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Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3

Titel: Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Dann begann sie zu leuchten und plötzlich stand an ihrer Stelle
eine Frau von vielleicht zwanzig Jahren, recht hübsch, mit einem Heiligenschein aus schwarzem
Haar und einem offenen Ausschnitt. Ihr Kleid war gelb und sehr kurz. Dann verwandelte sie sich
wieder in die Frau in Braun, die in ihren mittleren Jahren stand.
Chronos nickte langsam. Lachesis schien verwirrt zu sein. Sie ließ sich auf ein anderes Sofa
fallen. »Oh, das ist aber wirklich ein hübsches Durcheinander!« rief sie.
»Ich verstehe nicht«, sagte Niobe.
»Natürlich nicht, meine Liebe«, pflichtete Lachesis ihr bei.
»Das habe ich auch nicht getan. Aber Chronos wußte es natürlich.« Sie tupfte sich mit einem
leuchtenden seidenen Taschentuch die Stirn. »Was soll ich ihr sagen, mein Herr?«
»Ich würde sagen, die Wahrheit bis zur Gegenwart«, erwiderte er. Ihr seltsames Gespräch machte
Niobe immer mehr zu schaffen. »Natürlich die Wahrheit!« rief sie.
Lachesis gesellte sich zu ihr auf die Couch und nahm ihre Hand. »Meine Liebe, die Wahrheit kann
ein höchst kompliziertes Gewebe sein und oft sehr schmerzhaft. Ich habe mir deinen
Schicksalsfaden angeschaut...«
»Schauen Sie sich den Schicksalsfaden meines Mannes an!« rief Niobe. »Ich muß ihn retten!«
Wieder ließ Lachesis einen schimmernden Faden zwischen ihren Fingern erscheinen. »Cedric Kaftan«,
sagte sie, als würde sie einen Text ablesen. »Sein Schicksalsfaden...« Sie klatschte in die
Hände, und der Faden verschwand.
»Sie sind wirklich die Schicksalsgöttin? Sie können ihn retten?«
Lachesis schüttelte den Kopf. »Ich bin die Schicksalsgöttin, ich bin ein Aspekt des Schicksals.
Ich bestimme darüber, wie lang die Schicksalsfäden des menschlichen Lebens gesponnen werden und
wo sie hinkommen. Auf ganz allgemeine Weise leite ich in die Wege, was jedem Menschen widerfährt.
Aber dies hier ist ein ganz besonderer Fall - ein äußerst besonderer Fall. Ich kann nicht tun,
was du von mir verlangst.«
Nun verwandelte sich Niobes Trauer in Zorn. »Warum nicht?« wollte sie wissen. »Sie... Sie haben
seinen Tod doch in die Wege geleitet, nicht wahr?«
»Ich habe seinen Tod arrangiert, aber ich habe ihn nicht befohlen«, stimmte Lachesis traurig zu.
»Ich erinnere mich nun an den Fall. Ich wollte es nicht tun, aber ich mußte. Und nun weiß ich
dank Chronos langsam, weshalb.«
»Dann sagen Sie mir weshalb!« rief Niobe. »Ich liebe ihn!«
»Und er liebt dich«, versetzte die Frau. »Mehr als du wissen kannst. Meine Liebe, es würde dir
nur noch mehr Schmerz bereiten, Weiteres zu erfahren. Manche Rehe müssen eben sterben, damit die
Herde gedeiht.«
Manche Rehe! Welch ein schmerzlicher Vergleich.
»Sie weigern sich, es mir zu sagen?«
Lachesis seufzte. »Ich weiß, wie schwer es dir fällt, es zu verstehen, Niobe. Du bist eine
tapfere und gute Frau, deine Liebe ist groß, aber du bist auch eine Sterbliche. Wenn ich könnte,
würde ich dir helfen, aber ich kann nicht.«
Sie hob eine Hand, um Niobes Einwand abzuwehren.
»Einem Kind erscheint das Leben wie eine Reihe willkürlicher Beschränkungen; es sehnt sich nach
der Freiheit der Erwachsenen. Wenn das Kind aber erst einmal erwachsen geworden ist, stellt es
fest, daß die Beschränkungen geblieben sind. Es werden lediglich andere, kompliziertere und
subtilere.
Gewiß, wir Inkarnationen scheinen über mehr Handlungsspielraum zu verfügen als die Sterblichen,
aber auch für uns gibt es Beschränkungen, deren Wesen nur wenige Sterbliche verstehen können. Ich
kann dir lediglich versichern, daß eine Situation, die jenseits deiner und meiner Macht steht, es
erforderlich macht, daß dein Mann stirbt. Ich kann nur sagen, daß es mir leid tut.«
»Leid!« platzte Niobe heraus. »Leid! Welche Rechtfertigung können Sie schon dafür haben,
den Tod eines solch edlen Mannes, wie Cedric einer ist, zu arrangieren?«
»Ich habe zwei«, antwortete Lachesis. »Die eine darf ich dir nicht mitteilen, und die andere will
ich dir nicht sagen.«
»Dann schicken Sie mich zu jemanden, der es mir sagen will!«
Lachesis zuckte die Schultern. »Vielleicht Mars. Er ist sehr aggressiv...«
»Ich bringe sie zu ihm«, warf Chronos ein.
Wieder warf Lachesis ihm seitlich einen Blick zu. »Hast du ein spezielles Interesse daran,
Chronos?«
»Ich bin... Clotho noch etwas schuldig«, antwortete er.
Lachesis nickte wissend.
»Wir arbeiten mit einem verworrenen Faden«, sagte sie. »Wir weben ein verworrenes Gespinst.
Danke, daß du es mir

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