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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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beschrieb, ist er derselbe, der im Dorf nach Agnes gefragt hat! Was weißt du darüber? Hat er dich bedroht?«
    Ines machte sich von ihrem Vater los.
    Â»Das ist alles nicht wichtig«, stammelte sie. »Wo ist Julian?«
    Â»Julian?« Veith schüttelte den Kopf. »Lenk nicht ab. Dein Bruder macht sich genauso große Sorgen um dich. Er ist heute Morgen sogar auf eigene Faust losgezogen, um im Viertel nach dir zu suchen.«
    Ja, das klingt nach Julian, dachte Ines. Sie konnte sich gut vorstellen, wie ihr Bruder mit einem Stock in der Hand die Büsche abklopfte, um Ines zu finden, sich dabei wilde Geschichten ausdachte und die Zeit vergaß.
    Â»Ihr wisst also nicht, wo er ist?« Ines’ Stimme überschlug sich fast.
    Ihre Eltern tauschten einen besorgten Blick.
    Â»Du bist ja völlig durcheinander«, sagte Carmen. »Wir müssen jetzt erst einmal der Polizei Bescheid sagen, dass du wieder hier bist. Sie wollten bis zum frühen Abend warten, bis sie mit der Suche beginnen.«
    Â»Wo warst du denn nun?«, fragte ihr Vater. »Warst du mit diesem Karol zusammen? Hast du dich weggeschlichen, damit wir es nicht bemerken? Wie bist du aus der Wohnung gekommen? Bist du aus dem Fenster geklettert?«
    Ja, dachte Ines. Aber nicht so, wie du denkst.
    Â»Ich sehe schon, das Fräulein will nicht reden.« Carmens Stimme klang plötzlich sehr kühl. »Dann ab auf dein Zimmer, Ines. Wir sprechen uns später!«
    Das war genau das, was Ines wollte. Sie schnappte sich Vopelians Lampe und das Foto und rannte im Hausflur die Treppe empor. Die Wohnungstür oben stand offen.
    Â»Julian?«
    Sie eilte ins Zimmer ihres Bruders, um sich zu vergewissern, dass er nicht dort war.
    Was haben sie mit ihm gemacht? Haben sie ihn entführt?
    Sie war verzweifelt, stolperte fast über Julians Legosteine und sein Weltraumspielzeug und rannte in ihr eigenes Zimmer.
    Ihr Blick fiel sofort zur Wand.
    Die Tür des Refugiums war an Ort und Stelle.
    Ines zitterte am ganzen Leib, als sie die Widderhornklinke mit der Hand umschloss.
    Ob der alte Herr noch drinnen war? Wartete er auf Ines? Waren die Ohrenschützer nur eine Finte gewesen?
    Egal … die Sorge um Julian überwog ihre Angst.
    Entschlossen riss sie die Tür des Refugiums auf.
    Ihre Augen huschten durch den halbdunklen Raum. Das Fenster war geschlossen, der Vorhang zugezogen. Auf dem Teppich lag Vopelians Schachspiel. Die Figuren waren über den ganzen Raum verstreut. Der Sessel schnurrte behaglich, als er Ines’ Nähe spürte. Auf der Kommode atmete die Uhr ruhig ein und aus.
    Niemand war hier.
    Ines tastete nach dem Drehschalter. Die Glühbirnen sprangen mit einem surrenden Geräusch an.
    Keine Spur von dem alten Herrn, nichts!
    Halt! Dort auf der Kommode, neben der Uhr, lag etwas. Es war ein schmales, silbernes Gerät mit kleinen Knöpfen und einer blinkenden Anzeige:
1 Tonnachricht
, stand dort, und:
Press Play.
    Â»Ein Diktiergerät«, flüsterte Ines. So etwas hatte sie schon mal im Fernsehen gesehen.
    Mit dunkler Vorahnung näherte sie sich der Kommode und nahm das Gerät in die Hand. Es war schwer und wirkte aus der Nähe betrachtet edel und wertvoll.
    Ihre Hand zitterte, als sie den Knopf mit dem Startzeichen drückte.
    In dem silbernen Lautsprecher des Geräts knackte es. Jemand räusperte sich, ein Mann mit einer dunklen Stimme.
    Â»Guten Tag, Ines. Ich hoffe, dass du diese Botschaft rasch empfängst und sie dir in Ruhe anhörst, ehe wir weiteren Ärger bekommen.«

50.
    Sie taumelte rückwärts, ließ sich in den Sessel fallen und lauschte.
    Der Lautsprecher des Diktiergeräts knackte, während der alte Herr fortfuhr.
    Â»Um ehrlich zu sein, dachte ich nicht, dass wir uns noch einmal begegnen. Ich war entsetzt, als du aus dem Fenster in den Nebel gesprungen bist. Wie töricht und dumm! Weißt du nicht, wie viele in ihm verschwunden sind?«
    Er schnaubte empört.
    Â»Ich habe nach dir gerufen, mehrfach! Aber du hast mich nicht gehört oder wolltest mich nicht hören. So musste ich davon ausgehen, dass der Nebel dich verschlungen hat wie all die anderen.«
    Ines mochte sich täuschen, aber sie glaubte, Angst aus seiner Stimme herauszuhören. Vielleicht war der Nebel sogar das Einzige, wovor der alte Herr überhaupt Angst hatte …
    Â»Nun«, wisperte die Stimme aus dem Lautsprecher, »ich glaubte also, du wärst verloren und

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