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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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zu Hausen herein.
    Â»Und? Waren Sie bei Ihrem Professor?«
    Er sah elend aus, sein Gesicht unrasiert, die Kleidung zerknittert, und bestimmt hatte er in der letzten Nacht kaum geschlafen, denn seine Augen waren rot geädert.
    Â»Ja, ich war gestern Abend bei ihm.« Herr zu Hausen vergewisserte sich mit einem Blick über die Schulter, dass Veith nicht lauschte. Aber der hing wieder am Telefon. Wahrscheinlich rief er zum x-ten Mal bei der Polizei an.
    Â»Und? Hat er es gelesen?«
    Â»Er kam leider nicht dazu.« Herr zu Hausen holte tief Luft. »Ines … ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll.«
    Â»Darf ich raten?«, fragte sie düster. »Er will es länger behalten.«
    Â»Nein. Ich fuhr wirklich mit der Absicht zu ihm, das Buch zu holen. Ich weiß doch, wie wichtig es dir ist.« Er druckste herum. »Mein Professor hat das Buch nicht gelesen, weil es verschwunden ist.«
    Ines blieb kurz der Atem weg.
    Â»Was? Das Buch ist verschwunden?«
    Herr zu Hausen nickte zerknirscht. »Ja. Er kann es sich auch nicht erklären. Es lag auf seinem Schreibtisch. Nur er und seine Sekretärin haben Zugang zu dem Büro. Und trotzdem war das Buch gestern Morgen nicht an seinem Platz. Fort. Gestohlen.«
    Diese Botschaft war niederschmetternd.
    Â»Jemand muss sich in das Büro geschlichen und das Buch eingesteckt haben. Dass es alt und wertvoll ist, sieht man auf den ersten Blick.« Herr zu Hausen raufte sich den Bart. »Es gibt an Universitäten immer wieder Diebstähle. Aber dass es ausgerechnet dein Buch trifft, ist Pech.«
    Nein, nicht Pech, dachte Ines. Es ist eine Katastrophe.
    Â»Wir müssen zur Polizei«, sagte Herr zu Hausen. »Die werden den Dieb finden. So ein Buch lässt sich nicht leicht zu Geld machen, es besteht eine gute Chance, dass der Dieb es einem Händler anbietet …«
    Â»Nein«, entschied Ines. »Nicht die Polizei. Ich will nicht, dass sie mich ausfragen.«
    Er blickte sie erstaunt an. »Warum nicht? Du hast das Buch doch von deiner Oma, oder?
    Â»Keine Polizei! Diesmal machen wir es so, wie ich es will. Sie haben genug Unheil angerichtet.«
    Herr zu Hausen seufzte.
    Â»Du hast recht. Es ist meine Schuld. Ich hätte das Buch nicht hinter deinem Rücken weitergeben sollen.«
    Â»Na, wenigstens sehen Sie es ein!«
    Â»Aber wenn wir nicht zur Polizei gehen, was dann? Wir müssen das Buch wiederfinden.« Herr zu Hausen dachte nach. »Ich werde auf jeden Fall alle Hebel in Bewegung setzen. Ich kenne viele Antiquare, die mit historischen Büchern handeln. Bestimmt versucht der Dieb, es an einen von ihnen zu verkaufen. So erwischen wir ihn!«
    Ines bezweifelte es. Sie glaubte keine Sekunde daran, dass der Diebstahl ein Zufall war.
    Â 

35.
    Ines lief auf einer Straße unter grauem Himmel, dessen Wolken bedrohliche Formen bildeten. Sie war auf dem Weg nach Hause, kam aber nicht voran, so als wäre der Gehweg ein Laufband, das sich in entgegengesetzter Richtung bewegte. Die Straße war menschenleer, kein Auto weit und breit. Aber als Ines zurückblickte, bog eine bronzefarbene Limousine um die Ecke. Der glatzköpfige Fahrer starrte mit unbewegter Miene durch die Frontscheibe. Neben ihm saß der alte Herr. Die Seidenhandschuhe hatte er abgestreift und er hielt Vopelians Buch in den wächsernen Händen. Er blätterte darin und warf Ines einen vielsagenden Blick zu.
    Ines floh in eine Seitenstraße in der Hoffnung, dass die Limousine ihr nicht folgen würde. Die Häuser ringsum waren schmutzig, aus den Briefschlitzen ragten zerrissene Werbeprospekte, wie bei dem Wohnblock, in dem Karol lebte. Sie steuerte wahllos auf eine der Türen zu – und bemerkte erst im letzten Augenblick das braune, gemaserte Holz und den Widderhorngriff. Es war das Refugium!
    Erleichtert riss Ines die Tür auf, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber innen war es stockfinster. Sie erkannte den Schemen des Sessels und darin eine Gestalt, die ihr den Rücken zugewandt hatte. Erschrocken wich Ines zurück, sah, wie die Gestalt sich unendlich langsam aus dem Sessel erhob, und hörte eine zittrige Stimme.
    Â»Ines … die Regeln … du hast die Regeln verletzt …«
    Es war Agnes.
    Ines wollte auf sie zulaufen, sie an der Hand packen und aus dem Refugium zerren. Aber ihre Finger griffen ins Leere …
    Schweißgebadet erwachte sie und fuhr in die Höhe.
    Sie war in ihrem

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