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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Hirschhorn, und in der Brusttasche steckte ein rotes Taschentuch. Um den Hals trug der Mann eine gestreifte Krawatte, die etwas zu fest gebunden war, denn die Haut darüber wellte sich. Eine goldene Nadel heftete die Krawatte an das Hemd.
    Â»Guten Tag«, sagte der alte Herr, und seine Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. »Bist du Ines Larik?«

29.
    Ines wusste sofort, wer er war.
    Der Mann, der Agnes am Tag ihres Verschwindens im Dorf aufgesucht hatte. Der Mann, über den sie am Telefon gesprochen hatte. Der Mann, der das Refugium suchte …
    Keine Angst zeigen, befahl sie sich. Einfach so tun, als wüsstest du von nichts.
    Â»Ja, ich bin Ines«, sagte sie und wich dem Blick des Mannes aus. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
    Â»Oh, ich habe geraten.« Seine Stimme war voll und dunkel wie ein Kontrabass. »Ich bin ein guter Freund deiner Großmutter Agnes. Sie hat mir viel von dir erzählt.«
    Wie kann man so dreist lügen?, wunderte sich Ines. Ganz bestimmt hat Oma ihm kein Wort über mich gesagt.
    Â»Also, mir hat sie nichts von Ihnen erzählt«, erwiderte sie schnippisch. »Wer sind Sie eigentlich?«
    Das Lächeln in seinem Gesicht schien wie festgefroren. »Mein Name ist unwichtig. Ich bin hier, weil ich deine Großmutter suche. Wir hatten eine Verabredung in dem Dorf, wo sie lebt. Aber dann verschwand sie plötzlich und war nicht mehr zu finden. Sie ist wohl verreist.«
    Â»Kann sein«, sagte Ines. »Wir wissen auch nicht, wo sie ist. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.«
    Â»Oh, ich bin mir sicher, dass du mir helfen kannst.« Der alte Herr ließ sie nicht aus den Augen. Sein Starren war unangenehm. »Eine Frau aus dem Dorf berichtete mir, dass du Agnes Larik neulich besucht hast. Sie hätte dich mit dem Bus ankommen sehen, aber nicht wieder abfahren. Darf ich fragen, was du so lange bei deiner Oma gemacht hast?«
    Er zog sich langsam die Handschuhe aus. Die Finger darunter waren glatt und weiß wie die Hände einer Wachspuppe.
    Â»Ich habe sie eben besucht«, antwortete Ines, ohne sich ihren Widerwillen anmerken zu lassen. »Darf man das denn nicht?«
    Sein Gesicht zeigte keine Regung. »Selbstverständlich. Es ist schön, wenn man eine so enge Bindung zu seinen Großeltern hat, nicht wahr?«
    Er weiß vom Refugium, dachte Ines. Ich wette, er will herausfinden, ob Agnes mir davon erzählt hat.
    Sie blickte ihm fest in die Augen. »Ich kann Ihnen wirklich nicht weiterhelfen. Vielleicht möchten Sie ja mit meinen Eltern sprechen? Ich werde sie einfach holen.«
    Da sein massiger Leib den Eingang versperrte, konnte Ines nicht an dem alten Herrn vorbei. Stattdessen drückte sie die Klingel, gleich zweimal.
    Hoffentlich hat Carmen nicht ihre Kopfhörer auf, flehte sie stumm.
    Der alte Herr ließ sich nicht beeindrucken. »Keine Umstände. Ich will deine Eltern nicht behelligen, Ines. Ich dachte, du wüsstest etwas über den Verbleib deiner Oma. Aber vielleicht habe ich mich geirrt.«
    Ines starrte auf die Gegensprechanlage. Mach schon, Mama, fluchte sie still. Du musst das Klingeln doch gehört haben.
    Â»Agnes Larik hat nämlich etwas, das eigentlich mir gehört«, fuhr der alte Herr fort. »Und ich habe etwas für sie.«
    Er winkte dem Fahrer im Auto zu. Der Glatzkopf stieg aus der Limousine. Er war fast ebenso groß wie der alte Herr und sehr dürr, trug einen verwaschenen Anzug und ging kerzengrade, als wäre sein Rückgrat starr. In den Händen hielt er einen Karton.
    Ines bekam Angst. Was wollten diese Männer? War in dem Karton eine Waffe? Wollten sie sie bedrohen?
    Sie klingelte wieder. Diesmal Sturm.
    Â»Zeig der Kleinen den Inhalt, Serge«, befahl der alte Herr dem Glatzkopf. »Vielleicht erkennt sie ihn.«
    Ohne sein Gesicht zu verziehen, öffnete der Fahrer den Karton und entnahm ihm einen Schuh!
    Er sah alt und staubig aus, so als hätte er lange unter einem Möbelstück gelegen. Die Hacke war schlammverkrustet. Doch obwohl er in keinem guten Zustand war, wohnte dem Schuh ein Zauber inne. Er war so filigran, als wäre er für den schönsten Fuß der Welt gefertigt worden und warte nur darauf, dass dieser hineinschlüpfte.
    Am auffälligsten war die Schnalle. Sie war ein Schmetterling aus Silber, wenn auch schwarz angelaufen und abgestoßen. Seine verzierten Flügel schienen sich leicht zu bewegen, so als

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