Infam
ausmacht.«
»Kein Problem.« Ich fragte mich, ob Bishop wirklich einen Zusammenstoß mit einem anderen Insassen gehabt hatte oder an einen Wärter geraten war, der nichts für Frauenschläger übrig hatte.
Die Schutzhaftabteilung liegt im Keller des Gefängnisses und ist ein Zellentrakt wie alle anderen auch, allerdings ohne Zugang zu den Gemeinschafts- und Freizeiteinrichtungen. Außerdem war es hier unten kalt und dunkel, möglicherweise um die Insassen daran zu erinnern, dass ihr Schutz eine zusätzliche Bürde für das System darstellte und nichts, das ihnen Mitleid einbrachte.
Nur eine Hand voll der Zellen waren besetzt. Ein Wärter führte mich zur letzten in der Reihe. Darwin Bishop, bekleidet mit dem gleichen anonymen orangefarbenen Overall wie Billy, lag auf einer Pritsche. »Besuch für Sie, Bishop«, sagte der Wärter, ehe er sich umdrehte und davonging.
Bishop setzte sich auf. Seine Lippe war aufgeplatzt, doch ansonsten schien er keinen großen Schaden genommen zu haben. »Dr. Clevenger«, sagte er matt. »Was führt Sie hierher?«
Gute Frage. Wollte ich mit eigenen Augen sehen, dass die Wahrheit einen Mann eingeholt hatte, der so lange vor ihr davongelaufen war? Oder hatte Julia einen so ursprünglichen Konkurrenztrieb in mir geweckt, dass ich mich an der Niederlage eines Rivalen weiden wollte? Schließlich war es meine Absicht gewesen, sie ihm wegzunehmen. »Ich bin nicht sicher, warum ich hier bin«, gestand ich.
»Ich bin nicht ins Krankenhaus gekommen, um Julia etwas anzutun«, sagte er. »Ich liebe sie, wahrscheinlich mehr, als ich sollte. Ich habe die Beherrschung verloren. Und das ist zum Teil Ihre Schuld. Sie haben eine Affäre mit ihr.«
»Ihre Familie zu terrorisieren ist nicht die beste Strategie, um sich ihre Treue zu sichern«, bemerkte ich. »Selbst Affären zu haben hilft auch nicht gerade.«
»Das ist keine Entschuldigung für das, was Sie getan haben«, konterte er. »Ich habe Ihnen nie etwas weggenommen, was Ihnen gehört.«
»Haben Sie deshalb gestern Ihre Leibwächter zu meiner Wohnung geschickt?«, fragte ich. »Um es mir heimzuzahlen?«
»Ja«, antwortete er. »Ich wünschte, Sie wären zu Hause gewesen. Dann würden Sie jetzt schlimmer aussehen als ich.«
»Dafür ist es zu spät«, erwiderte ich.
»Wahrscheinlich.« Er fuhr sich mit dem Finger über seine Lippe. Sie blutete. »Sie sind nicht der Erste, nur damit Sie das wissen. Ihr Kumpel North hat sich auch schon mit ihr vergnügt. Sie ist nicht wählerisch«, sagte er und betrachtete das Blut.
Ich schwieg.
Bishop sah mich an. »Es macht Ihnen nicht einmal etwas aus«, stellte er fest. »Sie wollen sie trotz allem. Sie sind süchtig nach ihr, genau wie er es war.« Er stockte. »Genau wie ich es bin.« Er sah zur Decke, holte tief Luft und schüttelte den Kopf, als könne er noch immer nicht ganz glauben, was mit ihm geschehen war. Dann wanderte sein Blick über die Wände der Zelle. »Ich bin nicht das erste Mal in dieser Lage«, erklärte er leise. »Allein. Mit nichts. Ich bin bald wieder obenauf.«
Die Art, wie er diese Worte aussprach, beinahe wie ein Mantra, um sich zu beruhigen, ließ beinahe so etwas wie Mitleid in mir aufkeimen. »Ich bin sicher, dass Sie mit Ihren Talenten innere Bereicherung finden werden«, bemerkte ich.
Drake Slattery, Lillys Internist, rief mich kurz vor 7 Uhr früh an, um mir mitzuteilen, dass Lilly im Lauf des Vormittags entlassen werden würde. Ich versprach ihm, dass ich kommen würde, um mich von ihr zu verabschieden.
Als ich ihr Zimmer betrat, saß sie in Alltagskleidung – einer weißen Jeans und einer schlichten hellgrünen Bluse – in einem der Sessel neben ihrem Bett und las. Sie hatte ihre blonden Locken über eine Schulter frisiert und rosa Lippenstift aufgelegt. »Kommen Sie rein«, sagte sie lächelnd.
Ich setzte mich in den anderen Sessel. »Irgendetwas Interessantes?«, fragte ich und deutete mit einem Nicken auf die Zeitschrift.
Sie hielt sie hoch, damit ich das Titelblatt sehen konnte. Es war eine Ausgabe von
True Confessions
, einer jener Illustrierten mit wahren Lebensbeichten. »Passt doch, oder nicht?«, bemerkte sie.
Ich lächelte. »Irgendwie schon.«
»Entlassungstag«, sagte sie.
»Wie fühlen Sie sich?«
»Ehrlich?«
»Natürlich.«
»Ich würde es so gern wieder tun«, gestand sie.
»Das Spritzen.«
Sie nickte. »Ich denke fast den ganzen Tag daran. Manchmal träume ich sogar nachts davon.« Sie sah mir in die Augen. »Es wird nicht leicht
Weitere Kostenlose Bücher