinheit erhalten wollen, dem er zu Anfang erlegen war, doch nun wünschte er sich einzig, daß sie sich auflehnte und ihm die Stirn bot.
    Wegen seiner großen Tapferkeit und seiner Gabe zu befehlen, war Valdivia sehr rasch in den Rang eines Hauptmanns aufgestiegen, aber er war trotz dieser glänzenden Karriere nicht stolz auf seine Vergangenheit. Nach der Plünderung Roms suchten ihn Albträume heim, immer sah er eine junge Mutter, die, an ihre Kinder geklammert, auf einer Brücke stand und sich gleich in einen Fluß stürzen würde, der rot war von Blut. Er hatte das ganze Ausmaß menschlicher Niedertracht kennengelernt, hatte auf den dunklen Grund der Seele geblickt, wußte, daß ein Mensch, der den Barbareien des Krieges ausgesetzt ist, zu verabscheuenswürdigen Taten imstande ist, und er fühlte sich nicht verschieden von den anderen. Natürlich beichtete er, und der Priester sprach ihn stets gegen eine geringfügige Buße frei, denn die Fehltritte, die man im Namen Spaniens und der Kirche beging, konnten ja doch keine Sünde sein. Hatte er nicht auf Befehl seiner Oberen gehandelt? Verdiente der Feind nicht den schmählichen Tod? Ego te absolvo ab omnibus censuris et peccatis, in nomine Patris, et Filii, et Spiritus Sancti. Amen . Doch wer je von der Erregung des Tötens gekostet hat, für den gibt es kein Entrinnen und keine Absolution, dachte Pedro. Er hatte Geschmack an der Untat gefunden, das war die verborgene Schwäche jedes Soldaten, wie sonst sollte man Kriege führen? Die rauhe Kameradschaft im Feldlager, die animalischen Schreie, mit denen die Männer sich in die Schlacht warfen, die allgemeine Gleichgültigkeit gegen Schmerz und Angst, sie gaben ihm das Gefühl zu leben. Grausige Wonne, wenn die Klinge in einen Leib drang, teuflische Überhebung, wenn man den Lebensfaden eines andern durchtrennte, Taumel im Angesicht von quellendem Blut, all das gewann Macht über einen. Erst ist das Töten eine Pflicht, dann eine grimmige Lust. Nichts kam dem gleich. Selbst für ihn, der Gott fürchtete und sich zugute hielt, daß er seine Leidenschaften zu zügeln wußte, war der einmal geweckte Wunsch zu töten stärker als der,zu leben. Fressen, huren, morden, das ist der Mensch und mehr nicht, hatte sein Freund Francisco de Aguirre gesagt. Wollte Valdivia seine Seele retten, so blieb ihm keine Wahl: Er mußte dem Schwert entsagen. Vor dem Hochaltar der Kathedrale schwor er auf Knien, sein Dasein fortan dem Guten zu weihen, der Kirche und Spanien zu dienen, Maß zu halten und sein Leben streng an den Geboten der Moral auszurichten. Oft war er nur knapp dem Tod entronnen, und wenn Gott ihn am Leben gelassen hatte, so weil er seine Verfehlungen sühnen sollte. Er hängte seinen Degen aus Toledo neben das Schwert seiner Ahnen und war entschlossen, Vernunft anzunehmen.
    Aus dem Hauptmann wurde ein friedlicher Gutsherr mit den Sorgen des gemeinen Landmanns um das Vieh und

Weitere Kostenlose Bücher