Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
hast«, sagte
Mars. Er hob sein rotes Schwert, und es blitzte auf. »Satan!«
Satan erschien. »Was zum Teufel willst du, Mars? Einen Krieg?«
»Beides«, bestätigte Mars ungerührt. »Lachesis wünscht, ihren Sohn aufzusuchen, den Magier
Kaftan. Das kannst du ihr nicht verwehren.«
Satan wandte sich an Niobe. »Du hast also davon gehört, du schnüffelndes Weibsstück! Aber das
wird dich deine Seele kosten!«
»Das einzige Angebot, das du nicht ausschlagen kannst«, stimmte Niobe zu.
»Nein«, sagte Mars. »Sie erkauft sich den Besuch nicht mit ihrer Seele. Sie setzt ihre Seele
lediglich aufs Spiel. Das ist etwas anderes.«
»Etwas anderes«, stimmte Satan zögernd zu.
»Ein rein theoretisches Problem.«
Der Schiedsrichter leistete bereits ganze Arbeit.
»Wir müssen die Bedingungen festlegen«, sagte Mars.
»Luftkampf auf Feuerdrachen«, schlug Satan vor.
»Ein Webwettbewerb«, konterte Niobe.
Atropos lachte im Geiste.
»Vielleicht einen Kompromiß«, sagte Mars und lächelte grimmig. »Etwas, das beides miteinander
verbindet, Ungeheuer und Fäden, Illusion und Wirklichkeit. Ein Labyrinth, mit Dämonen
bestückt.«
Satan überlegte. »Das könnte gehen. Das bedeutet viel Spaß.«
Auch Niobe überlegte. Ein Labyrinth glich vom Prinzip einem Webteppich, nur daß es anstelle der
Fäden Gänge aufwies. Wenn sie, wie es den Anschein zu haben schien, erst irgendeine
Herausforderung meistern mußte, um in der Hölle an ihren Sohn zu gelangen, so war das mit
Sicherheit für sie die beste.
»Ein Illusionslabyrinth ist körperlich weniger anstrengend«, erläuterte Mars. »Dafür stellt es
intellektuell eine größere Herausforderung dar.«
Niobe wußte, daß sie nicht gerade ein Genie war, aber vom Weben komplizierter Fadenmuster
verstand sie etwas.
»Das klingt gut«, stimmte sie zögernd zu.
»Überhaupt nicht«, meinte Satan.
»Das Ganze auf ein feststoffliches Labyrinth aufgelegt«, fuhr Mars fort.
»Sagen wir mal, einhundert Illusionen deiner Wahl... und einhundert Realitätsfäden für sie? Mit
einigen Eigenschaften ihrer normalen Fäden, damit sie sich auch bequem fortbewegen kann...«
»Begrenzt«, sagte Satan. »Ich bin nicht scharf darauf, daß sie durch die ganze Hölle rast.«
»Begrenzt«, willigte Mars ein. »Und das Labyrinth soll so konstruiert sein, daß sich die beste
Strecke mit weniger als fünfzig Fäden bereisen läßt, die schlechteste mit mehr als
einhundertfünfzig Fäden, das Ganze aber sich auf hundert Fäden ausrichtet?«
»Eine Chance von fünfzig zu fünfzig«, stimmte Satan zu. »Aber ich erstelle das Labyrinth
und suche auch alle Konfigurationen aus.«
»Und ich überprüfe die Ausgewogenheit und beanstande alle Verstöße«, sagte Mars. »Ich werde das
Labyrinth inspizieren, bevor sie es betritt, und nachdem sie eingetreten ist, wird sich daran
nichts mehr ändern.«
»Abgemacht«, sagte Satan.
Sie blickten Niobe an; die war sich nicht sicher, ob die Abmachungen, die die beiden Männer für
fair halten mochten, es auch tatsächlich waren. Doch sie wußte, daß Mars sie nicht verraten
würde, und es schien der beste Kompromiß zu sein, den sie erwarten durfte. »Also gut.«
Nun klärten sie noch die letzten Einzelheiten. Dann lehnte sich Niobe in einem Sessel zurück,
wartete einen Augenblick ab und erhob sich, wobei ihr Körper zurückblieb. Sie war nur noch ein
Geist!
Sie drehte sich um und streckte den Arm vor, um die Hand ihres Körpers zu berühren. Als sie dies
tat, spürte sie die beiden anderen Aspekte. Zeig es ihnen, Mädchen, dachte Atropos. Finde deinen Sohn! dachte Clotho. Beide sandten ihr geistige Unterstützung und gute
Wünsche.
Wird gemacht, erwiderte Niobe.
Sie drehte sich erneut um. Vor ihr stand Satan, während Mars sie von der Seite beobachtete.
»Komm zu mir, Närrin!« sagte Satan und lachte.
Sie trat in ihn hinein und stellte fest, daß er sich in eine Art Tür verwandelte. Durch diese
schritt sie hindurch und fand sich in der Hölle wieder.
Plötzlich war sie von leuchtenden, sechseckigen Facetten umgeben, rot und grün und blau, alle
Farben, jede Facette war so groß wie sie selbst. Sie stand auf einer Facette für sich, die ebenso
groß war. Niobe drehte sich um , um zu schauen, woher sie gekommen war. Doch dort war nur
eine weitere glänzende Facette, so daß sie ihr eigenes Abbild genau erkennen konnte.
Sie sah genauso aus wie im Leben: eine unauffällige Frau mittleren Alters, deren einst
fließendes, buchweizenhonigfarbenes Haar nun
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