Inferno
den ein oder anderen Blick und hatte seinen Spaß dabei. So wie er das sah, hatte Gott doch höchstpersönlich die Mädels so hübsch gemacht. Also was konnte schon so schlimm daran sein, sich das anzusehen und an den schönen Sachen zu freuen, die der liebe Gott geschaffen hatte? Was für ein Scheiß, dass es ein Verbrechen sein sollte, sich Gottes Schöpfung anzuschauen, dass Jervis’ Arsch dafür gleich zurück in den Bau wandern konnte, zu den Pennern und Gangstern und Dieben, zu den richtigen Verbrechern. Das war einfach nicht gerecht, kein bisschen, verflucht noch mal.
Zur Hölle mit dem Gesetz , entschied er. Ich lass es drauf ankommen .
Heute hatte Cassie die Tür zugehabt, als sie in ihrem Zimmer war, und das hatte Jervis wirklich angekotzt, denn nachdem er sie morgens gesehen hatte – in dem praktisch durchsichtigen kleinen Hemdchen – war er fast durchgedreht.
Aber er hatte schon etwas vorbereitet.
Die meisten Wände im Haus waren nicht aus Rigips, sondern aus Holzleisten, verputzt und tapeziert; Cassies Wände waren mit Holz getäfelt. In dem kleinen Raum neben Cassies Zimmer stand ein großer Wandschrank, an dem eine Ecke herausgebrochen war. Seit Tagen schon war Jervis immer wieder durch die Öffnung geschlüpft und hatte sich darin mit seinem Handbohrer und einem winzigen 3er-Bohrer zu schaffen gemacht. Behutsam hatte er eine Fuge zwischen zwei Holzleisten ausfindig gemacht, die auf der anderen Seite der Wand genau auf eine Fuge von Cassies Holztäfelung traf. Nur ein paar kleine Löcher jeden Tag, und am Ende hatte er eine etwa drei Zentimeter lange Linie gezogen, die für das menschliche Auge nicht erkennbar war.
Aber für einen Spanner wie Jervis war der Spalt ein Hauptgewinn.
Wenn er vor dem Loch kniete, konnte er direkt über ihr großes Himmelbett ins Badezimmer sehen.
Nachdem er seine Mutter nach der Arbeit am Wohnwagen abgesetzt hatte, war er zurück ins Haus geschlichen, und so wartete er wieder einmal zusammengekauert in der Dunkelheit. Niemand wusste, dass er hier war, und dieses Geheimnis erregte ihn; es war, als könne er eine sonderbare, verborgene Macht über andere ausüben: Er konnte sie nach Belieben beobachten, und sie hatten keine Ahnung davon. Normalerweise ging Cassie so gegen zehn Uhr ins Bett, und Jervis wollte bereit sein, wenn sie sich auszog und in eins ihrer eng anliegenden, scharfen Nachthemdchen schlüpfte. Oder vielleicht würde sie ihm mal wirklich einen Gefallen tun und nackt schlafen. Bei dieser Hitze. Komm schon, Baby! Zieh dich aus!
Der Job war super. Gutes Geld für nicht besonders viel Arbeit plus den Leckerbissen fürs Auge nebenbei. Die Kleine und ihr alter Herr passten überhaupt nicht hierher – reiche Städter, mit ihren seltsamen Stadtgewohnheiten -, aber was ging das Jervis an? Wenn die unbedingt in diesem riesigen unheimlichen Kasten wohnen wollten, bitte schön . Die meisten alten Möbel waren noch da; die Gespenstergeschichten hatten die Diebe fern gehalten. Jervis glaubte nicht an Geister, aber er liebte die Geschichten. (Andererseits hatte er selbst auch nie den Mumm gehabt, herzukommen und selbst etwas zu stehlen.) Der alte Herr war cool, fand Jervis; vielleicht manchmal ein bisschen steif, aber normalerweise zahlte er ihm das Doppelte von dem, was die Arbeit wert war. Und die Kleine?
Ein absolutes Sahnetörtchen.
Eine Haut wie flüssige weiße Schokolade und große Kirschbonbons als Brustwarzen. Und ihre ganzen knappen, freakigen, schwarzen Anarchoklamotten waren genau das Richtige für einen Spanner. Jervis machte sich nichts aus diesem durchgeknallten Grufti-Scheiß, den sie hörte; er war ein paarmal heimlich in ihr Zimmer geschlichen und hatte sich die CD-Cover angesehen. Die meisten waren Kerle, die sich als Weiber verkleideten und Make-up drauf hatten und so was. Dann doch lieber Charlie Daniels. War ihm aber auch egal, was für Musik sie hörte, Jervis wollte ihre Titten sehen und die Muschi und diesen flachen weißen Bauch und den kleinen Nabel, bei dessen Anblick er am liebsten den Kopf in den Nacken gelegt und ein Kriegsgeheul ausgestoßen hätte – mit der Hand in der Hose, versteht sich.
Das Leben eines Voyeurs war kompliziert und grotesk.
Doch nach fast drei Stunden hier oben, auf Knien in einem muffigen Wandschrank, das Auge am Guckloch, war Jervis immer noch nicht auf seine Kosten gekommen.
Sie saß in einem Jeansrock und einem schwarzen Bikinioberteil auf dem Bett herum oder am Schreibtisch, hörte ihre
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