Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
habe. Ich hätte sie allein lassen
sollen. Lassen Sie mich nun gehen, und geben Sie sich nie wieder mit mir ab.«
Welch einen Trümmerhaufen er plötzlich aus seinen Zielen gemacht hatte!
»Hier ist Ihr Ring«, sagte sie und reichte ihm einen der Snings.
Norton nahm die kleine Schlange entgegen und wartete, bis sie sich um seinen Finger gewickelt
hatte.
»Bist du mein Sning?« fragte er. Würde es einen Unterschied machen, wenn es der andere
wäre?
Druck.
Wahrscheinlich würden die beiden Snings sich in Nortons Gegenwart ohnehin miteinander
vermengen.
»Leben Sie wohl, Orlene.«
Sie lächelte.
Und bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte, änderte er die Sandfarbe und
verschwand.
»Na, das habe ich aber ordentlich verdorben«, brummte er laut. »Aber ich schätze, ich mußte es
eben auf die harte Tour lernen.«
Druck, Druck.
»Nicht?« Er dachte gründlicher über die Sache nach und mußte feststellen, daß Sning recht hatte.
Er hatte das Problem vielleicht nicht so gut in den Griff bekommen, wie er vorgehabt hatte - doch
vielleicht hatte er Orlene den Schlüssel in die Hand gegeben, um einst ihr Leben zu retten, und
gleichzeitig hatte er seine eigenen Lebensgeister unendlich erhellt.
Druck.
»Hat es dir Spaß gemacht, deinem Selbst zu begegnen, Sning?«
Druck.
Norton lächelte, als er vorwärts durch die Zeit reiste.
»Vielleicht ist es die Sache also doch wert gewesen. Nun bin ich wenigstens bereit, die neue
Wirklichkeit anzunehmen und meine Aufgabe als Chronos voll zu erfüllen.«
Da erinnerte er sich an die Raumzeit-Adresse, die Satan ihm gegeben hatte. Er hegte noch immer
keinerlei Absicht, Satan behilflich zu sein; das Gespräch mit Orlene hatte dies noch bekräftigt.
Doch seine Neugier wuchs. Wer war diese Person, die Satan höchstpersönlich einen Gefallen
abverlangen konnte?
Norton ging der Adresse nach. Es war nicht in Kilvarough selbst, sondern in einer
darüberschwebenden Stadt, einem beweglichen Einkaufs- und Jahrmarktszentrum. In ihrer Umgebung
schwärmten fliegende Teppiche umher, und die Geschäfte glitzerten von magischen
Gegenständen.
Darunter lag die düstere Metropole Kilvarough, über der die fliegenden Händler Halt gemacht
hatten. Man nannte sie auch Zigeunerstädte.
Es war ungefähr zwanzig Jahre vor Nortons eigener »Gegenwart«. Er würde gerade ein Teenager sein
- und er hatte keineswegs vor, nach sich selbst zu schauen.
Die Begegnung mit Orlene war verwirrend genug gewesen! Also begab er sich zum Steinladen und
beobachtete ihn in seinem eigenen Zeitmodus, damit ihn niemand bemerkte.
Im Laden befand sich ein Mann, der magische Steine untersuchte. Er hatte sich für einen großen
Reichtumsstein entschieden, für einen von jener Art, die einen schwebenden Sechsstern besaßen.
Während Norton zusah, betrachtete der Mann einen Liebesstein und dann einen Todesstein, um
schließlich rückwärts den Laden zu verlassen.
Norton sprang ein Zeitstück vor, um die jüngste Zukunft des Mannes, nach dem Erwerb des
Reichtumssteins, zu betrachten. Mit Hilfe einer Reihe von Sprüngen und Pausen folgte er dem Mann
in sein etwas schäbiges Apartment in Kilvarough. Dort entdeckte der Mann, daß sein Stein nicht so
gut war, wie der Verkäufer ihn dargestellt hatte; er förderte keine Reichtümer zutage, sondern
lediglich verlorenes Kleingeld.
Norton sprang weitere drei Stunden in die Zukunft und musterte die Wohnung des Mannes, wo er
seinen Leichnam auf dem Boden liegen sah, aus dessen Pistolenwunde im Kopf Blut floß.
Satan hatte also recht gehabt. Der Mann hatte eine schlechte Wahl getroffen und sich deshalb das
Leben genommen. Er hatte keine Zukunft auf Erden, und das war ganz wörtlich gemeint. Satan wollte
ihm eine bessere Zukunft verleihen, und was wäre daran schon auszusetzen gewesen?
Norton bewegte sich ein Stück in die Vergangenheit der Welt zurück, wobei er den eigentlichen
Selbstmord mied; da ihm Satans Motive immer noch schleierhaft waren, ging er der Sache genauer
nach. Er stellte fest, daß eine schöne junge Frau in der Nähe eines Werbeplakats, das von den
angeblichen Freuden der Hölle kündete - was würde Satan wohl noch alles einfallen?
- mit ihrem fliegenden Teppich Schwierigkeiten gehabt und daß der Besitzer des Steinladens sie
gerettet hatte. Nun konnte Norton die Einzelheiten des Falls rekonstruieren: Der Klient hatte die
Frau mit Hilfe des Liebessteins ausfindig gemacht, doch der Ladenbesitzer hatte ihm statt dessen
einen wertlosen
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