Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Initiation

Initiation

Titel: Initiation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Rose
Vom Netzwerk:
streckte sich in ihrem Sessel, streckte die Beine aus und wackelte mit den Zehen. Dann saß sie nur da, wie beim letzten Mal. Anscheinend hatte sie vor, ihre ganze Stunde am Strand zu verschlafen – fauler Dämon. Es machte mehr Spaß, das eintönige Bild auf dem Monitor als sie zu beobachten. Wenigstens konnte ich so tun, als wäre ich selbst weit weg an diesem Strand.
    Nach einer Weile bemerkte ich etwas am Rand des Bildschirms – wahrscheinlich nur ein Fleck, also versuchte ich, ihn wegzuwischen. Er wollte nicht verschwinden. Stattdessen bewegte sich der dunkle Umriss immer weiter zur Bildmitte. Ich kniff die Augen zusammen, um ihn besser ansehen zu können und bemerkte, dass Faustine aufrecht in ihrem Sessel saß.
    Ich sah wieder auf den Bildschirm und zerrte mir die Nachtsichtbrille von den Augen. Das war schon besser. Das Bild war so viel deutlicher und der Umriss sah mehr und mehr wie eine Spinne aus, die durch den Sand krabbelte.
    Faustine stand mit entsetztem Gesicht auf. Sie stieg auf den Sessel und hielt ihren Blick starr auf den Boden gerichtet. Wahrscheinlich dahin, wo sie eine Tarantel sah. Das war eine komische Reaktion auf eine Spinne, besonders von einem Dämon. Als ich jünger war, fünf oder so, hatte ich mal eine Tarantel als Haustier, die ich Sparky genannt hatte. Unter den Dämonenkindern, mit denen ich in diesem Alter rumhing, war das ein ziemlich beliebtes Haustier. Ich nahm an, dass Faustine nicht an sie gewöhnt war.
    Ich fragte mich einen Augenblick, ob sie überhaupt das Gleiche sah. Ihr Verstand hatte vielleicht die Tarantel in irgendetwas anderes übertragen. Vielleicht in eine Ratte oder Ähnliches.
    Sie fing an zu schreien: »Hilfe! Eine Spinne!« Sie kreischte diese Worte immer wieder. So viel zu meiner Theorie.
    Ich wollte aufstehen, aber Henris Todesblick zwang mich, sofort wieder in meinen Sitz zurück. Also biss ich die Zähne zusammen und sah zu, wie Faustine völlig ausrastete. Sie schrie und weinte und fing sogar an zu hyperventilieren. Ihr Finger verschmolzen. Mir wurde klar, dass das vermutlich der Grund für den Test war, herauszufinden, was ihre Verwandlung auslöste. Ich sah ihr aufmerksam zu, wie sie sich immer weiter hineinsteigerte und ihr Tränen über das Gesicht liefen. Ich wartete darauf, dass sie sich in den riesigen Dämon verwandelte, den ich in der Mensa gesehen hatte.
    Dann verschwand sie, genau vor unseren Augen.
    »Hä?«, stotterte Henri. »Was ist passiert? Wo ist sie hin?« Er stand von seinem Stuhl auf, warf ihn dabei um und rannte in die Kammer. Professor Bern und ich waren gleich hinter ihm. Wir gingen durch die Kammer und suchten Faustine, aber sie blieb verschwunden. Genau wie in dem Gang, als uns die Formwandler angegriffen hatten.
    Schweißperlen traten auf Henris Stirn und Professor Berns strenger Dutt löste sich, als sie mit den Fingern durch ihre Haare fuhr und seltsame stöhnende Geräusche von sich gab.
    Sie warf die Arme hoch und sah völlig verzweifelt aus. »Was ist da gerade passiert?« Dann sah sie Henri an und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. »Ein Zauberspruch? Du hast es gewagt, einen Zauberspruch zu benutzen?«
    Henris Augen wurden groß und er schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Madam. Ich schwöre Ihnen, ich war das nicht.« In seiner Stimme klang Entsetzen mit. Er machte einen Schritt rückwärts und sank ängstlich in sich zusammen.
    Professor Bern warf mit zusammengekniffenen Augen einen Blick auf mich, aber dann schüttelte sie schnell den Kopf und verwarf offensichtlich die Möglichkeit, dass ich die Macht besitzen könnte, jemanden verschwinden zu lassen.
    »Henri, komm hierher und sieh mir in die Augen. Sofort.«
    Er ging geduckt zu ihr, als ob ihm schlecht würde. Sie starrte einschüchternd in seine Augen.
    »Professor Bern«, unterbrach ich. »Das ist schon einmal passiert.«
    Sie wirbelte herum, um mich anzusehen, trat von Henri weg, der augenblicklich seine Schultern entspannte.
    »Diese Sache mit dem Verschwinden«, erklärte ich. »Tatsächlich, hat Sie Ihnen sogar davon erzählt. Irgendwie. Erinnern Sie sich, dass Faustine gesagt hat, dass sie manchmal zuhause ohnmächtig geworden ist, und wie sie danach immer in ihrem Schlafzimmer aufgewacht ist?«
    »Ja. Wieso ist das für unsere jetzige Situation von Bedeutung?«
    »Tja, ich glaube, dass sie immer
verschwindet
, wenn sie sich verwandelt.«
    »Hmm…« Professor Bern strich sich übers Kinn.
    Ich hatte vorher nie bemerkt, dass sie da Bartstoppeln hatte.

Weitere Kostenlose Bücher