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Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3

Titel: Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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sternenübersäten Himmel.
Vielleicht war es eine Widerspiegelung im Wasser nur daß das einzige Wasser der Strom war, zu dem
der Pfad sich verwandelt hatte.
Dann wurden die Inseln zu großen, undeutlichen Flecken, die in immer kleineren Flecken
auseinanderfielen, die ihrerseits zerbrachen, bis Niobe in eine große Wolke aus Kieseln, dann aus
Staub und dann aus Rauch geriet. Der Rauch löste sich auf, und sie fand sich im Nichts treibend
wieder.
Sie musterte ihren Spinnrocken und entdeckte, daß der Faden schon fast zu Ende war. Der Strom war
jedoch nicht zu Ende, er trug sie irgendwohin, was wiederum bedeutete, daß sie noch nicht am Ziel
war. Also brauchte sie mehr Faden!
Niobe dachte einen Augenblick nach, dann griff sie mit der Hand über den »Bootsrand« und nahm
eine Handvoll des Materials auf. Es war wie dünnes Gelee oder dickes Wasser. Sie spreizte die
Finger und zog es damit in die Länge, worauf es zu feinen, gazeähnlichen Fäden wurde. Ob sie
daraus Stränge spinnen konnte? Warum nicht, es war schließlich das Zeug, aus dem die Leere war.
Vielleicht mochte es nicht ganz rein sein, aber für diesen vorläufigen Zweck genügte es
vielleicht.
Es war sehr mühsam, mit bloßen Händen zu arbeiten. Sie brauchte wirklich ein Spinnrad. Der größte
Teil des Garns oder Fadens war zu Fasern gesponnen, von halbzollanger Baumwolle bis zu unendlich
langer Seide; jede Art verlangte nach einer eigenen Verarbeitungstechnik. Es ging darum, aus den
Fasern einen durchlaufenden Faden herzustellen, der sich zu jedem beliebigen Gewebe
weiterverarbeiten ließ. Der wichtigste Vorgang bei dieser Umwandlung war das Spinnen, das im
Prinzip nur daraus bestand, Fasern miteinander zu einem Faden zu verdrehen. Es ließ sich auch von
Hand tun, und sie wußte, wie das ging. Schließlich war sie eine Frau.
Sie hatte ihren Spinnrocken und ihre Spindel, doch nichts, mit dem sie die Fasern hätte auskämmen
können. Doch dieses Zeug aus dem Nichts schien nicht wirklich aus Fasern zu bestehen, es war eher
wie Karamelfäden. Wahrscheinlich konnte sie es zu jedem Durchmesser und jeder beliebigen Länge
strecken, um es durch Spinnen in dieser Form zu behalten.
Sie experimentierte damit. Sie streckte zwischen den Händen einiges von dem Material, dann
verwendete sie den Spinnrocken, um einen großen Strang herzustellen. Als sie hatte, was sie
wollte, drehte sie den Strang mit Hilfe der Spindel und spulte ihn recht fest auf. Der Trick
bestand darin, das Material auf eben die richtige Weise zu strecken, zu winden und zu drehen, um
einen gleichmäßigen, kräftigen und feinen Faden zu erhalten. Nach einer Weile kam sie damit gut
zurecht. Immerhin war sie ja auch Clotho und verfügte über Magie. Unter ihrer Willensanstrengung
und Führung wurde das Material, das aus Leere bestand, zu einem groben Faden, den sie ans Ende
jenes Fadens knüpfen konnte, den sie hinter sich gesponnen hatte, um ihren Weg zu markieren. Nun
konnte sie unbeschadet fortfahren.
Endlich kam der Umhang schwebend zum Stehen.
Zumindest nahm sie es an, denn sie hatte keine äußeren Orientierungsmarken zur Verfügung.
Immerhin brauchte sie jedoch den Faden nicht mehr weiter abzuspulen. Offensichtlich befand sie
sich im Herzen der Leere, wo sie ihren Monatsvorrat an Seelensubstanz einzusammeln hatte.
Da sie kein Behältnis dabei hatte, verarbeitete sie etwas von dem Material, auf dem sie trieb,
auf ähnliche Weise, wie sie es auf dem Fluß getan hatte. Schon bald hatte sie auf ihrem
Spinnrocken etwas Seelenfaden. Sie wußte nicht, wieviel sie davon benötigte, doch ihr war klar,
daß sie jederzeit zurückkehren konnte, um Nachschub zu holen. Die Suche war gar nicht so schlimm,
wie sie zuerst geglaubt hatte.
Nun mußte sie zurückkehren, das bedeutete freilich, gegen den Strom anzugehen doch wie sollte sie
das tun?
Zunächst versuchte sie es mit dem Naheliegendsten und das funktionierte auch. Sie zog sich an
ihrem Leitfaden zurück. Gemeinsam mit ihrem provisorischen Boot, bewegte sie sich schnell
vorwärts. Es schien weder Masseträgheit noch Reibungswiderstand zu geben. Und ihr wurde nun klar,
daß Trägheit im Nichts ebensowenig Substanz haben konnte wie Materie, da die Gesetze der Materie
hier keinen Bestand hatten.
So erreichte sie den schlammigen Teil des Stroms und gelangte schließlich wieder auf den festen
Pfad. Sie befand sich auf dem Weg zurück in die Gegenwartswirklichkeit.
»Hallo, Süße.«
Niobe zuckte zusammen. Dort war

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