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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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haben?«
    »Ich hätte wahrscheinlich geglaubt, dass Sie es sind.«
    »Wann haben Sie zum ersten Mal von Miss Glass’ Existenz erfahren?«, fragt Kaiser.
    »Als ich ihren Namen unter einem Foto in der ›International Herald Tribune‹ sah. Anfang der achtziger Jahre muss das gewesen sein.« De Becque kichert. »Mich traf fast der Schlag. Unter dem Foto stand ›J. Glass‹, genau wie bei ihrem Vater.«
    »Das war eine Hommage an ihn.«
    »Und eine ausgesprochen gute – wenn auch ein heftiger Schock für alle, die ihn kannten.«
    »Das ging einer Menge Leute so. Nach ein paar Jahren fing ich an, meinen vollen Namen zu benutzen.« Ich bin nicht imstande, mich auf das gegenwärtige Gespräch zu konzentrieren. Stattdessen nehme ich all meinen Mut zusammen und stelle de Becque die Frage, die mir am stärksten auf der Seele brennt. »Was für ein Mann war mein Vater?«
    »Zu Anfang? Ein blauäugiger Amerikaner wie tausend andere auch. Doch er hatte Augen im Kopf, und er konnte sehen. Man musste ihm alles nur einmal sagen. Er hatte wenig von Asien gesehen, doch er war offen für alles. Und die Vietnamesen liebten ihn.«
    »Ich nehme an, das schließt Frauen ein?«
    Eine weitere gallische Geste, die ich diesmal als Männer sind eben Männer interpretiere.
    »Gab es eine bestimmte Frau?«
    »Gibt es die nicht immer? Allerdings kann ich es in Jonathans Fall nicht mit Bestimmtheit sagen.«
    »Tatsächlich nicht? Hatte er eine Familie im Fernen Osten, Monsieur de Becque? Eine vietnamesische Familie?«
    »Was würden Sie sagen, falls ja?«
    »Ich bin nicht sicher. Ich möchte einfach nur die Wahrheit wissen.«
    »Sie haben Li gesehen?«
    »Ja.«
    »Sie ist französisch-vietnamesisch. Die schönsten Frauen auf der Welt.«
    »Hatte mein Vater eine Frau wie sie?«
    »Er kannte jedenfalls eine Reihe von ihnen.«
    »Auf Ihrer Plantage?«
    »Selbstverständlich.«
    De Becque spricht zwischen den Zeilen. Normalerweise verstehe ich Männer, die so reden, doch in seinem Fall begreife ich überhaupt nichts. Falls mein Vater eine vietnamesische Familie hatte, warum sagt de Becque es nicht rundheraus?
    »Haben Sie einmal darüber nachgedacht«, fragt de Becque, »dass ›Look‹ und ›Life‹ im gleichen Jahr eingestellt wurden, in dem Ihr Vater verschwand?«
    »Und?«
    »Das waren die großen Bildmagazine. Es war das Ende einer Ära. Jonathan musste keinen schrumpfenden Markt überleben, keine Dominanz des Fernsehens, keine erniedrigende Wandlung der Medienindustrie, in der er sich seinen Namen gemacht hatte.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass es nichts gab, wofür es sich gelohnt hätte zurückzukehren?«
    »Ich weise lediglich darauf hin, dass in professioneller Hinsicht die besten Jahre des Fotojournalismus in der Vergangenheit lagen. Jonathan hatte sämtliche Preise gewonnen, die es zu gewinnen gab. Er hatte ein Leben auf Messers Schneide gelebt, zusammen mit einer rebellischen Bande von Brüdern. Sie hatten das Entsetzen des Jahrhunderts fotografiert und waren weitergereist zum nächsten, bevor die Erfahrung des vorherigen ihnen den Mut rauben konnte. Sie waren auf ihre Weise glanzvoll. Sie besaßen nichts, und doch gehörte ihnen die Welt. Sie waren eine Mischung aus jungen Hemingways und Rock ’n’ Roll-Stars.«
    »Doch ihre Tage waren vorbei. Ist es das, was Sie mir sagen wollen?«
    »Nach Vietnam hat sich die Welt verändert. Amerika hat sich verändert. Frankreich ebenfalls.«
    Kaiser stellt sein Weinglas ab und sagt: »Ich würde gern weiter über Miss Glass’ Schwester sprechen.«
    »Ich auch, ich auch«, erwidert de Becque, während er mich ansieht. »Was erhoffen Sie sich eigentlich, indem Sie bei diesen Ermittlungen mithelfen, Jordan? Bilden Sie sich vielleicht ein, Sie könnten Gerechtigkeit erlangen?«
    »Ich glaube nicht, dass Gerechtigkeit ein Trugschluss ist.«
    »Und was wäre Gerechtigkeit in diesem Fall? Den Mann zu bestrafen, der diese Frauen gemalt hat? Den Mann, der sie aus ihren Häusern entführt hat, um sie unsterblich zu machen?«
    »Ist es ein und dieselbe Person?«, frage ich. »Ist der Kidnapper zugleich der Maler?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ist das Ihr Wunsch? Ihn zu bestrafen?«
    »Ich würde ihn lieber aufhalten, anstatt ihn zu bestrafen.«
    De Becque nickt nachdenklich. »Und Ihre Schwester? Welche Hoffnungen hegen Sie in dieser Hinsicht?«
    »Ich weiß es nicht genau.«
    »Glauben Sie, dass sie irgendwo vielleicht noch am Leben ist?«
    »Nicht bis zu dem Tag, an dem ich ihr Gemälde in Hongkong

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