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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ehemalige Liebhaber als Freunde.«
    Sie lächelt verständnisvoll. »Freunde sind schwer zu finden, wenn man erst einmal vierzig ist. Man muss sich den anderen wirklich öffnen, und das ist nicht einfach. Wenn man noch den einen oder anderen Freund aus Kindertagen hat, kann man sich glücklich schätzen.«
    »Ich habe den Ort verlassen, an dem ich aufgewachsen bin, genau wie Sie. Haben Sie zu Hause noch Freunde?«
    »Eine Freundin. Sie lebt noch immer unten im Bayou. Wir telefonieren manchmal, aber ich fahre sie nie besuchen. Haben Sie Kinder?«
    »Nein, Sie?«
    »Ich war einmal schwanger, als ich fünfzehn war. Von meinem Cousin. Ich ließ es abtreiben, und das war das.«
    »Oh.« Ich spüre, wie ich erröte. »Das tut mir Leid.«
    »Das ist der Grund, warum ich das Bayou hasse. Mein Vater hat mich von dem Tag an missbraucht, als ich zehn wurde, und später mein Cousin. Es hat mich wirklich fertig gemacht. Ich rannte von zu Hause weg, sobald ich alt genug war, aber ich habe lange gebraucht, um damit leben zu können. Ich bin niemals wirklich darüber hinweggekommen. Ich ertrage keinen Mann auf mir, ganz gleich, wie sehr ich ihn vielleicht liebe. Deswegen gehe ich zu Frauen. Sie sind ein sicherer Hafen für mich. Ich dachte eigentlich immer, dass es sich eines Tages ändern würde, aber heute glaube ich nicht mehr daran.«
    »Ich verstehe.«
    Sie sieht mich zweifelnd an. »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »Wurden Sie sexuell missbraucht?«
    »Nicht wie Sie. Nicht von meiner Familie. Aber ...« Plötzlich wird mir überdeutlich bewusst, dass Kaiser und Baxter im Überwachungswagen sitzen und jedes Wort mithören. Ich fühle mich wie eine Verräterin, sowohl gegenüber Thalia als auch gegenüber ihnen, und am liebsten würde ich den Sender abreißen, den ich am Körper trage. Aber Thalia würde überhaupt nicht begreifen, was geschieht.
    »Nehmen Sie sich Zeit«, sagt sie. »Möchten Sie vielleicht einen Tee?«
    »Ich wurde vergewaltigt«, sage ich ganz leise und traue fast meinen eigenen Ohren nicht, als die Worte über meine Lippen kommen. »Es ist viele Jahre her.«
    »Zeit bedeutet bei so etwas überhaupt nichts.«
    »Da haben Sie Recht.«
    »War es ein Freund?«
    »Nein. Ich war in Honduras, während des Krieges in El Salvador. Ich war eine blutige Anfängerin, wirklich. Ich hatte ein Flüchtlingslager fotografiert, zusammen mit zwei anderen Zeitungsreportern, und wir wurden getrennt. Sie brachen ohne mich auf, und ich musste zu Fuß zurück in die Stadt. Ein Wagen kam vorbei und hielt an. Es waren Regierungssoldaten. Vier Mann und ein Offizier. Sie waren freundlich und lächelten und boten mir an, mich in die Stadt mitzunehmen. Ich war immer sehr vorsichtig, aber es war ein weiter Weg in die Stadt, also stieg ich ein. Eine Meile weiter bogen sie von der Straße ab und fuhren mit mir in den Dschungel. So weit, dass mich niemand mehr schreien hören konnte. Ich weiß das, weil ich in dieser Nacht meine Stimme verlor.«
    »Es ist gut«, murmelt Thalia. »Ich bin hier. Ich bin bei Ihnen.«
    »Ich weiß. Aber es ist nicht gut. Es wird niemals gut. Ich schäme mich deswegen mehr als wegen allem, was ich jemals getan habe.«
    »Sie haben nichts getan, Jordan. Was haben Sie denn gemacht? Sie haben sich von Männern mitnehmen lassen, die behaupteten, Ihnen helfen zu wollen.«
    Tränen der Wut und des Abscheus über mich selbst brennen in meinen Augen. »Ich spreche nicht von der Vergewaltigung. Ich rede von hinterher. Bevor sie anfingen, banden sie mir die Hände hinter dem Rücken zusammen. Ich konnte mich nicht wehren, und es ging stundenlang immer weiter. Irgendwann im Verlauf der Nacht verlor ich das Bewusstsein. In der Morgendämmerung wachte ich mit tauben Armen auf, und meine Hände waren frei. Ich folgte den Reifenspuren bis zur Straße und humpelte weinend und blutend in die Stadt. Ich erzählte keiner Menschenseele, was geschehen war. Ich dachte, ich wäre zäh genug, aber ich hatte nicht einmal den Nerv, in ein Krankenhaus zu gehen. Ich dachte, wenn meine Auftraggeber erfahren, was mir passiert war, würden sie mich aus Honduras abziehen, bevor ich wüsste, wie mir geschieht. Nicht, um mich zu schützen, sondern weil sie glaubten, dass ich nicht auf mich aufpassen konnte. Wissen Sie? Ich hasse mich für diese Angst. Seit jenem Tag werde ich von den Frauen verfolgt, die nach mir noch vergewaltigt wurden, weil ich diese Männer nicht gemeldet habe.«
    Langsam schüttelt Thalia den Kopf. »Wahrscheinlich gab es Frauen

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