Infernal: Thriller (German Edition)
Fortschritt, indem ich geglaubt habe, dass die Zeit unausweichlich zu irgendeiner Antwort führen würde. Doch tief in meinem Innern weiß ich, dass die Zeit, wie das Schicksal, sich keinem Imperativ unterordnet. Was sagen all diese Männer jetzt, nachdem ihr großartiger Plan gescheitert ist? Was sagen Baxter, Kaiser, Lenz? Sie haben mich ihren Verdächtigen präsentiert und nicht das kleinste Zeichen von Panik entdeckt. Nicht einmal ein Zusammenzucken beim Anblick meines Gesichts ...
Das Telefon klingelt. Zuerst denke ich, dass es nur Einbildung ist, weil es unglaublich laut schrillt. Dann ziehe ich den Duschvorhang zur Seite und bemerke ein Wandtelefon unten neben der Kommode. Ich drücke die rechte Hand in das Frotteetuch auf der Ablage und nehme den Hörer auf.
»Ja?«
»Ich bin es, John.«
»John?«
»Kaiser.« Er klingt verlegen.
»Oh. Was ist denn?«
»Ich bin immer noch unten.«
»Warum?«
»Wir haben gleich wieder ein Treffen. Vor dem offiziellen Treffen der Einsatzgruppe. Baxter, Lenz, Bowles und ich. Ich weiß, dass Sie mitgenommen sind, aber ich dachte, wenn Sie das Treffen versäumen, sind Sie hinterher vielleicht noch wütender.«
»Ich stehe unter der Dusche. Es ist wahrscheinlich nur eine Nachbesprechung, oder?«
»Ich glaube nicht. Ich habe eben per Handy mit Baxter telefoniert. Er sagt, er hätte ein paar neue Sachen.«
»Was für Sachen?«
»Das erfahre ich erst, wenn ich im Büro bin.«
Sosehr ich mich danach sehne, die Minibar zu plündern und mich in Handtücher gewickelt auf das Bett zu werfen, ich weiß, dass er Recht hat. Ich würde mich noch schlimmer fühlen, wenn ich nicht hinginge.
»Geben Sie mir fünf Minuten.«
Kaiser legt auf und denkt ohne Zweifel, dass keine Frau der Welt sich innerhalb von fünf Minuten fertig machen kann, nicht, wenn sie nackt unter der Dusche steht.
Er wird eine Lektion bekommen.
Diesmal treffen wir uns dort, wo wir uns beim ersten Mal getroffen haben: im Büro von SAC Bowles. Kaiser geht mit einem pflichtschuldigen Klopfen voran. Ich höre zwar Stimmen, doch das Büro erscheint leer. Durch das breite Fenster sehe ich auf den Lake Pontchartrain hinaus, der grau aussieht im Licht des Nachmittagshimmels. Nur ein paar vereinzelte Segel sind zu sehen.
Als ich tiefer in den Raum gehe, sehe ich Baxter, Lenz und SAC Bowles in der privaten Sitzecke im langen Schenkel des L warten. Bill Granger, der Leiter der Abteilung für Gewaltverbrechen, schüttelt Kaiser auf dem Weg nach draußen die Hand und nickt mir verlegen zu. Offensichtlich gehört er zu den Leuten in der Übertragungsschleife, die mein Gespräch mit Thalia Laveau verfolgt haben. Na wunderbar.
Kaiser und ich nehmen nebeneinander auf dem Sofa Platz, gegenüber von Baxter und Lenz. SAC Bowles sitzt in einem eigenen Sessel zu meiner Rechten. Niemand sieht besonders glücklich drein, allerdings sind sie auch nicht so niedergeschlagen, wie ich erwartet habe. Sie scheinen überrascht, mich zu sehen.
»Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet heute, Jordan«, sagt Baxter in geschäftsmäßigem Ton.
»Zu schade nur, dass ich niemanden erschreckt habe.«
Er sieht Kaiser an. »Wir haben vierzig Minuten, bevor sich die Einsatzgruppe trifft, und ich möchte, dass wir vorbereitet sind. Im Augenblick sitzen zwei unserer Agenten in verschiedenen Flugzeugen und begleiten sämtliche Beweismittel, die das NOPD heute gefunden hat, zu unserem Labor in Washington. Alles, angefangen bei Gemälden bis hin zu DNS-Proben. Der Direktor persönlich treibt die Untersuchungen voran, was bedeutet, dass wir die ersten Testergebnisse bereits in zwölf Stunden haben werden, andere in ein bis zwei Tagen. Und wenn wir ausgesprochenes Glück haben, sind die DNS-Proben in spätestens drei Tagen analysiert.«
»Drei Tage ?«, fragt Kaiser ungläubig. »Ich wäre schon zufrieden, wenn wir die Ergebnisse in drei Wochen bekommen hätten.«
»Ein paar der Familienangehörigen der Opfer haben großen Einfluss. Gott sei Dank, möchte ich sagen.« Baxter sieht mich an, als überlegt er, ob er mir sagen soll, dass das FBI selbstverständlich jeden Fall mit der gleichen Nachdrücklichkeit verfolgt, doch er verzichtet darauf. Jeder hier im Raum weiß, dass die Beweise an Bord der Flugzeuge wahrscheinlich wochenlang in den Labors verrotten würden, wenn es sich bei den elf verschwundenen Frauen um Straßendirnen gehandelt hätte.
»Bevor wir entscheiden, wie wir von hier aus weitermachen«, sagt Baxter, »lassen Sie uns kurz
Weitere Kostenlose Bücher