Infernal: Thriller (German Edition)
glaube, dass Sie ihn interessant finden werden.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Der Zufall hat uns eine einmalige Gelegenheit in die Hände gespielt. Ihr Auftauchen in Hongkong hat große Unruhe verursacht, und zwar nicht wegen der Verbindung zwischen den Bildern und den Entführungen; davon wussten die Leute in der Galerie nichts. Die Besucher des Museums waren durcheinander, weil Sie genau wie eine der Frauen auf den Gemälden aussahen.«
»Und?«
»Stellen Sie sich vor, welche Reaktion Sie bei dem Killer hervorrufen, wenn Sie ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten.«
»Das war heute Abend wohl bereits der Fall, meinen Sie nicht?«
Lenz schüttelt den Kopf. »Ich bin alles andere als überzeugt, dass der Mann, der Sie heute Abend angegriffen hat, der gleiche ist, der diese bemerkenswerte Serie gemalt hat.«
»Reden Sie weiter.«
»Die forensische Kunstanalyse hat in den vergangenen zwanzig Jahren gewaltige Fortschritte erzielt. Nicht nur, dass es heute Röntgenanalyse, Spektrografie, Infrarot und alles gibt. Möglicherweise verbergen sich Fingerabdrücke in der Ölfarbe selbst. Möglicherweise finden wir Hautschuppen oder Haare. Jetzt, nachdem wir von der Existenz der Gemälde wissen, bin ich fest überzeugt, dass sie uns über kurz oder lang zu einem Verdächtigen oder vielleicht einer Gruppe Verdächtiger führen. Allein die Stilanalyse könnte eine Liste wahrscheinlicher Kandidaten hervorbringen. Und sobald wir die Verdächtigen haben, Miss Glass, sind Sie die Waffe, die ich gern gegen sie richten würde.«
Lenz hat mich also nicht auf den Arm genommen – sie brauchen mich wirklich. Sie haben sich all das ausgedacht, lange bevor ich hier angekommen bin.
»Was halten Sie davon?«, fragt der Psychiater weiter. »Bei den Verhören Verdächtiger in der Rolle eines weiblichen Special Agent zugegen zu sein? Sie könnten einfach lässig in das Verhörzimmer spazieren, während Daniel und ich die Verdächtigen beobachten.«
»Sie würde morden für so eine Gelegenheit«, sagt Baxter. »So gut kenne ich sie inzwischen.«
Lenz wirft ihm einen giftigen Blick zu. »Miss Glass?«
»Ich mach’s.«
»Was hab ich Ihnen gesagt?«, sagt Baxter.
»Unter einer Bedingung«, füge ich hinzu.
»Scheiße«, brummt Baxter. »Jetzt kommt’s.«
»Ich bin dabei, von heute an bis zu dem Tag, an dem Sie den Kerl schnappen. Ich will Zugang zu sämtlichen Unterlagen und Indizien. Zu allem.«
Baxter verdreht die Augen. »Was meinen Sie mit ›allem‹?«
»Ich will alles wissen, was Sie wissen. Sie haben mein Wort, dass ich mit niemandem über das rede, was Sie mir erzählen. Aber ich lasse mich nicht wieder aussperren wie im letzten Jahr. Es hat mich fast umgebracht.«
Ich erwarte, dass Baxter sich sträubt, doch stattdessen schlägt er die Augen nieder und sagt: »Einverstanden. Wo ist Ihr Film?«
»Ich hab ihn am JFK in einen Briefkasten geworfen.«
»In einen Briefkasten des U. S. Postal Service?«
»Ja.«
»Und erinnern Sie sich noch, in welchen Briefkasten?«
»In der Nähe des Flugsteigs der American Airlines. Er ist an mich selbst in San Francisco adressiert. Ich gebe Ihnen die Anschrift. Ich habe die Briefmarken und den Umschlag bei einem Zeitungsstand in der Nähe des Briefkastens gekauft.«
»Wir finden ihn. Wir können ihn gleich hier im Labor entwickeln lassen.«
»Dachte ich mir doch, dass das FBI mittlerweile den Diebstahl von persönlicher Post gemeistert hat.«
Baxter unterdrückt eine obszöne Antwort und zieht ein Mobiltelefon hervor.
»Noch eine andere Sache«, füge ich hinzu. »Ich habe drei Bilder von der ›Schlafenden Frau Nummer zwanzig‹ geschossen, bevor ich aus dem brennenden Haus geflüchtet bin. Das Licht war nicht besonders gut, aber ich habe die automatische Belichtung verkürzt. Ich denke, die Aufnahmen werden ganz brauchbar sein.«
Mit widerwilliger Bewunderung im Blick wählt Baxter eine Nummer und befiehlt einem seiner Leute herauszufinden, wer der Postamtsvorsteher ist, und ihn aus dem Bett zu holen. Als er das Gespräch beendet hat, sage ich: »Ich möchte, dass Sie digitale Kopien der Bilder zu Ihrer Abteilung in New Orleans mailen und dort einen Ausdruck für mich anfertigen lassen. Ich hole sie morgen früh ab.«
»Sie wollen nach New Orleans?«, fragt Lenz.
»Das ist richtig.«
»Aber es ist bereits zu spät, um heute Nacht noch einen Flug zu bekommen.«
»Dann erwarte ich, dass Sie einen organisieren. Ich bin schließlich nur auf Ihre Bitte hin hierher
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