Infektion - Tripp, B: Infektion - Rise Again
sanfte Musik kam aus der Sieben-Kanal-Stereoanlage, und das Innere des Weißen Wals war einladend sauber und ordentlich. Danny bemerkte ein kleines gerahmtes Bild von Weaver auf der Bar. Über einer Ecke des Rahmens lag ein schmales schwarzes Band.
Patrick umarmte Danny und rieb ihr den Rücken. Dann hielt er sie auf Armeslänge und blickte ihr in die Augen. Seine Miene zeigte einen besorgten Ausdruck, den er im Fernsehen perfektioniert hatte, wenn er bedauernswerten Eigenheimbesitzern erklärt hatte, dass sie bei der Inneneinrichtung katastrophale Fehler begangen hatten.
» Sheriff D., ich muss Ihnen eine peinliche Frage stellen.«
» Gut«, sagte Danny und dachte: Heute scheint die Nacht der peinlichen Fragen zu sein.
Amy durchsuchte den Kühlschrank der kleinen Küche.
» Was hast du mit deinem Rücken gemacht?«, wollte Patrick wissen.
Danny spürte, dass ihr Gesicht heiß und rot wurde. Sie blickte sich Hilfe suchend um.
Amy war darauf bedacht, jeden Blickkontakt zu vermeiden. Ihr Kopf steckte zur Hälfte im Kühlschrank.
» Eine Brandverletzung«, sagte Danny. » Im Irak.«
Patrick nickte. » Deshalb wird also überall der Witz erzählt, du wärst verwundet worden, würdest aber nicht sagen, wo.«
» Ja. Alle wissen, dass ich mir das Bein gebrochen habe, aber mehr auch nicht. Mit › alle‹ meine ich die Leute in Forest Peak.«
» Hast du schon mal von › La Mer‹ gehört? Das ist eine Hautcreme.«
Patrick verschwand kurz im Bad und kehrte mit einer kleinen Dose zurück. » Dieses Zeug kostet zwanzig Dollar pro Unze. Gut gegen Narben, Verbrennungen und Ähnliches.«
» Amy hat mir Melkfett besorgt. Es kostet fünf Dollar pro Pfund.«
Amy meldete sich zu Wort: » Es ist für Kuheuter gedacht, aber damit lassen sich auch Dannys alte Brandnarben pflegen. Ich glaube kaum, dass dieses La-Mer-Zeug länger als einen Tag reicht. Zeig ihm deine Wunden, Danny. Sie sind erstaunlich.«
» Äh, nein«, sagte Danny.
Patrick verzog das Gesicht und stellte die Dose vor Danny ab.
Sie hatte sich auf einen Barhocker gesetzt und deutete auf die Flaschen im verschlossenen Schrank hinter dem Tresen. » Hast du auch Black Label da?«
» Ich fasse es nicht«, sagte er mit feuchten Augen.
» Was?«
» Der einzige Grund, warum ich Black Label dahabe, ist Weaver, der ihn sehr mochte.«
» Zwei Dumme, ein Gedanke«, sagte Danny, die sich nach einem Drink sehnte. Sie beobachtete, wie Patrick mit Gläsern und Eiswürfeln hantierte. Es kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor. Doch endlich stand der Drink vor ihr, mitsamt Umrührstäbchen und Papierserviette, ganz wie in einer echten Bar.
Inzwischen hatte Amy auf der Couch Platz genommen und den Kopf zurückgelegt.
Danny trank fast den ganzen Scotch aus und gab dann vor, den Rest zu genießen.
» Was also führt die hochverehrten Damen in mein bescheidenes Domizil?«, fragte Patrick. Er zappelte verunsichert herum, bemerkte Danny. Das gefiel ihr gar nicht. Sie wollte sich entspannen, und er wurde verlegen.
» Ich möchte mich gern für ein paar Minuten völlig normal fühlen. Auch du solltest etwas trinken«, schlug sie ihm vor. » Das sind vielleicht die letzten Eiswürfel, die es auf der Erde gibt.«
Zwei Stunden später waren alle drei anständig betrunken.
Troy Huppert lag auf seiner Pritsche am offenen Fenster und horchte auf die schwachen Partygeräusche, die aus dem Wohnmobil kamen. Es war gut zu wissen, dass Danny Adelman sich endlich einmal gehenließ. Sie alle waren darauf angewiesen, dass es Danny gut ging, und dazu gehörte auch ein wenig Entspannung. Troy mochte sie als Mensch. Sie hatte zu den ersten Bewohnern von Forest Peak gehört, die ihn willkommen geheißen und es tatsächlich ernst gemeint hatten. Aber Troy war auch aus einem anderen Grund daran interessiert, dass Danny lebte und zuverlässig funktionierte. Wahrscheinlich wurde er zum neuen Befehlshaber der Truppe, wenn Danny nicht mehr zur Verfügung stand.
Troy war ein fähiger Anführer und konnte sich gut in eine Gruppe integrieren, aber er drängte sich niemals auf. Das lag daran, dass er in der Stadt aufgewachsen war. Man konnte sich am eskalierenden Wettbewerb der Gangsta beteiligen, sich absolut cool bewegen, die neueste Mode tragen und sich ständig verunsichert fühlen, oder man verschwamm mit dem Hintergrund und verfolgte seine eigenen Pläne, möglichst bald aus der Stadt abzuhauen.
Im Gegensatz zu gängigen Vorstellungen bestand das Leben in Watts für die meisten Leute nicht aus
Weitere Kostenlose Bücher