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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Kamm zusammengehalten, unter dem sich glänzende Locken hervorkringelten.
    »Haben Sie Kopfschmerzen?«, fragte sie. »Wie heißen Sie?«
    »Was soll dieser Unsinn?«, fragte ich.
    »Ich bin Cassie«, sagte sie versöhnlich. »Ich habe Sie erst mal auf dem Boden liegen gelassen, ich dachte, Sie möchten vielleicht zuerst duschen und dann frühstücken. Mögen Sie Ihr Ei weich gekocht?«
    »Einer von uns beiden hat ein weich gekochtes Gehirn«, erwiderte ich. »Und ich bin es nicht. Wenn ihr noch nicht mal meinen Namen wisst, dann tut mir einen Gefallen und entführt beim nächsten Mal meinen Nachbarn.«
    »Ich bin nur dazu da, für Sie zu sorgen.« Geschmeidig stand Cassie aus ihrem Stuhl auf, streckte die Hand nach meinem Kopf aus und tastete um die Beule herum. »Tut das weh?«
    »Ja.«
    »Wie viele Finger sehen Sie?«
    Meine Schätzung, dass sie mir drei Finger vor die Nase hielt, stellte sie sichtlich zufrieden. »Höchstens eine leichte Gehirnerschütterung. Ich habe Aspirin. Können Sie aufstehen? Wie heißen Sie?«
    Sie zog mich hoch und ich merkte, dass sie kräftige Arme hatte. Sie mochte alle Tricks in Karate und Kung-Fu kennen, aber vorläufig war ich nicht in der Lage, das zu testen. Ich schaute mich um und sah, dass dieses Hotelzimmer keine Fenster besaß. Mir brummte der Schädel. Ich wollte nichts lieber als eine Dusche.
    Ich verlor meinen zweiten Pantoffel und sah, dass Cassie ihn aufhob. Ich blieb in der Öffnung zum Badezimmer stehen. Es gab eine Duschkabine, ein Waschbecken, eine Toilette – das Einzige, was fehlte, war Privatsphäre. Ich hielt meine Hose vorne zusammen und drehte mich um. »Mein Name ist Max. Und duschen kann ich durchaus allein.«
    »Ich tue alles, was du willst. Darf ich du sagen?«
    »Willst du ihn vielleicht festhalten, wenn ich pinkle?«, fragte ich gereizt.
    Sie lächelte, und ich drehte mich um. Du kannst mich mal, dachte ich, pinkelte, ließ meinen Schlafanzug auf den gefliesten Fußboden gleiten und stieg in die Dusche. Fast sofort kam warmes Wasser: der Boiler musste ganz in der Nähe sein, praktisch auf der anderen Seite der Wand. Vielleicht befanden wir uns im Keller, doch ich konnte mich an keine Treppe nach unten erinnern.
    Seife war vorhanden. Das Wasser linderte den Schmerz in meinen Gliedmaßen, es war eine Wohltat. Vorsichtig hielt ich den Kopf unter den Wasserstrahl und blieb minutenlang so stehen. Cassie hatte Recht: erst eine Dusche, dann ein Frühstück.
    Mein Pyjama war verschwunden und ich entdeckte keine Spur von Cassie, als ich mit einem Handtuch um die Hüfte aus der Dusche kam. Ich suchte nach irgendetwas zum Anziehen, doch es gab nichts. Eine weiße Plastikkonsole mit Handtüchern im Badezimmer, ein eingebauter, nicht besonders tiefer Schrank mit zwei leeren, lackierten Brettern. Ein kleiner, quadratischer Tisch, zwei Stühle mit geraden Lehnen, ein niedriger Sessel, das Bett, das ganze auf Filzteppichboden.
    Ich hielt meine Hand unter ein Gitter an der Decke und fühlte einen frischen Luftzug. Die Tür war glatt, fast fugenlos; falls es ein Schloss gab, befand es sich an der Außenseite. Auf dieser Seite gab es nur einen runden Knopf, der sich nicht drehen ließ.
    Ich stand neben der Tür, als sie aufging. Ich sah Cassie und eine Person hinter ihr. Jetzt, dachte ich, sofort, die glauben, du wärst noch schachmatt. Man soll nie damit warten. Ich dachte all diese Dinge nicht bewusst, es war wie ein Reflex. Am Anfang hat man die besten Chancen, sagt die Statistik.
    Ich packte die Tür und riss sie zu mir hin. Doch niemand war so dumm, sich daran festzuhalten und hineinzutaumeln. Ich fühlte Cassies Hand auf meiner Schulter. Ein Mann mit Karnevalsmaske trat in die Tür, legte das dicke Ende eines Baseballschlägers, an das sich mein Schädel noch erinnerte, auf meine Brust und stieß mich kräftig nach hinten. Ich stolperte gegen Cassie, fasste sie mit beiden Händen um den Hals und schwenkte sie grob herum, so dass sie zwischen mir und dem Kerl mit dem Baseballschläger stand.
    »Lass den Schläger fallen und geh zurück«, schrie ich. »Sonst muss sie dran glauben!«
    Ich hörte, wie der Mann hinter der Maske ein höhnisches und absolut gleichgültiges Geräusch ausstieß, und dann schlug er einfach die Tür vor meiner Nase zu.
    Cassie lehnte schlaff an mir, ohne sich zu wehren. Sie mochte die Kampfgriffe der Ninja beherrschen, doch sie klopfte mir nur zweimal mit dem Finger auf die Hand, wie ein Sparringpartner, der sich geschlagen gibt. Ich ließ

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