Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
anderen regelrecht dazu eingeladen hatte, seine Arme zu packen, und
ebenso bewußt hatte er den ersten Hieb eingesteckt. Sie sah den Jungen, der ihn geschlagen hatte,
zurückweichen, die rechte Hand schüttelnd, als hätte er sich weh getan. Dann begann Cedric zu
kämpfen, und wenige Augenblicke später war alles schon vorbei.
Die Szene endete, und die Dämpfe lösten sich auf. Doch nun hatte man Beweise.
»Räumen Sie Ihre Zimmer«, befahl der Professor den Jungen. »Sie werden unehrenhaft aus diesem
Institut entlassen. Ihr verbotenes Weintrinken ist Begründung genug.«
Beschämt zogen sie ab. Dann wandte sich der Professor wieder an Cedric.
»Sie waren intelligent genug, um dafür zu sorgen, daß die anderen anfingen. Nun kann Ihnen
niemand den Vorwurf machen, Ihre Stärke mißbraucht zu haben. Sie waren sich doch wohl der
Tatsache bewußt, daß Leute mit Ihrer Kraft diese nicht mißbrauchen dürfen?«
Cedric nickte schüchtern. »Ich wußte zwar, daß ich im Recht war, aber wenn ich jemanden getötet
hätte...«
»Sie waren im Recht, und Sie haben auch niemanden getötet«, bestätigte der Professor. »Ihre
Besonnenheit ist lobenswert. Nun bringen Sie Ihre Frau ins Gästehaus, sie bedarf einer Reinigung
und etwas Trostes.«
Tatsächlich, nun, da die Gefahr gebannt war, kam sie, Niobe, erst allmählich zu Bewußtsein. Sie
war beinahe vergewaltigt worden und Cedric hatte mit vier Angreifern fertig werden müssen!
Niemals in ihrem Leben war sie derartiger Gewalt ausgesetzt gewesen. Sie legte das Gesicht in die
Hände und entdeckte, daß es naß von Tränen war und gerötet vom Wein. Sie versuchte, die Tränen
fortzuwischen, doch es wurde immer nur schlimmer, und schon bald schluchzte sie ganz offen.
Cedric hob sie auf und trug sie zum Gästehaus. Sie spürte seine Arme wie Stahlbänder; seinen
Brustkasten und seine Magengrube wie Eisen; er war nun siebzehn, er stand vor der Blüte seiner
physischen Leistungsfähigkeit...
Sie hatte sich auf das Bild eines Jungen versteift, ohne jemals den heranwachsenden Mann zu
erblicken.
Vorsichtig legte er sie auf das Bett im Gästehaus.
»Ich hole die Krankenschwester«, sagte er besorgt. »Du hast dir weh getan.«
Doch sie klammerte sich an ihn. »Cedric, ich brauche dich!« rief sie. »Ich liebe dich!«
Er zögerte. »Du bist erregt, Niobe, aus gutem Grund. Ein Bad und etwas Ruhe...«
Verzweifelt riß sie ihn zu sich herab. »Ich bin so eine Närrin gewesen, und ich stinke nach Wein!
Verzeih mir, Cedric!«
»Es gibt nichts zu verzeihen«, sagte er sanft. Doch er ließ es zu, daß sie ihn neben sich auf das
Bett zog. »Du bist immer vollkommen gewesen, Niobe«, fügte er flüsternd hinzu.
Sie rollte sich auf ihn und drückte ihn eng an sich. Ihre tränenfeuchten Lippen fanden seinen
Mund. Sie küßte ihn mit einer Leidenschaft, die sie selbst erstaunte. Ihre Brust war erfüllt vom
Schock und vom Gefühl; sie konnte nicht genug von ihm haben. Er seinerseits ging, wie er es tun
mußte, auf ihr Verlangen ein und erwiderte ihren Kuß.
Plötzlich lachte sie. Erschrocken hob er den Kopf und sah sie fragend an.
Sie setzte sich auf, griff nach seinem Hemd und öffnete die Knöpfe. »Da!« sagte sie lächelnd.
»Jetzt habe ich den ersten Hieb gehabt.«
Langsam begann auch er zu lächeln.
»Aber das hier ist kein Kampf.«
»Wirklich nicht? Seit fast einem Jahr haben wir das hier versucht und sind immer wieder von
unserem eigenen Zaudern geschlagen worden. Cedric, du hast für mich gekämpft, äußerst tapfer und
wirkungsvoll, und nun hast du mich gewonnen. Jetzt nimm dir deine Beute!«
»Beute!« murmelte er und zog eine Grimasse. »Du bist die Frau, die ich liebe.«
»Und du bist der Mann, den ich liebe!« erwiderte sie froh. »Ich will dein sein voll und
ganz.«
Er küßte sie. Dann entkleidete er sie. Ihre Bluse klebte vom trockenen Wein, und ihr Haar war
filzig davon, doch war sie zu klug, um auch nur eine Minute darüber nachzudenken, daß sie sich
erst säubern sollte. Jetzt war der ersehnte Augenblick gekommen!
Nun erblickte Cedric ihren Körper. Sie lächelte und griff nach ihm. Sie wußte, daß ihr eigenes
Verhalten nicht wichtiger war als seines und daß ihr körperliches Zusammenspiel nur ein Teil
ihres seelischen war.
Zum ersten Mal begehrte sie ihn wahrhaftig, und zum ersten Mal glaubte er, sie verdient zu
haben.
Dennoch war er ebenso unerfahren wie sie. Sie half ihm so gut sie konnte, ohne daß es gleich zu
forsch wirken sollte. Als er
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