Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Wohl kaum! Doch verglichen mit Blenda war sie gesund. Niobe versuchte nicht einmal, sie
zu demaskieren; sie umarmte Blenda und tauschte mit ihr Artigkeiten aus.
»Jetzt bist du also gekommen, um dich mit meinem Mann zu unterhalten«, meinte Blenda.
»Mit meinem Sohn«, bestätigte Niobe. »Er hat die Antwort, die ich brauche.«
»Ich werde dir helfen, ihn zu finden«, sagte Blenda. »Ich habe ihn seit meinem Tod nicht mehr
gesehen.«
Bestimmt nicht! Blenda war im Himmel, der Magier jedoch in der Hölle. Doch Niobe mußte gute Miene
zum bösen Spiel machen. »Warum nicht? Er ist doch schon seit zwei Jahren hier.«
Ihre Mundwinkel zuckten. »Wir bekommen keine Besuchserlaubnis. Das ist Teil unserer
Strafe.«
Niobe mußte zugeben, daß das einleuchtete. Nun hatte sie bereits zwei Dämoninnen, die bereit
waren, ihr dabei zu helfen, ihren Sohn zu finden. Die Sache wurde immer merkwürdiger!
Niobe setzte sich wieder in Bewegung, rechts und links von ihr gingen die beiden Frauen. Sie
besaß noch fünf Fäden, und es lagen nur noch vier nichtidentifizierte Illusionen vor ihr.
»Wie geht es den Mädchen?« fragte Blenda.
»Orb ist auf Tournee«, erwiderte Niobe knapp. »Luna geht in die Politik.«
»Ach ja, um Satan hereinzulegen!« bestätigte Blenda. »Aber ihr braucht den Rat des
Magiers.«
Nun trafen sie auf eine weitere Gestalt. Tatsächlich waren es drei Gestalten, ganz offensichtlich
Dämonen. Es war klar, daß Satan nicht vorhatte, drei seiner vier verbliebenen Illusionen auf
diese zu vergeuden. Er hatte sie unverkleidet losschicken müssen. Sie erspähten die Frauen und
eilten auf sie zu.
»Paß auf!« rief Blanche. »Solche Gestalten kenne ich! Sobald sie in der Mehrzahl sind, werden sie
uns vergewaltigen oder auffressen!«
»Oder beides«, berichtigte Blenda.
»Oder beides«, stimmte Blanche zu. »Wir müssen zusammenbleiben, dann werden sie es nicht
versuchen. Sie sind recht feige, sie müssen in der Überzahl sein, sonst handeln sie nicht.«
Niobe sagte nichts. Was sie selbst betraf, so befand sie sich nun in der Gesellschaft von fünf
Dämonen. Wie sollte sie aus dieser Sache herauskommen?
Die Dämonen kamen näher. Sie hatten Hörner, Schwänze und Hufe und deutlich erkennbare männliche
Geschlechtsteile. Es waren typische Vertreter ihrer Art. Sie musterten die Frauen.
»Ihr braucht Gesellschaft?« fragte einer von ihnen.
»Ach, verschwinde, du übler Wicht!« rief Blenda.
Der Dämon überlegte, offensichtlich suchte er nach einer Möglichkeit, um die drei Frauen
voneinander zu trennen, damit sie verwundbar wurden. »Vielleicht helfen wir euch«, sagte er. »Ihr
wollt den Fluß überqueren?«
»Ja«, erwiderte Niobe. Das war schließlich auch die Wahrheit; sie konnte schon erkennen, daß der
Pfad auf dieser Seite schon bald enden würde.
»Wir helfen. Wir haben ein Boot.«
»Warum solltet ihr uns bei der Überquerung helfen?« wollte Niobe wissen. Bei offensichtlichen
Dämonen brauchte sie sich wenigstens nicht zu verstellen.
Der Dämon blickte sie an. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, aber antwortete
nicht.
Das brauchte er auch kaum. Die Dämonen würden immer nur einer Frau auf einmal ans andere Ufer
helfen, so daß die drei getrennt würden. Dann konnten sie sich zu dritt auf eine oder zwei Frauen
stürzen und ihr schmutziges Werk vollenden.
Ob ein Dämon eine Dämonin tatsächlich vergewaltigen oder auffressen würde? Offensichtlich, wenn
es nach den Regeln ging, die diesen seltsamen Teil des Labyrinths anscheinend bestimmten.
Vielleicht würden sie auch nur Niobe angreifen, sobald diese von ihren »Freundinnen« getrennt
war.
Nun, darauf gab es eine einfache Antwort. Sie würden alle zusammen ans andere Ufer fahren. Wenn
die Frauen vorgehabt hätten, sie zu verlassen, so hätten sie dies schon längst tun können. Es sah
so aus, als würden sie bei ihr bleiben, vorläufig.
»Zeigt uns euer Boot«, sagte Niobe.
Die Dämonen führten sie zum Boot. Es war ein kleines Kanu, gerade groß genug für zwei. Ganz
offensichtlich würde es sinken, wenn mehr Personen Platz darin nahmen.
Niobe musterte Blanche und Blenda. Die spreizten die Hände. Es war ganz klar, daß die drei den
Fluß nicht gemeinsam überqueren konnten.
Wenn sie es jedoch nicht taten, würde entweder eine oder zwei von ihnen zurückbleiben, der Gier
der Dämonen ausgesetzt. Niobe konnte vielleicht allein auf die andere Seite, doch sie begriff
auch, daß ihr Gewissen es nicht zulassen würde, die beiden
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