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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Tollwutimpfungen und all das. Es hat sie ängstlich gemacht, für den Rest ihres Lebens.«
    »Hat Ihre Mutter Sie beide gleich angezogen, das ganze Zwillings-Procedere?«
    »Sie hat es versucht. Mein Vater widersetzte sich, wenn er zu Hause war, und so tat ich es ebenfalls. Er wollte, dass wir Individuen sind. Das ist das Ethos des Fotojournalisten, verstehen Sie? Gesunder Individualismus. Vater lehrte mich Individualität und noch eine Menge mehr.«
    »Fotografieren?«
    »Weniger. Er lehrte mich zu jagen und zu angeln. Ein wenig über die Sterne, die Bäume, wilde Pflanzen, die man essen kann. Er erzählte mir Geschichten über all die fernen Länder, die er besucht hat. Seltsame Bräuche und Traditionen, Dinge, die im ›National Geographic‹ nicht stehen.«
    »Hat er Jane diese Dinge ebenfalls gelehrt?«
    »Er hat es versucht, doch sie war nicht so offen wie ich. Sie war eher wie meine Mutter. Ich glaube, seine Geschichten erinnerten sie daran, dass er immer nur für eine kleine Weile zu Hause war, bis sie eines Tages aufwachen und er wieder gegangen sein würde.
    »Sie waren sein Liebling.«
    »Ja. Und Jane war Moms Liebling. Aber irgendwie schien das nicht viel zu zählen, weil Dad die dominante Persönlichkeit war, selbst wenn er nicht zu Hause war. Er war ein Macher. Meine Mutter versuchte nur, irgendwie mit ihm mitzuhalten, doch es gelang ihr nicht besonders gut.«
    »Je mehr Zeit verging, desto übler nahm Jane ihm seine Abwesenheit?«
    »Ja. Ich glaube, sie hat ihn gehasst, bevor er endgültig verschwand, weil Mom so traurig war und wir so wenig Geld hatten.«
    »Ihr Vater verdiente nicht viel?«
    »Ich weiß es nicht. Einige der führenden Fotojournalisten der Vietnam-Zeit haben für ein Butterbrot gearbeitet. Ob mein Vater dazugehörte oder nicht – er hat nicht viel Geld nach Hause geschickt. Er war allerdings großartig im Mitbringen von Geschenken. Ich sage nicht, dass er ein großartiger Mann war, okay? Ich sage nur, dass er und ich eine enge Beziehung hatten.«
    »Ging Ihre Mutter einer Arbeit nach?«
    »Eine Weile. Kellnern, eine Wäscherei, einfache Tätigkeiten. Nachdem sie mit dem Trinken anfing, nicht einmal mehr das.«
    »Warum hat Ihr Vater sie geheiratet?«
    »Ich glaube, offen gestanden, dass er es nur deswegen tat, weil es die einzige Möglichkeit für ihn war, sie zum Sex zu bewegen.«
    Lenz lächelt wehmütig. »Das war in meiner Generation normal. Ihre Mutter war schön?«
    »Ja. Das war die Ironie, die ihre Ehe so schlimm machte. Mutter sah exotisch aus, aber sie war es nicht. Es war ihr elsässisches Blut, schätze ich, der exotische Teil. Nach außen hin eine geheimnisvolle Prinzessin, und nach innen so schlicht wie eine Magd. Sie wollte nichts weiter als einen Mann, der ihr ein Haus baut und jeden Tag um halb sechs von der Arbeit nach Hause kommt.«
    »Und Jane wollte das Gleiche?«
    »Genau. Von ihrem Vater und später von ihrem Ehemann, nachdem sie einen gefunden hatte. Dad hat ihr das nie gegeben, im Gegensatz zu dem Mann, den sie später geheiratet hat.«
    Lenz hebt den Zeigefinger. »Vor ein paar Sekunden haben Sie den Ausdruck ›verschwunden‹ im Zusammenhang mit Ihrem Vater benutzt. Ist es nicht Konsens, dass er in Vietnam starb?«
    »Doch. In Kambodscha, genau genommen. Aber ich habe es nie akzeptiert. Ich hatte nie das Gefühl, dass er tot ist, und im Verlauf der Jahre wurde er von früheren Kollegen verschiedene Male in Asien gesehen. Ich habe viel Geld ausgegeben bei dem Versuch, ihn zu finden.«
    »Und was genau stellen Sie sich vor? Falls Ihr Vater überlebt hat, bedeutet das doch, dass er sich entschied, nicht nach Amerika zurückzukehren. Dass er sich entschied, Sie, Ihre Schwester und Ihre Mutter aufzugeben.«
    »Wahrscheinlich, ja.«
    »Glauben Sie, dass er dazu imstande wäre?«
    Ich fahre mir durch die Haare, und meine Fingernägel graben sich in meine Kopfhaut. »Ich weiß es nicht. Ich dachte immer, dass er vielleicht eine neue Frau gefunden hat. In Vietnam. Vielleicht hat er eine neue Familie gegründet. Viele Soldaten haben das getan. Warum sollten Fotografen anders sein?«
    Lenz’ blau-graue Augen flackern kalt. »Könnten Sie ihm das verzeihen?«
    Die zentrale Frage meines Lebens. »Ich habe viel Zeit damit verbracht, in fernen Ländern Kriege zu fotografieren, genau wie er. Ich weiß, wie einsam es sein kann. Man ist von der Welt abgeschnitten, manchmal von jeglichem freundlichen Kontakt. Vielleicht ist man das einzige Wesen im Umkreis von hundert

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