Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Stengeln, muß weder dreschen noch worfeln. Der Anbau ist so mühelos und die Ernte so reich, daß sich Indios wie Spanier überall in der Neuen Welt vor allem von Mais ernähren.
Valdivia und Monroy kehrten zurück und verkündeten freudestrahlend den Erfolg ihrer diplomatischen Bemühungen: Vitacura würde uns einen Besuch abstatten. Don Benito warnte, ebendieser Kazike habe Almagro hintergangen und man müsse auf jedwede Schandtat gefaßt sein. Aber das dämpfte unsere Zuversicht nicht. Wir hatten genug vom Kämpfen. Die Männer polierten ihre Helme und Rüstungen auf Hochglanz, wir schmückten den Platz mit Standarten, bildeten ein Rund mit den Pferden, um die Gäste ein bißchen zu beeindrucken, und stellten mit den vorhandenen Instrumenten ein Orchester zusammen. AlsVorsichtsmaßnahme ließ Valdivia die Arkebusen laden und übertrug Quiroga das Kommando über eine Gruppe von Schützen, die sich verborgen halten und im Notfall eingreifen sollten. Vitacura erschien mit drei Stunden Verspätung, was jedoch dem Protokoll der Inkas entsprach, wie uns Cecilia erklärte. Er war mit schillernden Federn geschmückt, hielt als Zeichen seiner Würde eine kleine Axt aus Silber in der Hand und wurde nach Art der Noblen von Peru von seiner Familie und etlichen Mitgliedern seines Hofstaats begleitet. Sie kamen ohne Waffen. Vitacura brachte die Übersetzer durch eine endlose und sehr verwickelte Rede auf quechua in Bedrängnis, und Valdivia tat selbiges mit einem halbstündigen Erguß auf spanisch. Als Geschenk brachte der Kazike einige Goldkörnchen, die, wie er sagte, aus Peru stammten, daneben kleinere Gegenstände aus Silber und Decken aus Alpakawolle; auch bot er uns eine gewisse Zahl seiner Hörigen an, die uns beim Aufbau der Stadt helfen sollten. Im Gegenzug beschenkte unser Generalhauptmann den Gast mit Flitterzeug aus Spanien und mit Hüten, die von den Quechuas sehr geschätzt wurden. Ich ließ ein üppiges Mahl auftragen und dazu in Strömen Chicha aus Kaktusfeigen und einen starken Schnaps aus fermentiertem Mais, der Muday heißt.
»Gibt es Gold in der Gegend«, stellte Alonso de Monroy die Frage, die auch allen andern auf den Nägeln brannte.
»Kein Gold, aber in den Bergen gibt es eine Silbermine«, antwortete Vitacura.
Die Nachricht wurde von unseren Soldaten begeistert aufgenommen, verdüsterte jedoch Pedros Stimmung. Am Abend, als die anderen sich schon ausmalten, was sie mit dem Silber tun würden, das sie noch nicht besaßen, machte Pedro mir gegenüber seinem Unmut Luft. Wir hatten Pizarros Zelt auf unserem Grundstück aufgebaut – die Mauern unseres Hauses standen noch nicht, von einem Dach zu schweigen – und saßen zusammen im Waschzuber, den wirmit kaltem Wasser gefüllt hatten, um uns von der drückenden Hitze des Tages zu erholen.
»Das mit dem Silber ist ein Jammer, Inés! Ich wünschte, Chile wäre so arm, wie immer behauptet wurde. Ich wollte hier ein tüchtiges und redliches Volk begründen. Es soll nicht durch schnellen Reichtum verkommen.«
»Noch bleibt abzuwarten, ob es diese Mine überhaupt gibt, Pedro.«
»Ich hoffe nicht, aber die Männer werden sich unmöglich davon abhalten lassen, nach ihr zu suchen.«
Und so war es. Schon am nächsten Tag hatten sich mehrere Soldatentrupps zusammengefunden, um in der Umgegend nach der verfluchten Mine zu suchen. Etwas Besseres konnte unseren Feinden gar nicht passieren: Unsere Streitmacht war in kleine Gruppen versprengt.
Der Generalhauptmann bestimmte den ersten Rat der Stadt, indem er seine treuesten Gefährten zu Räten ernannte, und teilte sodann sechzig Ländereien mit den dazugehörigen Indios für die Arbeit unter den verdientesten Männern der Expedition auf. Mir schien es überstürzt, Land und hörige Indios zu verteilen, die wir nicht hatten, zumal wir die wahren Ausmaße und Reichtümer Chiles noch gar nicht kannten, aber so ist es immer: Man pflanzt eine Fahne auf, erklärt den Besitz auf Urkunden mit Siegel, und wenn er dann in handfestes Gut verwandelt werden soll, beginnen die Unannehmlichkeiten, weil man den Eingeborenen ihre Habe wegnehmen und sie überdies zwingen muß, für die neuen Herren zu arbeiten. Dennoch fühlte ich mich sehr geehrt, weil Pedro mich mit der größten Länderei und den dazugehörigen Indios bedachte, als wäre ich der erste seiner Hauptleute, weil ich, wie er sagte, ebensolche Gefahren bestanden hätte wie der tapferste seiner Soldaten, die Expedition durch mich mehr als einmal vor dem Scheitern
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