Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
richtigen Namen festgestellt habe,
könnte es Mißverständnisse geben. Gestatten Sie mir, Ihnen eine Möglichkeit zu verschaffen, mit
der Sie bei Bedarf sofort Kontakt zu mir herstellen können.« Er krümmte die Finger, und plötzlich
lag in seiner Hand eine dünne Kette, an der ein Amulett befestigt war. »Nehmen Sie dies, und
hauchen Sie darauf, um mich zu rufen. Ich werde es vernehmen, wann und wo auch immer es sein mag,
und Ihnen zur Hilfe eilen.«
»Hm, ich finde eigentlich nicht, daß ich...« Doch schon drückte Satan ihm das Amulett in die
Hand. Es war ein kleines Horn mit geriffeltem Rand aus Messing. Norton zuckte die Schultern und
hängte sich die Kette um den Hals. Er konnte sich nicht vorstellen, jemals Satans Hilfe zu
benötigen, und so würde er das Amulett einfach ignorieren.
Sning drückte zweimal zu, ihm gefiel nicht einmal diese Geste, doch Norton war der Auffassung,
daß in diesem Fall Nachgiebigkeit dem Affront vorzuziehen sei. Laß mich nur, dachte
er, und zögernd gab Sning auf.
Satan stand auf und hob die Hand zum Abschiedsgruß.
»Leben Sie wohl, mein Herr!« Dann verschwand er in einer kleinen Rauchwolke.
Bevor Norton seine Gedanken sammeln konnte, erschien erneut der Butler. »Ein weiterer Besucher,
Sir.«
»Wer?« fragte Norton knapp. Nach seinem Abenteuer im CT-Glob hätte er sich gern etwas
ausgeruht.
»Clotho, Sir.«
»Wer?«
»Ein Aspekt des Fatums, Sir.«
»Oh.« Nun erinnerte er sich, die jüngste Äußerungsform der Schicksalsgöttin. »Ich lasse
bitten.«
Allerliebst kam Clotho ins Zimmer geschritten. Sie war nicht nur jung, sie war auch wunderschön.
Sie hatte irgend etwas mit ihrem Haar gemacht, so daß es sich wie ein glitzernder Wasserfall auf
ihre Schultern ergoß, und ihr Kleid war betörend. Es war leuchtendblau, mit einem Netzleibchen,
daß verblüffend tiefe Einblicke erlaubte.
»Bist du bereit für die heutige Arbeit, Chronos?« fragte sie.
»Ich dachte, ich hätte heute schon ordentlich gearbeitet«, erwiderte er.
»Ach ja? Werden wir das morgen tun? Vergiß nicht, es ist meine Zukunft und deine Vergangenheit.
Ich nehme zwar an, daß ich dir auf richtige Weise helfen werde, aber es ist schon etwas
verwirrend.«
Norton lachte und beruhigte sich ein wenig. »Nein, das ist meine Verwirrung, nicht deine. Du hast
mich in mein Amt eingeführt und mir seine Funktionen erklärt, und nun werden wir gemeinsam
wichtigere Arbeiten erledigen, während ich zugleich die Einzelheiten meines Jobs kennenlerne. Ich
bin sicher, daß ich nach und nach schon alles in die richtige Reihenfolge bringen werde. Ich
wollte eigentlich nur sagen, daß Satan heute morgen hier war - es ist doch Morgen?«
»Mittag«, antwortete sie. »In deinem Haus verläuft die Zeit für dich normal, doch wenn ich
hinausgehe, ist es früher als vorher. Ich muß vermeiden, mir ständig selbst zu begegnen, sonst
gibt das eine endlose Konfusion.«
»Das Gefühl kenne ich!« Dann fiel ihm etwas anderes ein. »Als Satan mich aufsuchte, war
Nachmittag, und dann... warum glaubte ich, es sei Morgen? Jetzt müßte doch eigentlich Abend
sein!«
»Wahrscheinlich hast du schon die Nacht verbracht«, schlug sie vor.
»Ja, dann ist für mich also schon ein Tag verstrichen«, stimmte er zu. »Aber ich kann mich nicht
daran erinnern! Satan hat mich in ein... anderes Universum geschickt, um dort ein Abenteuer zu
erleben, aber...«
»Wie lange warst du dort?«
»Das läßt sich schwer feststellen. Es kam mir wie eine Stunde vor, aber während meiner Reise
wurden die Dinge alle unscharf, also...«
»Also hätte es auch ein ganzer Tag sein können«, beendete sie für ihn den Satz. »Satan ist der
Meister der Täuschung. Er kann einen Augenblick wie eine Ewigkeit erscheinen lassen und
umgekehrt. Das ist natürlich nur eine Illusion; nur du kannst die Zeit wirklich beherrschen. Aber
Satans Illusionen können sehr überzeugend sein.«
»Ja, so muß es wohl sein. Dann habe ich dort einen Tag verbracht, alles in allem genommen, und
bin zurückgekehrt. Na ja, auf jeden Fall will Satan, daß ich ihm einen Gefallen tue,
und...«
»Vertraue Satan nicht«, warnte Clotho. »Er ist die finsterste und heimtückischste aller
Inkarnationen! Er ist ständig damit beschäftigt, Übles auszuhecken.«
»Ich habe nicht vor, irgend etwas von dem, was er mir sagt, ungeprüft zu glauben. Aber er war
wirklich hilfreich, also will ich ihn wenigstens anhören.«
»Nun, dann halte mich da raus«, sagte Clotho. »Ich schätze,
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