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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Lkw gesehen worden war. Bis zum Waldrand war ein Feld zu durchkämmen. Das Korn stand bis auf Bauchhöhe.
    Das habe ich mir schon immer gewünscht, dachte Matti Klatt, der seine Gruppe mit einem mulmigen Gefühl anführte, durch ein Feld mit hohem Getreide zu laufen, wo zwei Soldaten vermutet werden, die ein Maschinengewehr bei sich haben und es auch einsetzen würden.
    Sie arbeiteten sich ohne Zwischenfälle Stück für Stück vorwärts. Als sie den Waldrand erreicht hatten, fingen die hinter ihnen laufenden sowjetischen Soldaten an, in Richtung Feld zu schreien: »Stoi, stoi, stoi!« Ein Melder lief quer über das Feld und wollte jemandem eine Nachricht überbringen. Die Hündin der ersten Meute drehte den Kopf und stob davon. Die anderen Meuten schlossen sich an. Kurz bevor sie den Melder anspringen konnten, schaffte er es, sich in einen Schützenpanzerwagen zu retten. Seine Nachricht besagte, dass sich die zwei Flüchtigen auf einem bewirschafteten Bauernhof verschanzt hatten.
    Das Gebäude wurde abgeriegelt und von allen Seiten umstellt. Die Präzisionsschützen gingen in Stellung. Sie entdeckten die beiden Deserteure durch ihre Zielfernrohre. Sie lagen auf einem Heuboden, das MG in Stellung. Stürmen war ausgeschlossen. Einem Dolmetscher wurde eine Schussweste angezogen. Er stand auf dem großen Hof und rief zu ihnen hinauf. Es dauerte einige Zeit, bis ein Dialog zustande kam. Er musste erst ihr Vertrauen gewinnen, um überhaupt etwas zu erfahren. Schließlich kam er mit Antworten zurück.
    Â»Die beiden sind heute Nacht geflohen, weil sie Angst hatten. Sie wollten in Richtung Grenze und in die Bundesrepublik Deutschland fliehen. Sie werden sich den Russen nicht ergeben, da sie wissen, dass sie die Todesstrafe erwartet.«
    Major Walbe, Matti Klatt und Meixner hörten gespannt zu. Die dabeistehenden sowjetischen Offiziere hatten versteinerte Mienen. Für sie stand das Urteil tatsächlich schon fest.
    Walbe ergriff das Wort. »Unsere Aufgabe ist es, die Zivilbevölkerung zu schützen. Wenn dort oben zwei bewaffnete Männer sind, die eine akute Gefahr darstellen, müssen wir handeln. Der Rest unterliegt der Gerichtsbarkeit des sowjetischen Militärs.«
    Meixner nickte bestätigend und sagte: »Das ist ihr Todesurteil und das wissen sie! Die haben nichts zu verlieren. Also werden sie schießen und kämpfen. Nicht gerade beruhigend für uns.«
    Â»Ich weiß. Ihr beide nehmt den Dolmetscher mit und geht hoch. Beruhigt sie und versucht sie in die Nähe von Öffnungen des Gebäudes zu bekommen. Unsere Präzisionsschützen sind in Stellung. Alle bleiben im großen Funkkontakt, damit ihr jederzeit wisst, wann wir möglicherweise schießen werden. Auf geht’s, Männer!«, befahl Major Walbe.
    Großer Funkkontakt bedeutete, dass alle Beteiligten jedes Funkgespräch hören konnten, das geführt wurde.
    Matti Klatt, Meixner und der Dolmetscher stiegen die Leiter zum Heuboden hinauf. Es schlug ihnen eine unerträgliche Gluthitze entgegen. Die Wärme staute sich und die Gefahr, dass ein Brand entstand, war nicht gerade gering. Noch von der Sonne geblendet, konnten sie zunächst nur hineinblinzeln, bis sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Außer ein paar Strohballen konnten sie zuerst nicht viel erkennen. Doch dann, ganz hinten, am anderen Ende, sahen sie es. Durch zwei Strohballen konnte man das Rohr des MGs erkennen. Wie eine große schwarze Eistüte zeigte es in ihre Richtung. Sie standen genau in der Schusslinie.
    Wenn der jetzt schießt, dachte Matti Klatt, dann bleibt von mir nicht mehr viel übrig, und ich bin doch nun wirklich ein Prachtkerl. Ich bin ganz ruhig, habe keine Angst. Er versuchte, seine Anspannung unter Kontrolle zu bekommen. Jetzt galt es, sich auf die nächsten Sekunden vorzubereiten und zu konzentrieren. Mit diesem MG müssen sie nach jedem Schuss nachladen, wenn es nicht auf dem Panzer montiert ist. Das dauert mit Sicherheit fünf Sekunden. Also hat einer von uns eine Chance. Er zählte langsam bis zehn.
    Inzwischen übersetzte der Dolmetscher Meixners Worte. »Hört zu. Wir wissen, was in der Kaserne vorgefallen ist. Aber diese Flucht ist keine Lösung. Ihr bringt zu viele Unbeteiligte in Gefahr. Wenn ihr euch ergebt, erwartet euch ein fairer Prozess, in dem eure Fluchtgründe strafmildernd berücksichtigt werden. Also, nehmt die

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