Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Sänfte und gefolgt von vier Dienerinnen, die mit Geschenken beladen waren. Ich hatte nie zuvor jemanden vom inkaischen Hof aus der Nähe gesehen; jede spanische Prinzessin wäre bei Cecilias Anblick wohl vor Neid erblaßt. Sie war ein zierliches Persönchen, sehr jung und schön, die Gesichtszüge fein, geradezu kindlich, und doch war sie ehrfurchtgebietend, besaß die natürliche Erhabenheit von jemandem, der in einer goldenen Wiege das Licht der Welt erblickt hat und es gewohnt ist, daß man ihm dient. Sie war vornehm und schlicht nach der inkaischen Mode gekleidet. Das Haar trug sie offen und unbedeckt, und wie ein schwarzer Umhang fiel es ihr glatt und seidig über den Rücken bis zur Hüfte. Sie bot mir an, daß ihre Familie bei der Ausstattung der Yanaconas helfen würde, sofern die nicht in Ketten mitgeschleift würden. Das habe Almagro getan und sich damit herausgeredet, auf die Art zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Indios konnten nicht fliehen, und man führte Eisen mit. Die schweren Ketten hatten mehr Unglückliche das Leben gekostet als die schlimmen Fröste im Gebirge. Ich erklärte ihr, Valdivia wolle es Almagro nicht gleichtun, aber sie erinnerte mich daran, daß die Spanier die Quechuas schlechter behandelten als Vieh. Ob ich mich für Valdivia und für seine Soldaten verbürgen könne? Nein, das konnte ich nicht, aber ich versprach ihr, wachsam zu sein, und sagte ihr auch, daß ihre Barmherzigkeit mich freue, da die adligen Inkas sich doch kaum je um das Wohlergehen ihres Volkes sorgten. Sie sah mich verwundert an.
»Tod und Marter sind üblich, aber Ketten nicht. Sie sind erniedrigend«, sagte sie in ihrem flüssigen, von ihrem Mann gelernten Spanisch.
Cecilia war zu schön, ihre Kleidung aus feinstemperuanischem Tuch zu auffällig und ihre Haltung zu unverwechselbar königlich, als daß sie auf Dauer hätte in der Menge verschwinden können, aber auf den ersten fünfzig Meilen unserer Reise gelang es ihr doch, nahezu unbemerkt zu bleiben, bis ich den geeigneten Augenblick fand, um mit Pedro zu sprechen, der zunächst, wie zu erwarten, in Rage geriet, weil ich mich über einen seiner Befehle hinweggesetzt hatte.
»Wäre ich in Cecilias Lage, ich hätte in Cuzco bleiben müssen …«, sagte ich nachdenklich.
»Bist du es etwa?« Ein Leuchten trat in seine Augen, er hatte sich immer ein Kind gewünscht.
»Nein, leider nicht, aber Cecilia ist nicht die einzige. Nacht für Nacht wohnen deine Soldaten den indianischen Frauen bei, und schon jetzt haben wir ein Dutzend, deren Bäuche schwellen werden.«
Cecilia sollte die Reise durch die Wüste heil überstehen, ritt teils auf einem Maultier, wurde teils von ihren Dienern in einer Hängematte getragen, und ihr Sohn war das erste Christenkind, das in Chile zur Welt kam. Juan Gómez vergalt uns die erwiesene Gunst mit seiner bedingungslosen Treue, die in den Monaten und Jahren, die vor uns lagen, von unschätzbarem Wert sein sollte.
Als schon alles bereit war und wir mit der Handvoll Soldaten, die uns begleiten wollten, die Reise hätten beginnen können, tauchte unerwartet ein neues Hindernis auf. Ein Angehöriger des Hofs, ehemals Sekretär von Pizarro, kehrte aus Spanien zurück, wo ihm der König die Ermächtigung erteilt hatte, die Gebiete südlich von Peru zu erobern, von der Atacamawüste bis hinunter zur Magellanstraße. Tadellose Manieren hatte dieser Sancho de la Hoz, und er redete sehr freundlich, war jedoch grundverdorben und falsch. Aber immer fein herausgeputzt mit seiner Halskrause aus Spitze und seinen Duftwässerchen! Erst lachten dieMänner hinter seinem Rücken, aber bald fingen sie an, es ihm gleichzutun. Er sollte der Expedition gefährlicher werden als die Grausamkeit der Wüste oder der Haß der Indios; durch nichts hat er verdient, daß sein Name in dieser Chronik genannt wird, doch kann ich ihn nicht verschweigen, da er später noch eine Rolle spielen wird, und hätte er erreicht, was er wollte, Pedro de Valdivia und ich hätten unsere Bestimmung niemals erfüllt. Durch seine Ankunft gab es nun also zwei Männer für die eine Unternehmung, und über Wochen sah es aus, als steckte die unwiderruflich fest, doch nach vielen Verhandlungen und Aufschüben entschied Gouverneur Pizarro, daß die beiden die Eroberung Chiles als Bundesgenossen betreiben sollten: Valdivia würde den Landweg nehmen, de la Hoz den Seeweg, südlich der Wüste würden sie zueinanderstoßen. »Du siehst dich gut vor, Mamita, vor diesem Sancho«,
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