Ines oeffnet die Tuer
Hingucker.
»Ich sage dir, an uns kommt heute keiner vorbei«, lachte Sonja. »Der Abend gehört uns!«
Langsam füllte sich die Aula wieder. Diesmal waren es vor allem ältere Schüler, ab Klasse acht aufwärts, und ein paar Lehrer, die sich dezent im Hintergrund hielten. Die Disco begann. Paula, die Schülersprecherin aus Klasse zehn, sorgte für Musik und spielte von einem Notebook Songs ein. Die Deckenlichter wurden gelöscht, Scheinwerfer sprangen an, Lautsprecher knisterten ⦠und langsam, ganz allmählich, kam Stimmung auf.
»Nachher tritt übrigens die Band aus dem Jugendklub auf«, rief Sonja Ines zu. »Du weiÃt schon, die von Anfisas Bruder.«
»Echt? Wusste ich gar nicht. Die sind doch gar nicht auf unserer Schule.«
»Doch, der Bruder schon. Ich finde den ja total heiÃ. Bei der Probe im Bandraum musste ich ihn die ganze Zeit ansehen.«
»Der?« Ines machte groÃe Augen. »Aber der ist doch schon siebzehn! Das kannst du vergessen.«
»Ja und? Darf ich nicht wenigstens für ihn schwärmen?«
Da waren sie wieder bei ihrem Lieblingsthema â Jungs. In letzter Zeit sprachen sie ganz schön häufig darüber. Und auf dem Fest waren alle Jungs der Schule versammelt, auch die aus den höheren Klassen. Eine gute Gelegenheit, sie genau unter die Lupe zu nehmen.
Sie stellten fest, dass ihr Geschmack nicht mehr so übereinstimmte wie früher. Damals hatten sie oft dieselben Jungs gut gefunden. Inzwischen gefielen Sonja vor allem die Ãlteren und Dunkelhaarigen, während Ines die blonden Acht- und Neuntklässler bevorzugte.
»Was? Den findest du hübsch? Hast du dir seine Nase angesehen?«
»Wieso, die ist doch klasse ⦠also besser als die Stupsnase von dem Typen, den du mir vorher gezeigt hast.«
»Welchen meinst du? Den aus der Zehnten? Oder den, der da hinten bei den Lehrern steht?«
»Nein, den doch nicht ⦠ich meinte den aus der Theatergruppe, der den blinden Gangster gespielt hat. Hast du nicht gesagt, dass du auf den stehst?«
So ging es hin und her. Ines und Sonja hatten jede Menge SpaÃ. Und als die Band aus dem Jugendklub auftrat, waren sie in Höchstform. Sonja zerrte Ines in die Mitte der Aula, wo schon ein paar Mädchen tanzten. Die Jungs standen nur herum und glotzten. Und wenn Ines sich nicht täuschte, schauten viele in ihre Richtung, als sie begannen, sich im Takt der Musik zu bewegen und zu kichern, als hätten sie doch Sekt in ihre Bowle gekippt.
Ines fühlte sich wunderbar. So frei, so hübsch und bewundert!
Mit Sonja an ihrer Seite hätte sie die ganze Welt erobern können.
Dann sah sie Karol.
Er stand vor der Bühne, neben Anfisa. Die junge Russin sah wieder einmal verboten gut aus, auch wenn ihr Kleid im Vergleich zu dem von Ines ziemlich langweilig war. Ines konnte sich kaum mehr auf das Tanzen konzentrieren. Immer wieder spähte sie zu den beiden hinüber.
Sonja bemerkte es gleich. Sie packte Ines an der Schulter und zog sie zu sich heran.
»Und? Willst du nicht zu ihm gehen und ihn fragen, ob er mit dir tanzt?«
»Du spinnst wohl! Der redet mit der anderen, das siehst du doch.«
»Na, von alleine kommt er nicht zu dir«, stellte Sonja fest. »Du musst schon mutiger sein. Mensch, Ines â wann, wenn nicht heute? Du siehst fantastisch aus in dem Kleid, alle schauen dich an, und du traust dich nicht, Karol anzuquatschen?«
Ines senkte den Kopf. »Ja, stell dir vor, ich trau mich nicht.«
»Tu es trotzdem«, befahl Sonja. »Ich wette mir dir, er lässt dich nicht abblitzen!«
Ihr Tonfall duldete keine Widerrede.
Ines atmete tief durch. In ihrem Kopf dröhnte die Musik aus dem Lautsprecher.
Sie nahm allen Mut zusammen und ging durch die Reihen der Tanzenden auf Karol zu.
Â
39.
Er sah sie schon von Weitem, drehte den Kopf in ihre Richtung, blickte auf ihr Kleid, dann in ihr Gesicht, lächelte und wandte sich von Anfisa ab.
Ines war heià und kalt zugleich. Sie spürte den Stoff des Kleids auf ihrer Haut. Das gab ihr Sicherheit.
Ich bin hübsch, beschwor sie sich in Gedanken, alle haben es gesagt, Carmen, Veith, Lara, Sonne ⦠ich brauche vor nichts Angst zu haben!
Schon stand sie vor ihm.
»Hallo, Ines«, begrüÃte Karol sie.
Sie sahen sich in die Augen. Ines spürte, dass er etwas sagen wollte, aber er zögerte.
»Warum hast du nicht angerufen?«, fragte
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