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Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3

Titel: Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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zu ihm und küßte ihn auf die Lippen. »Oh, du hast ja recht!« rief sie einen
Augenblick später. »Ein nackter Schädel!« Sie wischte sich über den Mund, als wollte sie Sand von
den Lippen entfernen.
»Für die meisten Leute ist der Tod nicht eben ein angenehmer Rendezvous-Partner«, bemerkte Zane,
den ihre Stimmung beunruhigte. Was hatte sie nur vor? »Du solltest mal die Post sehen, die ich so
erhalte.«
Sie lächelte ihn an, als würde sie seine Bemerkung als freundliche Einladung auffassen. »Ja, zeig
mir doch mal deine Post. Beantwortest du sie eigentlich auch?«
»Ja«, entgegnete er verlegen. »Ich finde, das ist nur recht. Niemand sucht den Kontakt zum Tod,
auf keinerlei Weise, wenn er nicht einen guten Grund dafür hat.«
»Das ist aber rührend. Du bist ein guter Mann. Zeig mir einen Brief.«
Zane griff in das Handschuhfach des Wagens und holte einen Brief hervor, dann schaltete er die
Innenbeleuchtung an, damit sie ihn auch lesen konnte. Er war in einer recht ordentlichen,
kindlichen Handschrift geschrieben; normalerweise dauerte es viele Jahre, bis eine Schrift die
Unleserlichkeit des Erwachsenen erreicht hatte. Kinder schrieben meist mehr Briefe als Erwachsene
- zumindest an sein Büro -, wenngleich er nicht genau wußte, weshalb. Vielleicht lag es daran,
daß sie wörtlicher an die Dinge glaubten.

Lieber Tod, jeden Abend läßt Mammi mich meine Gebete aufsagen, und das ist wohl auch in
Ordnung schätze ich, aber sie machen mir Angst. Ich muß immer sagen: Lieber Gott falls ich im
Schlaf sterben sollte bitte hole meine Seele. Jetzt habe ich Angst einzuschlafen. Den größten
Teil der Nacht liege ich wach da, und wenn ich dann in der Schule bin döse ich vor mich hin und
mache was falsch und bitte lieber Tod ich möchte noch nicht sterben. Geht das vielleicht daß ich
in der Nacht ein kleines bißchen schlafe ohne sterben zu müssen?
Liebe Grüße Ginny.

»Plötzlich begreife ich, was du meinst«, bemerkte Luna. »Das ist ja schrecklich. Das arme kleine
Mädchen... Es glaubt...«
»Ja. Als ich diesen Brief das erste Mal gelesen hatte, da bin ich so wütend geworden, daß ich
einen Schweißausbruch bekommen habe. Dieses Gebet scheint den Schlaf mit dem Tod gleichzusetzen.
Kein Wunder, daß sie Angst hat. Wie viele Kinder mag es geben, die regelrecht erwarten, vor dem
Aufwachen zu sterben - und nur, weil man ihnen diese grausige Botschaft ins Gehirn eingepflanzt
hat? So etwas würde ich meinen eigenen Kindern niemals antun!«
»Sie kann eigentlich schon ganz gut schreiben, nur mit der Kommasetzung hapert es noch ein
wenig«, bemerkte Luna.
»Sie muß ihren ganzen Mut aufgebracht haben, um sich auf diese Weise mit ihrer Angst
auseinanderzusetzen. Zane, du mußt diesen Brief auf der Stelle beantworten.«
»Was soll ich ihr schon sagen? Ich kann ihr doch nicht versprechen, daß ich sie nicht holen
werde; möglicherweise erscheint sie schon morgen auf meiner Liste.«
»Aber du kannst sie beruhigen, indem du ihr klarmachst, daß der Tod nichts mit dem Schlaf zu tun
hat.« Lunas Miene hellte sich auf. »Komm, das wollen wir gleich erledigen. Du kannst sie
anrufen!«
Zane war unsicher. »Das würde sie wahrscheinlich nur für einen grausamen Witz halten. Wer hat
denn schon mal davon gehört, daß der Tod Leute anruft?«
»Wer hätte denn je schon davon gehört, daß der Tod auf Briefe antwortet? Ich glaube kaum, daß
dein Vorgänger das getan hat. Sie ist doch nur ein Kind, Zane! Sie wird es glauben. Ein Kind ist
nicht überrascht, wenn es von einer Inkarnation einen Anruf erhält. So funktioniert nun einmal
der kindliche Geist, welch ein Glück.« Sie zerrte ihn zurück ins Haus, holte das Telefon und
reichte es ihm.
Zane seufzte. Vielleicht war dies wirklich der beste Ausweg.
Er nahm das Telefon entgegen und ließ sich von der Auskunft Ginnys Telefonnummer in Los Angeles
geben. Kurz darauf klingelte es am anderen Ende. Plötzlich war Zane sehr nervös.
»Ja?« Das war offensichtlich die Mutter des Mädchens. »Ich möchte bitte mit Ginny
sprechen.«
»Das geht nicht, die schläft!« Tatsächlich war es in Los Angeles noch nicht so spät wie in
Kilvarough, aber Kinder mußten ja auch früher ins Bett als Erwachsene.
»Sie schläft nicht«, sagte Zane, und seine Stimme bekam einen wütenden Ton. »Sie liegt hellwach
in dem dunklen Raum und fürchtet sich gräßlich davor, daß sie im Schlaf sterben könnte. Lassen
Sie sie nicht wieder dieses Gebet aufsagen. So holt Gott

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