Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
erwartete sie bei Einbruch der Nacht
zurück. Sie eilten zum örtlichen Schmied und verlangten von ihm, vier Nägel anzufertigen. Doch
der Schmied hatte Jesus gesehen und weigerte sich, die vier Nägel zu machen, mit denen der
Nazarener gekreuzigt werden sollte. Verärgert setzten die beiden Soldaten ihm den Bart in Flammen
und suchten nach einem anderen Schmied. Zwar waren die beiden betrunken, doch sie besaßen noch
genug Verstand, um beim nächsten Schmied den Namen des Kreuzigungsopfers nicht zu erwähnen. Sie
befahlen ihm, für das wenige Geld, das sie noch besaßen, vier Nägel anzufertigen. Der Schmied
beschwerte sich, daß er für eine so geringe Summe keine vier Nägel machen könne. Sie bedrohten
ihn mit ihren Waffen, worauf er sich erst recht weigerte. Wütend machten die Soldaten ihre
Drohung war und erstachen den Mann mit ihren Lanzen. Dann liefen sie zu einem dritten Schmied.
Ihm ließen sie gar keine Wahl: Entweder würde er die Nägel anfertigen, oder sein Leben sei
verwirkt. Erschrocken machte sich der Mann an die Arbeit, doch da drang die Stimme des ermordeten
Schmieds an sein Ohr: Diese Nägel seien dazu bestimmt, einen Unschuldigen ans Kreuz zu schlagen.
Der Mann ließ sein Werkzeug fallen und verweigerte die Arbeit. Die Soldaten schlugen ihn nieder
und eilten zu einem vierten Schmied. Sie kamen zu einem Zigeuner, der gerade auf der Durchreise
war und nichts von den Ereignissen an diesem Ort wußte. Der Mann war froh, etwas verdienen zu
können, und machte sich an die Arbeit. Sobald ein Nagel fertig war, nahmen die Soldaten ihn und
steckten ihn in eine Tasche. Doch als er am vierten arbeitete, wurden die Soldaten übermütig und
riefen, mit diesen Nägeln solle Jesus von Nazareth ans Kreuz geschlagen werden. Plötzlich
ertönten die Stimmen der drei anderen Schmiede. Sie baten den Zigeuner flehentlich, den vierten
Nagel nicht anzufertigen. Die Stimmen klangen so gewaltig, daß die Soldaten es mit der Angst zu
tun bekamen und auf der Stelle flohen, auch wenn sie nun nur drei Nägel besaßen.
Der Zigeuner machte den vierten Nagel, doch als er ihn zum Kühlen ins Wasser tauchte, verdampfte
alles Wasser, und der Nagel hörte nicht auf zu glühen. Der Schmied bekam einen furchtbaren
Schrecken, packte alles zusammen und lief davon. Den Nagel hatte er zurückgelassen. Doch als er
an einem anderen Ort sein Zelt aufschlagen wollte, tauchte der immer noch glühende Nagel wieder
vor ihm auf. Der Schmied floh aufs neue, aber wohin er sich auch wandte, immer war auch der
glühende Nagel da. Eines Tages kam ein Araber zu ihm, der für ein Rad eine Nut benötigte. Der
Schmied nahm den glühenden Nagel und trieb ihn in die Radnabe. So saß der Nagel im Rad fest, und
der Araber fuhr davon. Monate später brachte jemand ein beschädigtes Schwert zu dem Schmied. Als
er es in der Hand hielt, begann das Heft zu glühen. Aus dem Nagel hatte jemand ein Schwertheft
geschmiedet, und in dieser Form war er zu dem Zigeuner zurückgekehrt, auf daß er nie Ruhe
fände.
Der Zigeuner war seitdem nur noch auf der Flucht, indes, es nützte ihm nichts; der Nagel folgte
ihm, wohin er auch ging. Sein ganzes Leben fand der Mann keine Ruhe mehr, und nachdem er
gestorben war, verfolgte der Nagel auch seine Nachkommen. Jesus aber war nur mit drei Nägeln ans
Kreuz geschlagen worden: Man hatte einen durch beide Füße getrieben. Der vierte Nagel aber
verfolgte seitdem die Sippe des Mannes, der ihn geschmiedet hatte. So ist es bis auf den heutigen
Tag geblieben, und das ist wohl auch der Grund, warum wir immerzu weiterwandern. Es heißt, daß
nur die Gnade des Llano uns von diesem Fluch befreien kann, denn das Llano vermag jedes Leiden zu
heilen. Soweit zu unserem Volksglauben. Ich persönlich halte nicht viel davon. Ich glaube, das
Llano ist nur eine Illusion wie der Gral für die Christen. Wie sollte auch ein einzelnes Lied die
Sünde sühnen, für Jesus die Nägel geschmiedet zu haben?«
Das Llano ein Heilmittel? »Aber warum hat der Nagel den Zigeunerschmied verfolgt und nicht die
zwei römischen Soldaten?« fragte Orb interessiert.
»Woher soll ich wissen, ob sie nicht auch bestraft worden sind?« entgegnete Csihari. »Was ist
denn mit dem Römischen Reich geschehen?«
Orb nickte. »Vielleicht mußten sie ja für ihre Untat bezahlen. Ich denke, es ist für den Nagel an
der Zeit, zur Ruhe zu kommen. Deshalb werde ich weiter nach dem Llano suchen.«
»Ich denke, in Ihnen ist soviel vom Llano,
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