Ines oeffnet die Tuer
erst mal finden.«
»Du warst ja kaum zwei Minuten weg«, gab Sonja zurück â und dann fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. »Ines! Was ist mit deinen Haaren passiert?«
»Habe sie kurz durchgebürstet.« Diese Lüge war ein echter Hochgenuss. »Bin zu Hause nicht dazu gekommen.«
Sonja war sprachlos. Sie streckte die Hand aus und berührte Inesâ Locken, um ihre Echtheit zu prüfen.
»Wie hast du das gemacht?«
»Sag ich doch, einmal durchgekämmt. Sieht man das nicht?«
Ines wandte sich an Karol. Auch dieser starrte gebannt auf die Locken.
»Dein Mund steht offen«, scherzte sie. »Gleich regnet es rein.«
»Ich ⦠habe vorhin gar nicht bemerkt, dass du dir Locken gemacht hast«, sagte er nach einer Weile. »Aber ⦠wow! Sieht toll aus.«
»Du verteilst heute an jedes Mädchen Komplimente, was?«, sagte Ines und war verwundert über die eigene Keckheit. »Pass mal auf, dass du da nicht durcheinanderkommst.«
Karol schüttelte den Kopf. »Steht dir wirklich besser als das glatte Haar. Solltest du öfter tragen.« Er lächelte, aber diesmal weniger aufgesetzt als an der Bushaltestelle oder in der Eisdiele. Ines hatte es tatsächlich geschafft, ihn aus der Fassung zu bringen.
»Jetzt sei mal leise«, befahl sie und zeigte auf die Band. »Ich will noch was von der Musik mitkriegen.«
Als sie sich abwandte, grinste sie innerlich über Karols Gesichtsausdruck. Er war es nicht gewohnt, dass ein Mädchen ihm die kalte Schulter zeigte.
Das macht SpaÃ, dachte sie. Aber wer so eingebildet ist, hat es nicht anders verdient.
Sonja war allerdings noch nicht mit ihr fertig. Sie zerrte Ines ein Stück von Karol fort.
»Jetzt sag schon, wie hast du das mit den Haaren gemacht?«
Ines entzog sich ihrem Griff. »Lass mich ⦠es ist nichts.«
»Hallo? Du verschwindest für eine Minute und kommst plötzlich mit Locken wieder? Erst dachte ich, es wäre eine Perücke ⦠ist es eine?« Sonja zog an einer Locke.
»Au!«, fluchte Ines. »Es ist echt, sieht man das nicht?«
»Doch, aber ⦠das kann nicht sein. Es ist ja nicht mal deine Haarfarbe!«
»Reg dich ab! Ich erkläre es dir. Nur nicht jetzt. Oder willst du uns völlig blamieren?«
Sie drehte sich zu Karol um. Der hatte sich zu Anfisa gestellt, sah aber immer wieder zu Ines herüber.
Was so ein paar Locken für einen Unterschied machen, staunte Ines. Oder sind es gar nicht die Locken? Ist es, weil ich mehr aus mir herauskomme?
Sie fing noch einige weitere Blicke auf, vor allem die der Jungs, und lieà sich erst nach einer Stunde zum Aufbruch überreden. Sonja war beleidigt, weil Ines ihr das Geheimnis der Locken nicht verraten wollte. Sie hatte für diesen Tag genug.
Von der Tür des Refugiums war im Flur nichts mehr zu sehen, als die Freundinnen den Bandraum verlieÃen.
Aber das wunderte Ines gar nicht.
Â
Ihr Abschied von Sonja war kühl.
Ines fuhr allein nach Hause. Als sie die Wohnungstür aufschloss, schwand ihr Hochgefühl. Es war Viertel nach acht. Ãber eine Stunde später, als sie mit ihrer Mutter vereinbart hatte.
Sie versuchte, sich möglichst unbemerkt in ihr Zimmer zu schleichen. Aber im Wohnzimmer warteten ihre Eltern, und zwar alle beide. Ein seltenes Bild. Carmen legte eine Patience, Veith las Zeitung.
Sie blickten auf.
»Du bist zu spät, Ines.« Carmens Stimme klang traurig. Sie schob die Karten auf dem Tisch zusammen, ohne die Augen von ihrer Tochter zu nehmen. »Wir hatten uns auf sieben Uhr geeinigt!«
»Ich habâs nicht geschafft, tut mir leid.«
Carmen lieà das Kartenspiel auf die Tischkante sausen, damit sich die letzten Karten einordneten. »Wo warst du? Ich habe versucht, dich auf dem Handy zu erreichen. Ich habe sogar bei Sonjas Eltern angerufen, aber die wussten auch nichts.«
Ines wurde sauer. »Da bin ich mal eine Stunde zu spät und du spionierst mir gleich hinterher! Sonst interessiert dich doch auch nicht, was ich mache.«
»Ich will wissen, wo du warst.« Carmen blickte ihren Mann an. »Sag doch auch mal was.«
»Sie ist kein Kind mehr«, seufzte Veith. »Da sagt sie uns nicht mehr alles.«
»AuÃerdem riechst du nach Rauch.« Carmen schüttelte verbittert den Kopf. »Und das mit dreizehn! WeiÃt du, wie schlecht das für deine Lunge ist? Und für deine
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