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Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition)
Autoren: Manfred Köhler
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Eisloch robbte, um dann hinein zu springen; wie Pistole mit Fingerspitzen laden und sie sich dann an den Kopf halten.
    Dachte ich noch, und da stieg ich auch schon hinunter. Der Schrank trug mich leicht, das Loch erweiterte sich nicht beim Aufstützen auf den Rand. Hatte immerhin einen Hirsch gehalten, dieser Waldboden, der in Wahrheit eine Zimmerdecke war.
    Ich kann’s nicht glauben, was mache ich da?

Kapitel 8: Die Prüfung
     

    Also gut, das war der Raum am Einstiegsloch.
    Ich malte ein langgezogenes Rechteck auf das weiße Blatt Papier, und zwar ins rechte untere Eck, Papier quer gehalten und als Grundriss des Berges betrachtet.
    Eine Art Arbeitszimmer, trotz der albernen Blümchentapete, aber egal. Dann durch die Tür in den nicht weniger geblümten Raum daneben.
    Ich malte ein weiteres langgezogenes Rechteck, das sich nun mit dem ersten zu einem in der Mitte geteilten Quadrat vereinte. Das waren die zwei Räume in diesem Stockwerk, die ich kannte.
    Was kannte ich noch?
    Der Schrank, Tritt für den Hirsch und dann mich, war übrigens eine Kiste gewesen, eine Art Seekoffer aus massivem Holz mit Deckel. Warum hatte ich den Deckel nicht versucht zu heben und hinein gesehen?
    Egal, egal, tut nichts zur Sache, mach weiter. Was wissen wir noch? Hier ist der Hügel, über den ich vom Wanderer-Rastplatz zum Berg komme.
    Ich malte ein längliches Rechteck unten in die Mitte des weißen Blattes.
    Eselsohr hatte sich angeschlichen. Ich fühlte ihn hinter mir stehen und bespitzeln, was ich da zeichnete.
    Sollte er doch.
    Trotzdem sah ich kurz zu ihm auf. Er schüttelte pikiert den Kopf. Die Ohren wippten dabei leicht.
    Arschloch.
    Weiter im Text. Schräg oberhalb der beiden Räume, etwa gegenüber auf gleichem Mittelachsenniveau, war die ebene Anhöhe, auf der ich das Schloss eigentlich vermutet hatte. Kein Wunder aus heutiger Sicht, dass dort oben keine Ruinen zu finden waren. Trotzdem war auch dieser Bereich nicht natürlichen Ursprungs.
    Schräg hinter mir zischte es. Ich reagierte nicht.
    „ Sebastian“, flüsterte eine weibliche Stimme.
    Unwillig drehte ich mich zur Seite. Vera Tangel, dachte ich, was will denn die? Damals kannten wir uns ja nicht besser als man sich eben so kennt, wenn man zusammen in einem Abi-Jahrgang steckt und den einen oder anderen Kurs zusammen besucht.
    „ Was soll denn das?“
    Ich las dir den Satz von den Lippen und winkte ab. Ich, na ja, zumindest tat es mein linker Arm. Der rechte zeichnete weiter, zeichnete meinen Trampelpfad vom höchsten Punkt der Anhöhe bogenförmig herunter zu den zwei Räumen, wo ich auf dem Weg Richtung Abstiegshügel eingebrochen und später eingestiegen war. Dann zeichnete ich noch den einen oder anderen Wall ein, diese seltsam regelmäßigen Strukturen, die das ganze Gelände zerteilten und zerschnitten und das Herumlaufen da oben so gefährlich und unberechenbar machten.
    Und auf einmal begriff ich.
    Das waren Mauerreste, allesamt. Das Schloss hatte nicht auf dem Berg gestanden – der Berg WAR das Schloss, besser gesagt: Die Reste des eingestürzten Schlosses erschienen unter der Wildnis, die darüber gewachsen war in Jahrhunderten, wie ein zerklüfteter Berg.
    Ich musste da so schnell wie möglich wieder hin! Aber vorher musste ich mir eine stärkere Taschenlampe besorgen. Und am besten eine Art Helm und...
    „ Pssst!“
    Unbewusst hatte ich mit dem Kugelschreiber auf dem Tisch herum getrommelt.
    Ich hörte auf damit, schaute hoch und sah Eselsohr mich böse anstarren. Für einen Moment wusste ich nicht, was das sollte. Wo war ich hier?
    Auf einem der Einzelplätze im Zeichenraum. Häh? Mathe nicht im Klassenzimmer?
    Eselsohr war wieder neben mich getreten, hatte sich heruntergebeugt und flüsterte: „Wenn Sie es schon vorziehen, diese Prüfung zu boykottieren, dann nehmen Sie wenigstens Rücksicht auf Ihre Kommilitonen!“
    Er sagte immer Kommilitonen seit der Leistungskursphase – einer der besonders gläubigen Verfechter des Kurssystems als unabdingbare Vorbereitungsphase auf die Universitätszeit. Nicht Schüler besuchten Kurse, sondern Studierende, und das waren dann natürlich keine Mitschüler, untereinander betrachtet, sondern Kommilitonen. Wenn’s denn so sein sollte.
    „ Was mich betrifft...“, sagte ich und war im Begriff, mein Zeug zu packen.
    „ Wie bitte?“, zischte Eselsohr.
    Etwas in mir besann sich und gewann noch mal die Oberhand. Ich schaute auf die Uhr. 9.37 Uhr. Bis 12 Uhr war Zeit.
    Um Gottes Willen! Der Hausverkauf! Ich und
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