Infernal: Thriller (German Edition)
gekommen. Ich muss meinem Schwager erzählen, was geschehen ist, und ich will es ihm persönlich sagen. Meiner Mutter ebenfalls. Bevor sie es von anderer Seite hören.«
»Sie werden überhaupt nichts hören«, sagt Baxter.
»Warum nicht?«
»Was ist denn schon passiert? Sie haben ein paar Kunstliebhaber in Hongkong aufgeschreckt. Nichts, wofür sich die Medien interessieren.«
»Was ist mit dem Feuer in New York und dem Mord an Ihrem Beamten?«
»Wingate stand in dem Ruf, Verbindungen zur Unterwelt zu unterhalten. Die Überwachung durch das FBI war nur zu erwarten. Ein Reporter spekuliert bereits, dass Wingate seine Galerie selbst angezündet hat, um die Versicherungssumme zu kassieren, und dabei aus Versehen den Tod gefunden hat.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass Sie beabsichtigen, diese Untersuchung geheim zu halten?«
»So weit wie möglich, ja.«
»Aber Sie müssen doch versuchen, sämtliche Bilder einzusammeln, oder nicht? Für Ihre forensischen Untersuchungen? Wird das nicht an die Öffentlichkeit dringen?«
»Vielleicht ja, vielleicht nein. Hören Sie, Arthur wird morgen früh nach New Orleans fliegen, um mit einigen einheimischen Kunsthändlern zu reden. Warum fliegen Sie nicht mit ihm?«
»Ich könnte natürlich auch schon heute Nacht fliegen«, sagt Lenz, »wenn Miss Glass so dringend dorthin möchte. Kann das Flugzeug startklar gemacht werden?«
Baxter überlegt. »Ja, vermutlich. Aber ich muss Sie bitten, Miss Glass, drängen Sie Ihren Schwager zur Diskretion. Und was Ihre Mutter betrifft ... vielleicht sollten Sie in ihrem Fall noch ein wenig warten.«
»Warum das?«
»Wir hatten einige Male im Verlauf des letzten Jahres mit ihr zu tun. Ihre Mutter ist nicht in der besten Verfassung.«
»Das war sie nie.«
»Sie trinkt sehr viel. Ich denke nicht, dass wir uns auf ihre Diskretion verlassen können.«
»Es ist ihre Tochter, Mr Baxter«, entgegne ich. »Sie verdient zu erfahren, was sich ereignet hat.«
»Was können Sie ihr schon erzählen? Nichts, das ihr Mut machen würde. Meinen Sie nicht, dass es besser wäre, noch ein wenig zu warten?«
»Diese Entscheidung möchte ich selbst treffen.«
»Meinetwegen«, sagt er müde. »Doch Ihre Mutter und Ihr Schwager sind die Einzigen. Ich weiß, dass Sie vor Jahren für die ›Times-Picayune‹ in New Orleans gearbeitet haben, und ich schätze, Sie haben dort noch immer Freunde. Wenn Sie bei unserer Untersuchung wirklich mithelfen wollen, dann darf niemand erfahren, dass Sie in der Stadt sind. Keine Restaurantbesuche, keine Wiedersehensfeiern, keine Presseberichte über die Pulitzer-Preisträgerin, die in ihrer alten Heimat zu Besuch ist. Wir würden Sie am liebsten in einem Hotel unterbringen.«
»Ich werde wahrscheinlich bei meinem Schwager wohnen. Ich habe die Kinder seit Ewigkeiten nicht gesehen.«
»Also schön. Aber Sie stimmen mir zu, dass Sie sich nicht in die Öffentlichkeit begeben dürfen? Bis wir Verdächtige haben und sie Ihnen vorgeführt wurden, reden Sie mit niemandem, den Sie kennen, und halten sich strikt im Hintergrund.«
»Einverstanden. Trotzdem möchte ich während des Fluges über alle Maßnahmen in Kenntnis gesetzt werden. So war unsere Abmachung, richtig?«
Baxter seufzt und sieht Lenz an, als hätte er Sodbrennen. »Ich denke, das kann Arthur übernehmen.«
Dr. Lenz steht auf und reibt sich die Hände, und ich bemerke erneut, wie groß er ist. »Warum holen wir uns nicht ein paar Doughnuts und Kaffee?«, schlägt er vor. »Es gibt nämlich keinen Bordservice.«
»Einen Augenblick noch, Arthur«, sagt Baxter. Er sieht mich an, und seine Augen sind kalt wie ein Gletscher. »Miss Glass, ich möchte, dass Sie genau zuhören. Nichts an diesem Fall passt in bekannte Schemata. Unser UNSUB in New Orleans ist kein Mann mit schwachem Selbstbewusstsein und einer Sammlung verstümmelter Barbie-Puppen, der das alles tut, um sich daran aufzurichten. Wir haben es mindestens mit einer hoch organisierten Persönlichkeit zu tun. Mit einem Mann, der wahrscheinlich zwölf Frauen gekidnappt und ermordet hat, ohne eine einzige Spur zu hinterlassen. Vielleicht hat er Sie bereits auf seinem Radar. Wir wissen es nicht. Wir wissen jedoch, dass Sie im Begriff sind, in sein Revier einzudringen. Seien Sie bitte äußerst vorsichtig, Miss Glass, und vergessen Sie das nicht einen einzigen Augenblick, sonst finden Sie sich vielleicht früher bei Ihrer Schwester wieder, als Gott je beabsichtigt hat.«
Trotz des melodramatischen Tons stimmt
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