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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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Wert lege. Und damit begann er die Vorteile des alten Geräts aufzuzählen, bis Horgan einen Finger hob. Wir sollten doch zwei Probetoaste rösten, schlug er vor. Der Vorschlag wurde sofort angenommen, Mister Kurt schob die Schnitten in den Schlitz, wir einigten uns auf eine mittlere Stufe. Und schon nach dreißig Sekunden – ich sah auf die Uhr – tauchten geräuschlos, griffbereit und ohne die geringste Rauchentwicklung zwei Toaste von milder, gleichmäßiger Bräunung auf. Dalla Rosa brach sie in Brocken, bestrich sie mit etwas Butter und verteilte die Kostproben; ohne Drink gingen wir danach zum Abendessen über. Es verlief zunächst schweigend. Doch kaum hatten wir Flores’ beliebte durchsichtige Fettsuppe gelöffelt, flüsterte Horgan, Und auf welcher Stufe, Mister Kurt, befindet sich Ihre Verbindung mit Mayla?«
    McEllis stand auf. Er wollte sich genau erinnern. Natürlich hatte sich der Gast herausgeredet. Ein Liebender sei immer unterwegs, befinde sich nie auf einer festen Stufe. Das etwa waren seine Worte. Auf jeden Fall ein Allgemeinplatz. Von dem aus er mühelos einen Bogen zu seinen Hauptstadterlebnissen schlug und von der Revolution erzählte. Nicht uninteressant; etwas zu filmisch vielleicht. McEllis ging vom Fenster zur Wand und blieb dort stehen und horchte. Butterworth schrieb, keine Frage. Angeblich noch ein Briefchen an Gregorio, nach Singapore. Laut De Castro konnten sie ja schon bald mit ihm rechnen. Und wie würde Gregorio urteilen? Ihr habt sie verkuppelt. Am besten wäre eine rasche Hochzeit. De Castro sprach sogar von einer möglichst raschen Hochzeit, ohne besondere Gründe zu nennen. Mayla äußerte sich dazu nicht, und Mister Kurt flüchtete sich förmlich in das Erzählen von der Revolution und seiner Rettung aus Lebensgefahren. Und da mußte man ihm natürlich sagen, daß Gott diese Rettung gewollt habe, damit er zurückkehre, was er sogleich von sich wies. Diese Rückkehr habe er selbst gewollt, um seine Abwesenheit zu beenden. Darauf sprach Butterworth von einer eigenartigen Auffassung. Es gebe ja wohl keine andere Abwesenheit als die des anderen . . . McEllis eilte zur Tür. Die Hündin zwängte sich in die Kammer. Zwar hatte er alle Sondereingänge mit einer Laubsäge erweitert, aber sie rieb sich schon wieder am Holz auf. Er nahm ihr Maul in die Hände, nannte sie Warmschnäuzige, gab ihr Zukker und entließ sie auf ihren Lieblingsplatz unter seinem Bett. West-Virginia. Irgendwann war die Abendunterhaltung – sie saßen schon in der Leseecke, bei Nüssen und Bourbon – auch auf sie gekommen. Auf sie und auf Rom.
    McEllis löste einen neuen Zettel vom Block. »Ein Junges von ihr würde ich ja glatt mit nach Rom nehmen, sagte Mister Kurt beiläufig. Ein klares Manöver: Wir hatten gerade über ihn und Mayla gesprochen. Mehr regnen als hier könne es in Rom zur Zeit auch nicht, fügte er hinzu und gab dann endlich etwas von sich preis – der Vorfrühling bringe ihn fast immer um. Dieser mit Wüstensand vermischte Märzregen, der seine Terrasse verschmutze. Diese Lichtlosigkeit, dieses Verschwinden der Farben. Die seltsam vermummelten Menschen. Die fehlenden Tische vor den Cafés. Das entstellte Rom. Ein halbes Dutzend Köder für unseren Butterworth. Und wie er danach schnappte – Rom bei Regen? Bibliothekstage, Mister Kurt! Die Sonette Petrarcas, vom Dichter mit eigener Hand festgehalten, Sala Sistina, Vitrine Neun. Licht und Farben von ganz anderer Art; war der Himmel über Rom bezogen, sahen wir auf ein Deckengemälde, Saal der Sibyllen. Oder – er holte seine Spitze hervor und schob den Rest der Tageszigarette hinein – Pinacoteca Vaticana, Saal eins, Antonio Veneziano, Bildnis der Maria Magdalena, diese angedeuteten dunklen Lider, der schwache Glanz auf ihren Lippen –; Butterworth wollte noch weiter ins Detail gehen, und ich lenkte das Gespräch mit einer etwas plumpen Wetter-These auf Infanta zurück. Wer keinen Dauerregen aushalte, der halte auf Dauer auch keine Sonne aus, weil er nämlich gar nichts Dauerndes aushalte. Mister Kurt sah mich nur zustimmend an, und ich sagte, Daraus ergeben sich zwei Fragen. Erstens, wie er sich seine Zukunft mit Mayla denke; zweitens, ob das Wohnen in Gussmanns Hütte provisorisch sei oder der Beginn einer Umsiedlung. Leider war das eine Frage zuviel. Den Rest des Abends bestritt unser früherer Gast mit einer Bewertung der ersten Tage als Wilhelm Gussmanns Erbe.
    Schwerarbeit, sagte er. Nicht nur der Papierkrieg – den erledige

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