Initiation

Schmelder ihren Weg zu Bühne und Podium antrat. Sie trug ein hübsches beinahe aufreizendes Kleid, aber ihre strenge Frisur und Miene, die im Kontrast dazu standen, ließen die Menge verstummen. Es war, als würden alle den Atem anhalten.
    »Guten Tag und Willkommen an der Bonfire Academy. Ich gehe davon aus, dass ihr euch jetzt alle in euren Zimmern eingerichtet habt. Ich bin Frau Schmelder, die Direktorin der Academy. Ich stelle euch gleich den Rest der Belegschaft vor.
    Diese Schule ist 1754 erbaut worden und ist eine von nur sechs Einrichtungen dieser Art auf der Welt, aber die einzige, die auch Vampire aufnimmt. Wir haben auch die höchste Aufnahmezahl an Hybriden. Das bedeutet, dass der Lehrplan an der Academy flexibel ist. Wir schneiden ihn jedes Jahr auf die anwesenden Initiaten zu. Die selteneren Hybriden haben Mentoren zugewiesen bekommen, die sie begleiten werden, bis wir vollständig geklärt haben, welcher Natur ihre Kräfte und andere Besonderheiten sind. Das Ziel ist, jedem von euch zu helfen, sein volles Potenzial zu erkennen und zu lernen, wie er es in der Menschenwelt einsetzen kann. Wir leben nun einmal in einer vorwiegend menschlichen Welt. Das muss jeder von uns akzeptieren. Obwohl Menschen, verglichen mit uns, schwach sind, liegt ihre Kraft in der zahlenmäßigen Überlegenheit.
    Das Programm ist zweigeteilt: Initiation und Integration. Die Initiation dauert mindestens ein Jahr. Einige von euch werden ihre Initiationsanforderungen in weniger als einem Jahr meistern. Und andere werden einige Jahre mit der Initiation verbringen. Ihr seid, für den Anfang, in Gruppen von vier bis fünf eingeteilt worden. Diese Gruppen werden, wenn es sich anbietet kombiniert und zusammengelegt. Ihr erhaltet jeder am Ende dieses Meetings eine Gruppenzuweisung.
    Jeder bekommt ein Regelbuch zum Auswendiglernen. Das ist eure erste Aufgabe. Sobald ihr euch die Regeln eingeprägt habt, werde ich euch persönlich testen. Jetzt gehe ich mit euch die drei Goldenen Regeln der Bonfire Academy durch. Brecht sie auf eigene Gefahr.
    Die erste Goldene Regel lautet:
Sprich nicht mit Außenstehenden über die Academy
. Alles was hier passiert, ob gut oder schlecht, wird an niemanden außerhalb der Schule weitergegeben, nicht an eure Eltern, nicht an eure Freunde Zuhause. Niemand. Deshalb, müsst ihr eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben, bevor ihr mit der Initiation weitermacht.
    Die zweite Goldene Regel lautet
Vertraue niemandem
. Seht euch um, prägt euch die Gesichter der anderen in eurer Altersgruppe ein. Einige von euch werden sofort eine Verbundenheit zueinander empfinden und daraus kann sich eine Freundschaft entwickeln. Aber setzt euer Vertrauen in niemanden. Obwohl es nicht meine Angelegenheit ist, euch vorzuschreiben, wie ihr euch außerhalb dieser Schule verhaltet, wäre es vernünftig von euch, diese Regel immer zu beachten. Selbst die, von denen ihr annehmt, dass ihr ihnen bedingungslos vertrauen könnt, können benutzt werden. Sie können gezwungen, unter Drogen gesetzt, gefoltert, verzaubert oder sogar von einem Dämon besessen werden. Deshalb lasst mich diese Regel wiederholen.
Vertraue niemandem!
    Nun zur dritten und letzten Goldenen Regel:
Lass nie eine Mahlzeit ausfallen
.«
    Leises Gekicher brach im Hörsaal aus.
    »Ruhe!«, brüllte Frau Schmelder mit eisigem Blick. »Ja, diese Regel wirkt auf euch vielleicht seltsam, aber sie ist wichtig genug, um als Goldene Regel angesehen zu werden. Ein hungriger Paranormaler, ist ein gefährlicher Paranormaler. Wie ihr alle wisst, sind eure Jagdinstinkte gesteigert, wenn ihr hungrig seid. Diese Instinkte mindern eure Fähigkeit zu lernen und können zu schweren Disziplinproblemen führen, was euren Erfolg hier an der Academy bremst. Darum verpasst keine Mahlzeit. Der Speisesaal ist durchgehend geöffnet, für den Fall, dass ihr einen extra Imbiss braucht.
    Dies sind also die Goldenen Regeln. Zusätzlich darf sich im Augenblick niemand von euch, alleine in den Gängen aufhalten, bis euch euer Gruppenleiter die Erlaubnis dazu gibt. Euer Gruppenleiter bleibt in eurem Schlafsaal und ist stets für euch da.
    Könnte jetzt bitte das Kollegium auf die Bühne kommen?«
    Wir warteten, während die Bühne sich mit Professoren, Assistenten, Verwaltungspersonal und anderem Lehrpersonal füllte.
    »Würg, müssen wir hier sitzen und zuhören, wie sie über jeden einzelnen von denen labert? Langweilig!« Faustine gähnte.
    Frau Schmelder schwenkte ihren Arm in Richtung